Emmas Geheimnis: Roman (German Edition)
fühlte sich damit unwohl, später mehr und mehr gekränkt, und schließlich verzweifelte er daran, dass er keine Arbeit bekam.
Er wollte nicht seine Frau um Geld bitten müssen, damit er sich etwas zum Anziehen kaufen konnte. Er schämte sich.
Und dann kam ich. Ich fand ihn witzig und charmant und liebte es, ihm zuzuhören. Ich genoss seine Gesellschaft, ich fand ihn attraktiv.
Er brauchte mich für sein Selbstwertgefühl. Ich liebte ihn. Das ist die Wahrheit über unsere Beziehung.
Ich schwöre, ich wusste nicht einmal den Namen seiner Frau. Ich wollte nichts über sie wissen. Auch nicht, wo sie arbeitete oder wie alt sie war. Ich wollte sie ausblenden, unsichtbar machen, ich hoffte, dass Brian sie eines Tages verließ, um bei mir zu bleiben.
In einem Supermarkt bekam ich Arbeit. Langsam knüpfte ich Kontakte, vermied es aber, alte Schulkameraden aufzusuchen. Ich war noch nicht bereit dazu. Ich dachte auch an dich.
Weißt du, dass ich die Jane-Austen-Ausgabe von damals immer noch hatte? Ich hatte sie nicht mitgenommen, als ich aus London weggezogen war, sondern einer Kollegin und Freundin zur Aufbewahrung gegeben. Sie schickte sie mir zu. Brian sah sie im Regal und fragte mich, ob Austen meine Lieblingsautorin sei. Ich erzählte von meiner besten Freundin aus Kindertagen, die ich irgendwann damit überraschen wollte. Er fragte nicht weiter nach, warum auch. Du siehst, wie nah ich zufällig dran war herauszufinden, wen ich betrog. Eine namenlose Ehefrau jedoch konnte mein Gewissen verkraften.
Im November wurde ich schwanger. Ich wusste es schon an dem Tag, an dem es geschah. Brian legte großen Wert darauf zu verhüten, aber dieses eine Mal waren wir nachlässig. Als zwei Wochen später, wie von mir erwartet, meine Regel ausblieb, machte ich sofort einen Schwangerschaftstest. Er war positiv. Ich weinte vor Glück. Es fühlte sich richtig und gut an. Ja, es war der richtige Zeitpunkt, der richtige Mann, ich war bereit für ein Kind.
Ein Kind mit Brian erschien mir das größte Geschenk. Ich stellte ihn mir vor, wie stolz er war und wie er unser Baby im Arm hielt. Natürlich hatten wir nie über Kinder gesprochen – spricht man mit seiner Geliebten über Kinder? Wohl kaum. Und ich gebe zu, dass ich dachte: Jetzt wird er seine Frau verlassen müssen. Zu dem Zeitpunkt glaubte ich noch, Brian und seine Frau hätten keine Kinder, weil sie nie welche wollte – karriereorientiert, tough, unabhängig. So sah ich sie vor mir.
Ich verabredete mich mit Brian. Wir trafen uns nie bei mir zu Hause wegen Dad. Eine Affäre mit einem verheirateten Mann hätte ihn nach allem, was er schon über mich hatte erfahren müssen, nur belastet. Und es wäre doch irgendwann herausgekommen, hätten Brian und er sich kennengelernt. Vater ist lange nicht so gläubig, wie es meine Mutter war. Aber er ist ein sehr moralischer Mensch, und er hätte es nicht gutgeheißen, einer anderen Frau wehzutun.
Wir trafen uns also meistens in günstigen Hotels. Mal zahlte ich das Zimmer, mal er. An diesem Abend hatte ich ein etwas teureres Hotel ausgesucht. Ich wollte, dass wir es besonders schön hatten, wenn ich ihn mit meinen Neuigkeiten überraschte.
Er war an dem Abend bester Laune, weil sein Vorstellungsgespräch gut gelaufen war. Ich freute mich für ihn und hoffte mit ihm, dass es diesmal klappen würde.
Dann sagte ich: »Ich habe auch gute Neuigkeiten. Ich bin schwanger.«
Er starrte mich erschrocken an. »Von mir?«
In mir schien sich alles zu verknoten. »Natürlich von dir!«
Er sagte: »Das geht nicht. Ich will keine Kinder. Und ich bin verheiratet.«
Ich verstand es nicht. Ich glaubte noch, dass er mich liebte. »Dann lass dich scheiden! Wir können zusammen weggehen. Uns ein gemeinsames, neues Leben aufbauen, wir …«
Er unterbrach mich. »Hörst du mir nicht zu? Ich sagte, ich will keine Kinder. Ich will nicht! Es geht nicht, verstanden?« Dann drehte er sich um und ging.
Ja, Brian ließ mich im Hotel zurück. Er fuhr einfach weg.
Danach muss er irgendwo gehalten und sich betrunken haben.
Du weißt jetzt alles. Ich bin schuld an seinem Tod.
29.
Ich konnte nicht mehr weiterlesen. Ich war so angewidert, zornig, verzweifelt, verletzt, dass ich die Blätter auf den Boden warf.
Was wollte sie mit diesem Brief bezwecken? Forderte sie Mitleid? Vergebung? Verständnis? Dass ich ihre Geschichte nun kannte, machte nichts besser. Sophie, die am Morgen aufgetaucht war – ein ziemlich durchsichtiges Manöver von Mary, die auf diese
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