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Emmas Story

Emmas Story

Titel: Emmas Story Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Miriam Muentefering
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ähnlich Wichtiges. Ich dachte, ich nutze den freien Abend mal, um etwas zu tun, zu dem ich schon länger nicht gekommen bin. Du weißt ja, wie Antonie ist. Sie kann keine zwei Minuten still sitzen. Da ist so was gar nicht drin.«
    Mein Hirn, das dissertationsgebeutelt und heute zudem durch vorlaute Bemerkungen meines besten Freundes und herbeiphantasierte Erinnerungen meiner Mutter höchst angestrengt ist, hat nun gleich mehrere Dinge zu verarbeiten.
    Erste Info: Frauke erzählt mir, dass sie gerade ein Buch über das wichtige Thema Liebe liest oder es zumindest lesen möchte.
    Zweite Info: Daran wird sie seit längerem gehindert durch: Antonie!
    Fazit: Die angehende Tierärztin, die keine zwei Minuten still sitzen kann, steht also offenbar heute nicht zur gemeinsamen Freizeitgestaltung zur Verfügung.
    Frage: Wieso kommt Frauke dann zu mir?
    Bevor mein Hirn auch nur im Ansatz eine Lösung parat hat, fährt Frauke fort: »Aber kaum saß ich eine halbe Stunde auf dem Sofa, hatte mein ergebener Hund die Idee, ein Gassigang wäre angebracht.« Passend zum Stichwort taucht in der Küchentür Loulou auf, nur um eilig und sehr geschäftig hinüber ins Wohnzimmer zu traben. »Und aus der kleinen Runde um den Block wurde ein etwas längerer Spaziergang, der mich prompt hier vor deine Haustür führte. Und da dachte ich, ich kann ja vielleicht auf einen Sprung raufkommen. Auch wenn es schon mächtig spät ist. Eigentlich viel zu spät für einen spontanen Besuch …«
    Ihre Stimme wird leiser und bricht schließlich ab. Sie ist kreuzverlegen.
    »Schön«, sage ich und tue so, als fiele mir das nicht auf. »Schön, ich freu mich, wenn du vorbeikommst. Willst du einen Bananensaft?«
    Wir gehen in die Küche, ich nehme den Saft aus dem Kühlschrank und ein Glas aus dem Schrank. Wir setzen uns. Frauke schenkt sich ein.
    »Offenbar war das Telepathie, dass du mich jetzt gerettet hast«, mutmaße ich, um ihr ein bisschen aus ihrer Verlegenheit herauszuhelfen. »Ich sitze schon seit Tagen nur dumm am Bildschirm rum und komme nicht vorwärts. Es ist wie verhext. Und an den Tagen, an denen ich auch noch an der Uni arbeite, geht’s gar nicht. Morgen wird es besonders schwierig, weil ich da gleich zweimal zur Uni muss.«
    »Morgen?«, erwidert Frauke, sacht erstaunt. »Morgen ist doch Feiertag.« Ich stutze, aber sie redet gleich weiter: »Deswegen ist ja heute auch diese House-Party im Bahnhof, wo Antonie und Lu zusammen hingehen.«
    »Was?«, sage ich, weil mir wirklich nichts anderes einfällt.
    »Morgen ist Feiertag. Fronleichnam«, erklärt Frauke geduldig. »Weil ich konfessionslos bin, weiß ich selbst nicht so genau, worum es da geht. Ich glaube, es hat was mit Auferstehung oder so zu tun. Oder damit, dass Jesus sich selbst in kleinen Stückchen verteilt hat. Wie nennen die Katholen das noch? Eucharistie?«
    »Ja.« Ich werde ganz sicher nicht erklären, dass mein verblüffter Ausruf überhaupt nichts mit christlichen Motiven, aber sehr viel mit der Tatsache zu tun hatte, dass Antonie und Lu gemeinsam auf eine Party gehen. Allein.
    »Bist du eigentlich katholisch?«, erkundigt sich Frauke, als hätte sie nicht gerade erklärt, dass ihre Partnerin mit einer Frau den heutigen Abend verbringen wird, mit der sie schon beim ersten Treffen wild geflirtet hat.
    »Nein, nicht mehr.«
    »Du bist ausgetreten?«
    »Ja. Aber sag mal … Wer ist denn auf die Idee gekommen?«
    »Welche Idee?«
    »Die Idee zu der House-Party.«
    Frauke sieht mich nicht an, sondern tief in ihr Bananensaftglas. »Antonie. Wieso?«
    »Ach, nur so.«
    Frauke hebt den Kopf, und wir sehen uns einen Moment lang an.
    Ihre Augen sind für mich immer noch ein Buch mit sieben Siegeln. Ich kann nicht in ihnen lesen. Aber ich kann in ihnen versinken. Und bevor ich das zu intensiv tue, sehe ich lieber wieder fort.
    Ich kann spüren, wie ihr Blick noch eine Weile nachdenklich auf mir ruht, dann hebt sie das Glas und trinkt in einem Zug den Saft aus.
    »Ich war ja nie irgendeiner Religion zugehörig. Ich wette, es war nicht so einfach, auszusteigen. Immerhin macht man ja ne ganze Menge mit. Konfirmation oder Kommunion oder wie das heißt. Und dann die Beichten und so. Die ganzen Messen an den Sonntagen. Was haben denn deine Eltern dazu gesagt?«
    Wir sprechen über meinen Kirchenaustritt und über unterschiedliche Religionen. Sie findet Buddhismus interessant. Ich erzähle ihr ein bisschen über Hindus und den Islam, denn zufällig weiß ich ein wenig darüber Bescheid,

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