Emmas Story
sie in ihr Revers geheftet hatte.
In solchen Momenten frage ich mich immer, wieso ich nicht ganz normale Freunde haben kann.
Ich hätte so gern ein paar Freundinnen, die mit großen Augen und offenen Ohren Anteil nehmen, klipp und klar behaupten, dass ich auf dem vollkommen richtigen Weg sei, mir nichts vorzuwerfen habe und außerdem alles am Ende gut ausgehen werde.
Andere Menschen haben solche Freundinnen und Freunde. Wieso ich nicht?
Ein wenig verbittert zog ich mich also für eine kleine Weile von der Welt zurück.
Ich vergrub mich in den wunderschönen Briefen, die Madelein und Egon sich geschrieben hatten, sann ihrer großen Liebe zu den schönen Künsten, dem geschriebenen Wort und zu einander nach und ärgerte mich dabei furchtbar, dass ich so etwas nie im Leben erleben werde.
Ja, so ist es nämlich.
Ich werde so etwas nie im Leben erleben. Weil ich entweder Beziehungen eingehe, die in Oberflächlichkeit versanden – so wie mit Ramona. Oder ich suche mir Frauen aus, die leider nicht bereit sind, ihrerseits mich zu erwählen – wie Frauke.
Ja, ich neige sogar dazu, mich in Wohnungen zu verknallen, in die ich nie einziehen werde, weil sie zu groß, zu teuer, zu weit außerhalb gelegen sind und es außerdem Unsinn wäre, dort ohne Hunde einzuziehen.
Wenn ich darüber nachdenke, fällt mir natürlich immer Loulou ein, die so friedlich neben meinem Sofa geschlafen hat und die mit Sicherheit begeistert durch den großen Garten toben würde.
Kurz: Ich schwelge nach Fraukes überraschendem Besuch Tage lang in dieser unglücklichen Liebe, die irgendwie kein Ende finden kann, weil sie einfach nie einen Anfang hatte.
Da ist es auch keine Hilfe, dass Ramona mich am Wochenende anruft und mir in unserem gemütlichen Pläuschchen von Ex zu Ex mitteilt, dass sie neu und überaus glücklich verliebt sei.
Auch meine Mutter ruft noch einmal an und schlägt vor, ob ich nicht mit Lu zusammen auf eine kleine Stippvisite an die Nordsee kommen möchte. Das täte mir doch sicher gut, würde meine Schreibblockade aufbrechen und mich endlich mal wieder so richtig entspannen.
Ich vermeide es, ihr zu sagen, dass der Mensch, in dessen Nähe ich mich momentan am allerwenigsten entspannen kann, Lu ist. Stattdessen schiebe ich die Arbeit vor, erzähle von einer eifrig klappernden Computertastatur und habe damit das Verständnis meiner Mutter sicher.
Der Wochenanfang beginnt recht grau mit Routinearbeiten an der Uni.
Zu Hause wartet auch nur mein stummer Rechner mit viel Arbeit, hinter der ich mich wunderbar verkriechen kann.
Arbeit ist toll.
Nicht nur, dass sie manchmal Spaß macht. Sie eignet sich einfach hervorragend dazu, sich in ihr zu vergraben und darüber zu vergessen, was still und heimlich tief drinnen an mir nagt.
In meiner Arbeitsmeditation stören mich keine lästigen Verabredungen.
Lediglich ein paar Telefonate verschaffen mir kleine Pausen. Armin ruft an und berichtet überschwänglich von seinem ultimativen freien Tag mit Rolf, der sexuell, emotional und politisch alles getoppt haben muss, war sie bisher miteinander erlebt haben.
Hannelore ruft an und erzählt enthusiastisch vom neuesten Klatsch aus der High Society unserer Stadt, des Landes und der Welt.
Sogar Frauke ruft an und will sich wohl danach erkundigen, wie ich unseren gemeinsamen Abend verkraftet habe. Allerdings verlässt sie nach ein paar einleitenden Sätzen der Mut, sie stammelt ein wenig herum, und schließlich beenden wir das Gespräch, ohne unsere letzte Begegnung überhaupt nur erwähnt zu haben.
Die Einzige, die nicht anruft, ist Lu.
Anfangs denke ich nicht eine Sekunde daran. Aber mit jedem Tag, der verstreicht, ohne dass ich etwas von ihr höre, wächst meine Verwunderung.
Nicht, dass ich wahnsinnig scharf darauf bin, mich erneut mit ihr zu treffen. Aber irgendwie erscheint es mir doch sonderbar, dass sie sich so gar nicht rührt.
Schließlich waren wir zusammen eine Wohnung besichtigen.
Wir haben einen gemeinsamen Waldspaziergang gemacht, ich habe ihre Wohnung gesehen, ihre merkwürdigen Sammlungen bestaunt, mit ihren Hunden gespielt.
Und jetzt ruft sie nicht einmal an? Tagelang, bald schon wochenlang, nicht?
Ist doch komisch.
Was auch komisch ist, ist mein Computer.
Seit ein paar Tagen stürzt er immer mal wieder ab. Wahrscheinlich irgendein Defekt. Aber langsam wird es ziemlich nervig, denn ich kann kaum noch zwanzig Minuten am Stück schreiben, ohne dass der Bildschirm schwarz wird und der Rechner sich dann wieder
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