Empfindliche Wahrheit (German Edition)
Aufsicht rumtoben lassen, nicht wahr?«
»Und ihren Scheiß-Schlauch haben sie mir geliehen, schon nett von ihnen, oder? Ich hätte gedacht, das Ausspritzen gehört vielleicht mit zum Service. Aber nicht bei dem Sparprogramm, das die da unten in Somerset fahren. ›Und Sie sind auch ganz sicher mit der Spurensicherung durch?‹, hab ich sie gefragt, ›weil ich nämlich nicht diejenige sein will, die irgendwelche Hinweise wegwäscht.‹ ›Wir haben alle Hinweise, die wir brauchen, vielen Dank, Mrs. Owens, und hier kriegen Sie noch eine Scheuerbürste, für den Fall der Fälle.‹«
»Nicht, Brigid, du quälst dich doch nur«, warnte Harry aus der Kochnische, wo er den Kessel volllaufen ließ und Shortbread aus einer Dose nahm.
»Aber Mr. Bell quäle ich nicht, oder? Schau ihn dir an, gefasst wie nur was. Ich versuche aus meinem toten Ehemann schlau zu werden, Mr. Bell, weil er nämlich ein toter Fremder für mich ist. Bis vor drei Jahren war Jeb alles andere als fremd für mich, und für Danny auch. Der Mann, den wir vor drei Jahren kannten, hätte sich niemals mit einer kurzläufigen Pistole erschossen, und mit einer langläufigen genauso wenig. Er hätte seinen Sohn nie vaterlos zurückgelassen oder seine Frau ohne ihren Mann. Danny war sein Ein und Alles. Sogar als Jeb schon seinen Hau weghatte, hieß es nur Danny hier, Danny da. Soll ich Ihnen was über Selbstmord erzählen, das nicht allgemein bekannt ist, Mr. Bell?«
»Lass doch, Brigid. Ich bin sicher, Toby ist ein gutinformierter junger Mann, der mit der Psychologie und all diesem Zeug bestens vertraut ist, hab ich recht, Toby?«
»Selbstmord ist Mord, Mr. Bell, schlicht und einfach – man überlebt’s zwar leider nicht, aber vor allem will man die anderen kaputtmachen. Bis vor drei Jahren hatte ich eine super Ehe am Laufen, mit meinem absoluten Traummann. Ich war auch nicht grade übel, wie er mir netterweise öfters bestätigt hat, ich bin gut im Bett, und er konnte sich keine bessere Frau denken. Hat er zumindest gesagt, und ich hatte keinen Grund, ihm nicht zu glauben. Ich glaub’s ihm immer noch. Und ich lieb ihn auch immer noch. Hab nie aufgehört. Aber dieser Arsch, der sich da erschossen hat, damit wir mit draufgehen, dem glaube ich nicht, und den liebe ich auch nicht. Den hasse ich. Denn wenn er das getan hat, dann ist er ein Arschloch, scheißegal, was für einen Grund er hatte.«
Wenn er das getan hat? Hatte sie das wenn stärker betont als normal? Oder war das nur Tobys Einbildung?
»Ich weiß ja nicht mal, wodurch er seinen Scheißknacks gekriegt hat. Er hat’s mir nicht erzählt. Irgendein Job, der in die Hosen ging. Jemand war tot, der nicht hätte tot sein dürfen. Das war alles, was ich aus ihm rausgekriegt habe. Ich hätte mich auf den Kopf stellen können. Vielleicht wissen Sie und Ihr Freund Paul es ja. Vielleicht hatte Jeb zu Ihrem Freund Paul das Vertrauen, das er zu mir nicht hatte, obwohl er mit mir verdammt noch mal verheiratet war. Und die Polizei weiß wahrscheinlich auch Bescheid. Wahrscheinlich weiß die ganze beschissene Straße Bescheid, und nur ich und Danny und Harry sind die Dummen.«
»Du hast nichts davon, wenn du dich so verbeißt, Brigid«, sagte Harry und öffnete eine Packung Papierservietten. » Du hast nichts davon, Danny hat nichts davon, und ich kann mir auch nicht vorstellen, dass Toby etwas davon hat. Oder, Toby?« – indem er ihm eine Tasse Tee hinhielt, auf deren Untertasse ein Stück zuckerbestreutes Shortbread lag, und dazu eine Serviette.
»Wegen Jeb bin ich von der Scheiß-Constabulary weg, als Danny unterwegs war. Hab mich um meinen Gehaltszuschlag und die Beförderung gebracht, die angestanden hätte. Wir kamen beide von ganz unten – Jeb hatte nie eine Mutter, nur einen Vater, der ein nutzloser Tagedieb war, und ich wusste gar nicht erst, wer mein Vater ist, und meine Mutter wusste es auch nicht. Aber für uns stand fest, dass wir als anständige, ehrliche Leute leben wollen. Also hab ich die Ausbildung zur Sportlehrerin gemacht, alles, damit Danny ein ordentliches Zuhause kriegt.«
»Und sie ist die beste Sportlehrerin, die die Schule je hatte, jedenfalls so gut wie, stimmt’s, Brigid?«, sagte Harry. »Alle Schüler lieben sie, und Danny platzt fast vor Stolz auf sie – alle tun wir das.«
»Und was unterrichten Sie?«, fragte Toby Harry.
»Mathe, bis rauf zur Oberstufe, wenn wir die Schüler zusammenkriegen, stimmt’s, Brigid?« – auch sie bekam ihre Tasse Tee.
»Ist dann Ihr
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