Ende einer Welt
die allein das gefährdete Leben der von der Jagd
lebenden Völker gesichert ist. Die Söhne standen
hinter ihren Vätern nicht zurück, und die
Schönheit eines Geschlechtes, das sich als das
älteste und edelste der Erde betrachtete, war noch lange nicht
im Abnehmen.
Sie waren prächtig gekleidet: Schweife von
Silberfüchsen hingen auf ihr Wams herab, Federn zierten ihr
Haupt. Die Körper waren mit rotem Ocker bemalt, die Augen mit
Kohle vergrößert, blutrot leuchteten die Lippen.
Muscheln flimmerten um den Hals, Armreifen aus Schlangenwirbeln umgaben
ihre Handgelenke.
Dreimal umkreisten sie die Wiese, jeder Stamm stieß
dabei seinen eigenen Sammelruf aus. Dann traten sie in das
Wäldchen ein, das den Hang jenes Tales bedeckte, der den
Zuschauern gegenüberlag, entledigten sich ihrer Kleidung und
behielten nur einen Lendenschurz um.
Mit Ringkämpfen begannen die Spiele. Sieger blieb ein
Mammutsprößling, gewachsen wie sein Ahne, der wohl
auch imstande gewesen wäre, einen Bären in seinen
Armen zu erdrücken. Als er allein an den Frauen und
Mädchen vorbeiging, sparten diese nicht mit Zeichen ihrer
Bewunderung. Er warf einen schweren, zufriedenen Blick auf sie.
– Im Bogenschießen und Speerwerfen wurde ein Sohn
des Ebers Meister. Fünf Speere und vier Pfeile bohrte er in
den dünnen, schwankenden Stamm einer Birke. Die
Jünglinge vom Volke der Bären blieben im Wettlauf
unerreicht. No, der wie eine Schwalbe flog, gewann das Laufen
über hundertfünfzig Schritte. Schließlich
eroberten sie sich auch im Gruppenlaufen den ersten, zweiten und
vierten Platz. Die Sieger zogen an den Mädchen vorbei. Diese
betrachteten sie keck. Die Jünglinge dagegen blieben noch
ernst und zurückhaltend. Höchstens mit jener einen,
die sie wohl von früheren Begegnungen schon kannten, wurde ein
Blick des Einverständnisses gewechselt. Es gab manche solche
Bekanntschaften von Jagdausflügen her, die bis ins Gebiet des
Nachbarstammes geführt hatten, und wenn der Zufall sie nicht
immer begünstigte, so geschah es auch zuweilen, daß
der eigene Wunsch ihm nachhalf.
No betrachtete alle die Mädchen voll
Gleichgültigkeit. Niemals hatte er an einer von ihnen Gefallen
gefunden. Keine vermochte einen Vergleich mit Mah zu ertragen, mit der
reizenden, leichtfüßigen Mah. Würde er heute
eine Frau wählen? Er zögerte.
Indessen war der erste Teil der Spiele beendet, und eine Pause
trat ein, die man benutzte, um seine Kräfte aufzufrischen. Das
gebratene Pferdefleisch und die geräucherten Fische wurden mit
Heißhunger, der durch die Erwartung gesteigert worden war,
verzehrt. Die wieder angekleideten jungen Männer waren auf die
Wiese zurückgekehrt. Noch war es ihnen nicht erlaubt, sich zu
den Mädchen zu gesellen. Nur von weitem durften sie diese
prüfend betrachten. Sie ließen es daran nicht fehlen,
und Scherzworte flogen gleichzeitig mit abgenagten Knochen von einer
Gruppe zur anderen.
»Bevor es Nacht wird, werden wir euch schon noch
näher betrachten!« riefen die Jünglinge.
»Nur wenn ihr imstande seid, uns zu fangen«,
lachten die Mädchen zurück.
Der Ruf der Bockshörner sammelte die
Jünglinge um die Weisen. Sie verschwanden mit ihnen im
Wäldchen. Unruhe bemächtigte sich der
Mädchen. Der Augenblick nahte, in dem ihr Los sich entscheiden
mußte.
Doch vorher gab es noch ein heiteres Zwischenspiel.
Ein riesenhafter Auerhahn von fast sechs Fuß
Höhe kam hinter den Bäumen hervor. Die Beine waren
durch Federn verdeckt, der schöne schwarze Schnabel stak in
einer Vogelmaske. Die Leute brachen in lautes Gelächter aus,
als er mit grotesken Sprüngen daherkam, den Kopf zur Seite
geneigt, den Schnabel erhoben, mit halbgeöffneten
Flügeln, die am Boden schleiften. Er vollführte
einige Sprünge und Drehungen, ließ die beiden
Holzstücke seines Schnabels gegeneinander klappen und ging
schließlich, indes er ein scharfes Pfeifen hören
ließ, im Kreise herum, wobei sich seine Schwanzfedern
aufwärts sträubten. Auf seinen Ruf erschienen vier
Hennen am Waldesrand und kamen zu ihm heran. Kaum erblickte sie der
Hahn, als er wie ein Besessener herumzuhüpfen begann. Doch
bald hielt er ein, und wie einem höheren Zwange folgend,
begann er einen Liebessang, der wirklich sonderbar war, denn er klang
wie das Aufeinanderschlagen zweier Steine. So naturecht war das Balzen
nachgeahmt, daß die Zuhörer, die es alle oft in der
Tiefe der Wälder gehört hatten, sich
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