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Ende eines Sommers

Ende eines Sommers

Titel: Ende eines Sommers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rosemarie Pilcher
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wie bist du in Schulden geraten?“
    „Was glaubst du wohl? Pferdewetten, Blackjack spielen …“
    Es klang sehr harmlos. „Und wie hoch?“
    Er sagte es mir. Ich konnte nicht glauben, daß irgend jemand so viel Geld hatte und erst recht nicht so viele Schulden. „Du mußt von Sinnen sein. Du meinst, nur mit Kartenspielen …“
    „Oh, um Gottes willen, Jane, in manchen Spielclubs in London kann man an einem einzigen Abend so viel verlieren. Und ich habe nahezu zwei Jahre dafür gebraucht.“
    Es dauerte einen oder zwei Augenblicke, bis ich die Tatsache begreifen konnte, daß ein ausgewachsener Mann derart dumm sein konnte. Ich hatte immer gedacht, mein Vater schwebe, was Geld angeht, über dem Boden der Tatsachen, aber das …
    „Kann Großmutter dir nicht helfen? Dir das Geld leihen?“
    „Sie hat mir früher schon geholfen … ohne allzu große Begeisterung, wie ich wohl hinzufügen kann.“
    „Du meinst, es ist nicht das erste Mal.“
    „Nein, es ist nicht das erste Mal, und du brauchst nicht so ein schockiertes, verdattertes Gesicht zu machen. Außerdem, unsere Großmutter hat so viel Geld nicht herumliegen.
    Sie gehört einer Generation an, die an feste Kapitalanlagen glaubt; ihr Geld steckt in Investments und Grundbesitz.“
    Grundbesitz. Ich sagte leichthin: „Wie wär’s dann, ein wenig Land zu verkaufen? Das … Moor zum Beispiel?“
    Sinclair warf mir einen Seitenblick zu, voll widerwilligem Respekt. „Daran habe ich bereits gedacht. Ich habe sogar eine Gruppe Amerikaner organisiert, die überaus interessiert daran sind, das Moor zu kaufen, oder, wenn sie das nicht könnten, es wenigstens jährlich für eine beträchtliche Pacht zu übernehmen. Um ehrlich zu sein, Janey, deshalb habe ich doch diesen kleinen Urlaub genommen, um hierherzufahren und ihr diese Idee in den Kopf zu setzen. Aber natürlich will sie nichts davon wissen … obwohl ich nicht begreifen kann, wofür das Land gut sein soll, so wie es ist.“
    „Es ist bereits verpachtet …“
    „Für einen lächerlichen Betrag. Die Pacht, die diese kleinen Geschäftsleute ihr zahlen, deckt kaum die Kosten von Gibsons Patronen.“
    „Und Gibson?“
    „Ach, zum Teufel mit Gibson. Er ist ohnehin schon zu alt, es ist Zeit, daß er in den Ruhestand geschickt wird.“
    Wir schwiegen wieder. Sinclair saß da und rauchte. Ich saß neben ihm und versuchte verzweifelt, das Durcheinander meiner Gedanken zu ordnen. Ich stellte fest, daß mich seine skrupellose Haltung nicht erstaunte – ich hatte so etwas bereits befürchtet. Auch über die Tatsache, daß er sich in einen derartigen Schlamassel manövriert hatte, wunderte ich mich nicht, sondern einfach darüber, daß er so offen zu mir war. Entweder hatte er nichts zu verlieren, weil er die Idee, wir würden heiraten, völlig aufgegeben hatte, oder seine Selbsttäuschung war grenzenlos.
    Allmählich würde ich wütend. Ich verliere nur langsam die Selbstbeherrschung, und es passiert selten, aber wenn es einmal dazu kommt, werde ich ziemlich unlogisch. Da ich das wußte und einen Zornesausbruch unbedingt vermeiden wollte, riß ich mich zusammen und konzentrierte mich darauf, kühl und praktisch zu bleiben.
    „Ich weiß nicht, weshalb Großmutter mehr darüber zu bestimmen haben sollte als du. Schließlich wird Elvie eines Tages dir gehören. Ich denke, wenn du größere Teile davon jetzt verkaufen willst, dann ist das deine Angelegenheit.“
    „Wie kommst du darauf, daß Elvie eines Tages mir gehören wird?“ fragte er.
    „Natürlich wird es das. Du bist ihr Enkel. Es gibt niemanden sonst.“
    „Du sprichst, als wäre es ein Familienerbe, als wäre Elvie seit Generationen von dem Vater an den Sohn gegangen. Aber das ist es nicht. Es gehört unserer Großmutter, und wenn sie will, kann sie es einem Heim für herrenlose Katzen hinterlassen.“
    „Und warum nicht dir?“
    „Weil ich, mein Liebes, der Sohn meines Vaters bin.“
    „Und was soll das heißen?“
    „Das heißt, daß ich ein Tunichtgut bin, ein Taugenichts, ein schwarzes Schaf. Ein richtiger Bailey, wenn du so willst.“
    Ich starrte ihn verständnislos an, und plötzlich lachte er, und es klang keineswegs angenehm. „Unschuldige kleine Jane, hat dir nie jemand von deinem Onkel Aylwyn erzählt? Hat dein Vater dir kein Wort gesagt?“
    Ich schüttelte den Kopf.
    „Ich erfuhr es, als ich achtzehn war … als eine Art unerwünschtes Geburtstagsgeschenk. Weißt du, Aylwyn Bailey war nicht nur unehrlich, sondern auch noch unfähig.

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