Ende (German Edition)
schütte einen Eimer Wasser auf euch? Und du, Nieves, du bist auch nicht gerade …»
«Daher weht also der Wind!» Nieves wendet sich wieder an Rafa. «Jetzt wird mir klar, woher dein Hass auf Muslime kommt.»
«Das ist nicht der einzige Grund, beileibe nicht», wehrt sich Rafa. «Ich finde es auch unerträglich, wie die sich als die großen Macker aufspielen. Und dass sie sich nicht an unsere Sitten anpassen. Wie die schon aussehen, die Männer in ihren Dschellabas und die Frauen mit ihren Kopftüchern.»
«Sie haben halt ihren Stolz», erwidert Nieves. «Sie fühlen sich wohl in ihrer Haut und zeigen das auch. So leicht lassen sie sich nicht assimilieren.»
«Das kann doch wohl nicht wahr sein», regt Rafa sich auf. «Jetzt verteidigst du dieses Pack auch noch. Hast du was mit einem Araber, oder was? So wird’s sein: Du hast dir einen Ausländer geangelt, damit er dir dein Bettchen wärmt.»
«Nein, du Klugscheißer», kontert Nieves nach einer unheilschwangeren Pause. «Ich habe mir keinen ‹Araber geangelt›, wie du das nennst. Es ist nur so, dass mich Ungerechtigkeit auf die Palme bringt. Und ich kann überhaupt nicht verstehen, wie du, wie ausgerechnet du …»
«Was?»
«Du weißt doch genau, wie man sich als Außenseiter fühlt, schließlich hast du es am eigenen Leib erfahren. Du bist doch als Kind öfters mal hungrig ins Bett.»
«Ich?»
«Jetzt gehst du zu weit!», sagt Amparo streng, aber ihr Versuch, die hitzige Diskussion etwas abzukühlen, schlägt fehl.
«Das stimmt überhaupt nicht!», protestiert Rafa.
«Und ob das stimmt», beharrt Nieves. «In der Schule wurdest du gehänselt, weil dein Vater so breites Andalusisch sprach, dass keiner ihn verstanden hat. Außerdem war er Alkoholiker und kam jeden Abend besoffen nach Hause, wodurch er einen Job nach dem anderen verloren hat.»
«Ich verbiete dir, so über meinen Vater zu sprechen, du Schlampe!» Rafa rastet aus, seine Wut geht jedoch mehr und mehr in Schluchzen über. «Er mag nicht viel verdient haben, aber es hat gereicht, um uns Kinder durchzubringen. Und wenn er mal einen über den Durst getrunken hat, dann weil … weil er nicht mehr konnte, weil er die Schnauze voll hatte von all den Arschlöchern, die ihn schikaniert haben. Und alles nur, weil, weil …»
«Ist ja gut, mein Lieber, ist ja gut», redet Maribel beschwörend auf ihn ein und legt ihm tröstend einen Arm um die Schultern.
«Mein Vater war ein guter Mensch. Sag ihr das.» Rafa kämpft mit den Tränen.
Niemand traut sich, ihn anzusehen. Niemand traut sich, etwas zu sagen. Schließlich beendet Maribel aus Mitleid das drückende Schweigen.
«Natürlich war er ein guter Mensch.» Dann wendet sie sich an Nieves: «Ich hätte nie von dir gedacht, dass du …»
«Entschuldigt, ich bin einfach runter mit den Nerven», rechtfertigt sich Nieves, der schlagartig jegliche Selbstsicherheit abhandengekommen ist. Nur mit Mühe hält sie ihre Aggressivität und Hysterie im Zaum. «Es geht einfach alles schief, und Andrés, Andrés …»
«Andrés kann mir gestohlen bleiben!», platzt es aus Hugo heraus, der bisher geschwiegen hat. «Immer versaut er uns das Fest: Wenn er kommt, weil er nervt, und wenn er nicht kommt, weil diese blöde Kuh …»
«Nicht in diesem Ton!», greift Ginés ein. «Damit fangen wir gar nicht erst an, sonst wird es böse enden.»
«Ginés hat recht», sagt Ibáñez. «Außerdem ist Gruppentherapie völlig out.»
«Halt du den Mund!», fährt ihm Hugo in die Parade. «Was ich sage, stimmt, das wisst ihr ganz genau. Der Prophet hat uns immer alles versaut.»
«Du redest ja gerade so, als wäre er …», sagt Amparo, «als wären wir immer noch …»
«Unsere Party droht ein großer Reinfall zu werden, findet ihr nicht?»
«Aber daran ist doch nicht Andrés schuld», erwidert Ginés. «Das haben wir uns selber eingebrockt. Was du hier betreibst, ist Mythenbildung. Du schreibst dem armen Kerl eine Macht zu, die er gar nicht hat. Und das nur, weil du ein schlechtes Gewissen hast.»
«Von wegen schlechtes Gewissen. Ich scheiß auf das schlechte Gewissen. Wenn das bei euch anders ist, seid ihr eben Weicheier.»
«Alle für einen, einer für alle», ruft Amparo. «Das war immer unser Leitspruch.»
«Sieh mal einer an, Amparo hat Mumm», kommentiert Hugo, «im Gegensatz zu manch anderem hier.»
«Mann, Leute», seufzt Ginés. «Was sollen nur unsere Begleiter von uns denken?»
«Dass wir jemanden umgebracht haben», meint Amparo.
«Das
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