Ender 4: Enders Kinder
mißgönnen. Aber Jane begab sich auf schwankenderen moralischen Boden, als sie auch darauf beharrte, daß Novinha, Grego und Olhado mitsamt seiner Familie an einen sicheren Ort gebracht wurden. Auch Valentine wurde davon in Kenntnis gesetzt, daß, wenn sie nicht mit ihrem Ehemann und ihren Kindern und ihrer Mannschaft und ihren Freunden zu Jakts Sternenschiff ging, Jane gezwungen sein würde, kostbare mentale Reserven zu verschwenden, indem sie sie alle auch gewaltsam, gegen ihren Willen, abtransportierte, wenn nötig auch ohne Raumfahrzeug.
»Warum wir?« verlangte Valentine zu wissen. »Wir haben um keine Sonderbehandlung gebeten.«
»Mir ist egal, um was ihr gebeten habt oder nicht«, sagte Jane. »Du bist Enders Schwester. Novinha ist seine Witwe, ihre Kinder sind seine Adoptivkinder; ich werde nicht danebenstehen und zulassen, daß ihr getötet werdet, wenn es in meiner Macht steht, die Familie meines Freundes zu retten. Wenn euch das als ungerechtfertigte Bevorzugung erscheint, dann beschwert euch später bei mir darüber, aber für jetzt begebt ihr euch in Jakts Raumschiff, damit ich euch von dieser Welt wegbringen kann. Und ihr werdet noch mehr Leben retten, wenn ihr keinen weiteren Augenblick meiner Aufmerksamkeit mit nutzlosen Diskussionen vergeudet.«
Beschämt darüber, daß sie besondere Privilegien hatten, aber dennoch dankbar, daß sie und die Menschen, die sie liebten, die nächsten Stunden überleben würden, versammelten sich die Mitglieder des Descoladores-Teams in der zu einem Sternenschiff umgewandelten Fähre, die Jane vom überlaufenen Landeareal an einen anderen Ort befördert hatte; die anderen eilten zu Jakts Landefahrzeug, das sie ebenfalls an einen einsamen Ort umgesetzt hatte.
Wenigstens für viele von ihnen war das Auftauchen der Flotte in gewisser Weise beinahe eine Erleichterung. Sie hatten so lange in ihrem Schatten gelebt, daß die Tatsache, sie endlich hier zu haben, der dauernden Angst ein Ende bereitete. Binnen ein oder zwei Stunden würde die Sache entschieden sein.
In der Fähre, die in einem hohen Orbit über dem Planeten der Descoladores dahinjagte, saß Miro benommen an seinem Terminal. »Ich kann nicht arbeiten«, sagte er endlich. »Ich kann mich nicht auf linguistische Probleme konzentrieren, wenn mein Volk und meine Heimat am Rande der Vernichtung stehen.« Er wußte, daß die im hinteren Teil der Fähre an ihr Bett geschnallte Jane ihre ganze Konzentration aufwandte, um Schiff um Schiff von Lusitania zu anderen Kolonialwelten zu befördern, die nur schlecht darauf vorbereitet waren, sie in Empfang zu nehmen. Während alles, was er tun konnte, war, sich den Kopf über molekulare Botschaften unergründlicher Außerirdischer zu zerbrechen.
»Tja, ich kann es«, sagte Quara. »Schließlich stellen diese Descoladores eine ebenso große Bedrohung dar, und zwar für die gesamte Menschheit, nicht nur für eine kleine Welt.«
»Wie weise von dir«, sagte Ela trocken, »auf lange Sicht zu denken.«
»Schaut euch diese Sendungen an, die wir von den Descoladores empfangen«, sagte Quara. »Seht, ob ihr erkennt, was ich hier sehe.«
Ela rief Quaras Anzeige auf ihrem eigenen Terminal auf; ebenso Miro. Wie nervig Quara auch sein mochte, in dem, was sie tat, war sie gut.
»Seht ihr das? Was immer sonst dieses Molekül tut, es ist exakt dafür konstruiert, an genau derselben Stelle im Gehirn zu wirken wie das Heroin-Molekül.«
Es ließ sich nicht bestreiten, daß es haargenau paßte. Ela jedoch fand das schwer zu glauben. »Es gibt nur eine einzige Möglichkeit, wie sie das hätten bewerkstelligen können«, sagte sie, »nämlich, indem sie die historischen Informationen, die in den Descolada-Beschreibungen enthalten waren, die wir ihnen übermittelt haben, genommen hätten, um diese Informationen dazu zu benutzen, einen menschlichen Körper aufzubauen, ihn zu studieren und eine chemische Substanz zu finden, die uns durch geistloses Vergnügen ruhigstellt, während sie machen, was immer sie mit uns machen wollen. Und es ist unmöglich, daß sie die Zeit gehabt haben, einen Menschen zu züchten, seit wir ihnen diese Informationen übermittelt haben.«
»Vielleicht müssen sie nicht den ganzen menschlichen Körper aufbauen«, sagte Miro. »Vielleicht sind sie so geschickt darin, genetische Informationen zu lesen, daß sie alles, was es über die menschliche Anatomie und Physiologie zu wissen gibt, allein aus unserer genetischen Information extrapolieren können.«
»Aber
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