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Enders Schatten

Enders Schatten

Titel: Enders Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Orson Scott Card
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des Programms, wenn das so schnell wie möglich herauskäme.
    Und dann dachte er: Ist das die Art, wie Idioten ihre Dummheit gegenüber sich selbst rationalisieren?
    Â»Ho, Bean!«, sagte Nikolai.
    Â»Ho!«, erwiderte Bean. Er drückte eine Taste, und das Display war leer. »Was Neues?«
    Â»Nichts Neues. Was schaust du so grimmig?«
    Â»Hausaufgaben.«
    Nikolai lachte. »Du bist doch nicht so grimmig, wenn du Hausaufgaben machst. Du liest nur eine Weile, und dann tippst du eine Weile. Als wäre es nichts. Es muss was anderes sein.«
    Â»Eine Sonderaufgabe.«
    Â»Schwierig?«
    Â»Nicht sehr.«
    Â»Tut mir leid, dass ich dich gestört habe. Ich dachte bloß, vielleicht stimmt etwas nicht. Vielleicht ein Brief von zu Hause.«
    Beide lachten. Es gab hier nicht viele Briefe, und wenn alle paar Monate mal welche eintrafen, war das meiste davon zensiert. Einige Kinder bekamen nie Post. Bean gehörte dazu, und Nikolai kannte den Grund. Es war kein Geheimnis. Er war nur der Einzige, dem das aufgefallen war und der gefragt hatte. » Überhaupt keine Verwandten?«, hatte er gefragt. »Wenn man sich die Familien einiger Leute hier ansieht, ist das gar nicht so schlecht«, war Beans Antwort gewesen, und Nikolai hatte ihm zugestimmt. »Meine sind anders. Ich wünschte, du hättest Eltern wie ich.« Und dann hatte er erzählt, dass er das einzige Kind sei und seine Eltern sich wirklich angestrengt hätten, ihn zu bekommen. »Es gab eine Operation, dann wurden fünf oder sechs Eier befruchtet, sie haben die gesündesten noch ein paarmal geteilt und schließlich mich ausgesucht. Ich bin aufgewachsen, als würde ich einmal ein König oder der Dalai-Lama oder so etwas werden. Und eines Tages kam dann die IF und sagte: ›Wir brauchen ihn.‹ Ja zu sagen war das Schwerste, was meine Eltern je getan haben. Aber ich fragte sie: ›Was, wenn ich der nächste Mazer Rackham bin?‹, und da haben sie mich gehen lassen.«
    Das lag jetzt schon Monate zurück, aber es verband sie noch immer, dieses Gespräch. Die Kids redeten nicht oft von zu Hause. Nikolai redete auch mit keinem anderen über seine Familie. Nur mit Bean. Und im Gegenzug hatte ihm Bean ein wenig vom Leben auf der Straße erzählt. Nicht viele Einzelheiten, denn das hätte gewirkt, als heische er Mitleid oder wolle cool dastehen. Aber er erwähnte, wie es zu den Familien gekommen war, sprach darüber, dass es erst Pokes Bande gegeben hatte und dann Achilles’ Familie und wie sie in die Suppenküche gelangt waren. Dann wartete er ab, um zu sehen, wie viel von dieser Geschichte sich herumsprach.
    Er hörte nie etwas darüber. Nikolai hatte keinem auch nur ein Sterbenswörtchen gesagt. Nun wusste Bean, dass Nikolai es wert war, sich mit ihm anzufreunden. Nikolai konnte Dinge für sich behalten, ohne dass man ihn überhaupt darum gebeten hatte. Und nun stellte Bean die Liste für diese großartige Armee auf, und hier saß Nikolai und fragte ihn, was er da mache. Dimak hatte gesagt, er solle mit niemandem darüber sprechen, aber Nikolai konnte ein Geheimnis wahren. Was konnte es schon schaden?
    Dann kam Bean wieder zu Verstand. Von dieser Sache zu wissen würde Nikolai nicht helfen. Er würde entweder in die Drachenarmee kommen oder nicht. Wenn nicht, würde er wissen, dass Bean ihn nicht auf die Liste gesetzt hatte. Und wenn er drin war, wäre es noch schlimmer, denn er würde sich immer fragen, ob Bean ihn aus Freundschaft und nicht wegen seiner Verdienste genommen hatte.
    Außerdem gehörte Nikolai streng genommen gar nicht in die Drachenarmee; er gehörte nicht zu den besten Frischlingen. Er war gescheit, er war gut, er war schnell, aber er war nichts Besonderes.
    Außer für mich, dachte Bean.
    Â»Es war ein Brief von deinen Eltern«, sagte er. »Sie schreiben dir nicht mehr, weil sie mich lieber mögen.«
    Â»Ja, und der Vatikan wird nach Mekka verlegt.«
    Â»Und mich machen sie zum Polemarchen.«
    Â»Kein jeito«, sagte Nikolai. »Du bist zu groß, bicho.« Er griff nach seinem Pult. »Ich kann dir heute Abend bei den Hausaufgaben nicht helfen, Bean, also hör auf, mich anzubetteln.« Er lehnte sich auf dem Bett zurück und begann mit dem Fantasy-Spiel.
    Auch Bean lehnte sich zurück. Wieder rang er mit den Namen. Wenn er alle Kinder eliminierte, die mit Wiggin gearbeitet hatten, wie

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