Enders Schatten
die nächste Gruppe von Kindern, die zum Spielen hier hereinkam, würde ihn finden, aber das wollte er auf keinen Fall. Und was wichtiger war, das Belüftungssystem würde ihm nur dann einen alternativen Weg durch die Station ermöglichen, wenn er auch wieder hinausklettern konnte.
Vor seinem geistigen Auge erschien ein Bild, wie jemand die Abdeckung von einer Belüftungsöffnung nahm und dahinter Beans Schädel sah, der zu ihm hinausspähte, seine Leiche vollkommen vertrocknet im warmen Wind der Luftschächte, wo er bei dem Versuch, wieder herauszukommen, verhungert oder verdurstet war.
Aber wenn er schon hier stand, konnte er zumindest herausfinden, ob er imstande sein würde, die Ãffnung von innen wieder zu schlieÃen.
Er griff zur Seite und schaffte es unter einigen Schwierigkeiten, die Abdeckung mit dem Finger zu sich zu ziehen. Sobald er sie fest in der Hand hatte, war es kein Problem mehr, sie über die Ãffnung zu bekommen. Er konnte sie sogar fest nach innen ziehen, fest genug, dass es einem flüchtigen Beobachter auf der anderen Seite nicht auffallen würde. Wenn der Schacht geschlossen war, musste er jedoch den Kopf zur Seite drehen. Er hatte nicht genug Platz, um ihn nach vorn oder zur anderen Seite zu drehen. Also würde er ihn, sobald er sich im System befand, nach links oder rechts drehen müssen und diese Richtung nicht mehr ändern können. Das hatte ihm noch gefehlt!
Er drückte die Abdeckung wieder heraus, aber vorsichtig, damit sie nicht auf den Boden fiel. Und jetzt wurde es Zeit, das Herausklettern ernsthaft anzugehen.
Nach ein paar weiteren Fehlschlägen erkannte er schlieÃlich, dass die Abdeckung genau das war, was er brauchte. Er legte sie auf den Boden vor die Ãffnung und hakte die Finger unter das andere Ende. Wenn er jetzt zog, lieferte die Abdeckung ihm genügend Hebelkraft, um sich so hoch zu ziehen, dass er die Brust über den Rand der Ãffnung schieben konnte. Es tat weh, mit dem ganzen Gewicht an einer so scharfen Kante zu hängen, aber jetzt konnte er sich auf die Ellbogen und dann auf die Hände stemmen, sich aus der Ãffnung ziehen und zurück ins Zimmer klettern.
Sorgfältig durchdachte er, welche Muskeln er benutzt hatte, dann erinnerte er sich an die Ausrüstung in der Sporthalle. Ja, er konnte diese Muskeln stärken.
Er schob die Abdeckung wieder zurück. Dann zog er sein Hemd hoch und betrachtete die roten Stellen, an denen der Rand der Ãffnung gnadenlos die Haut abgeschürft hatte. Es blutete ein wenig.
Interessant. Wie sollte er das erklären, wenn jemand ihn danach fragte? Er musste dafür sorgen, die gleiche Stelle noch einmal zu verletzen, indem er später auf eins der oberen Betten kletterte.
Er eilte aus dem Spieleraum und den Flur entlang zur nächsten Stange und rutschte hinunter bis zum Messedeck. Die ganze Zeit fragte er sich, wieso es ihm so dringend erschienen war, in das Belüftungssystem zu gelangen. Wann immer so etwas in der Vergangenheit geschehen war, wenn er sich gedrängt gefühlt hatte, etwas zu tun, ohne zu wissen, warum es wichtig war, hatte sich herausgestellt, dass eine Gefahr bestanden hatte, die er zwar spürte, die aber noch nicht in sein Bewusstsein gedrungen war. Worin bestand die Gefahr hier?
Dann begriff er es: In Rotterdam, auf der StraÃe, hatte er immer darauf geachtet, einen Fluchtweg zu haben, einen Alternativweg, um von einem Ort zum anderen zu gelangen. Wenn er vor jemandem davongerannt war, war er nie in eine Sackgasse gelaufen, es sei denn, er kannte einen anderen Weg hinaus. Tatsächlich hatte er sich nie wirklich versteckt â er war der Verfolgung einfach entgangen, indem er stets in Bewegung geblieben war. Ganz gleich, wie groà die Gefahr war, die ihn verfolgte, er durfte nicht an einem Ort bleiben. Es fühlte sich schrecklich an, in die Enge getrieben zu werden. Es tat weh.
Es tat weh und war feucht und kalt, und er hatte Hunger, und es gab nicht genügend Luft zum Atmen und Leute gingen vorbei, und wenn sie den Deckel hoben, würden sie ihn finden, und dann würde er keine Fluchtmöglichkeit mehr haben â er musste es einfach aussitzen und hoffen, dass sie vorbeigingen, ohne ihn zu bemerken. Benutzten sie die Toilette und spülten, funktionierte es nicht richtig, weil sein Körpergewicht auf den Schwimmer drückte. Und viel Wasser war aus dem Kasten geschwappt, als er hineingeklettert war. Sie
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