Endless: Roman (German Edition)
sie sie da mögen?
Aber so schreckliche Dinge wünschte sie niemandem, schon gar nicht der Frau mit dem herzförmigen Gesicht, das sie, umrahmt von blonden Locken, auf dieser Studio-Aufnahme angestrahlt hatte.
Das Auto hielt an, und eine sexy Frauenstimme verkündete: »Sie haben Ihr Ziel erreicht«, woraufhin Meena aufblickte. Einen Moment lang stockte ihr der Atem, als sie das Haus sah, in dem David Delmonico gelebt hatte.
Mit seiner weiten Rasenfläche, der Garage für drei Autos und der breiten Freitreppe zur doppelflügeligen Haustür sah Davids und Briannas Haus aus wie ein herrschaftliches Anwesen. Oder wie ein Country Club. Es fehlte nur noch ein Diener, der ihnen einen Parkplatz zuwies.
Aber auch wenn sie mit ihrem Bruder nur in einer Dreizimmerwohnung wohnte – wobei das dritte Zimmer nicht mehr als eine Abstellkammer war –, die statt Rasen nur einen Blick über die Dächer aufwies, war sie froh, dort und nicht hier zu leben.
»Wie hübsch«, sagte Abraham. »Von Zeit zu Zeit genieße ich es wirklich, einmal aus der Stadt rauszukommen. Man vergisst ganz, wie Gras aussieht, nicht wahr?«
Meena schluckte. Warum sahen sie es nicht? War sie die Einzige?
Dieses Haus hatte kein Leben. Schon seit langem nicht mehr.
Und es hatte auch nichts Gutes.
Nur Böses.
11
»Wir werden nicht hineingehen«, sagte Meena mit fester Stimme.
»Nein«, stimmte Alaric ihr zu. »Wir nicht. Du und ich fahren zurück in die Stadt. Wir setzen nur Abraham ab.«
»Was?« Meena umfasste die Kopfstütze von Abrahams Sitz. »Sie wollen doch nicht etwa allein dort hineingehen?«
»Natürlich.« Abraham schmunzelte. »Wie wir alle wissen, ist Alarics Temperament nicht besonders gut für Missionen geeignet, in denen das Subjekt lebendig gefangen werden muss. Warum?« Abraham lächelte Meena an. »Ist das ein Problem?«
»Ja«, erwiderte Meena. Allerdings konnte sie nicht sagen, was ihr mehr Herzklopfen bereitete: die Vorstellung, dass der alte Mann allein einen Vampir in einem so finster aussehenden Haus jagen wollte, oder der Gedanke daran, dass sie mit Alaric im Auto nach New York City zurückfahren musste. »Eigentlich macht es doch mehr Sinn, weil Alaric auf diesem Gebiet so viel Erfahrung hat …«
»Miss Harper«, unterbrach Abraham sie sanft, »ich mache das hier viel länger als Alaric. Und trotz meiner äußeren Erscheinung kann ich mit Dämonenverseuchung durchaus umgehen. Aber Ihre Sorge rührt mich. Und jetzt sagen Sie mir die Wahrheit. Wollen Sie mir über diesen
Umweg mitteilen, dass Sie eine Ihrer Visionen hatten?«
Meena errötete. »So etwas in der Art. Es ist nur … nun ja, Brianna hat auf den Fotos so süß ausgesehen. Aber Sie haben ja gesagt, New Jersey sei das Tor zur Hölle. Und gestern Abend kam David mir vor wie jemand, den ich nicht kannte …«
»Ja, natürlich«, antwortete Abraham tröstend. »Er hatte ja seine Menschlichkeit verloren. Er war ein Geschöpf der Dunkelheit, ohne Seele, nicht fähig zu Mitgefühl oder Mitleid. Sie haben gut daran getan, ihn aus seinem Elend zu erlösen. Wenn wir wissen, zu welchem Clan er gehörte – nachdem wir seine Frau vernommen haben –, können wir sein Verhalten sicher besser erklären.«
Besorgt knabberte Meena an ihrem Daumennagel. Die Geheime Garde betrachtete alle Vampire als seelenlose Kreaturen. Und genau das war David gewesen. Daran bestand kein Zweifel.
Bei Lucien hatte sie dieses Gefühl nie gehabt, und dabei hatte auch er keine Seele. Ihre ehemaligen Nachbarn, seine Verwandten, die Antonescus, waren genauso gewesen. Sie hatten sogar ihren Hund davor bewahrt, von den Dracul, die ihre Wohnung verwüstet hatten, ermordet zu werden.
Alaric wusste das auch.
Doch er schwieg und stieg aus. Er wirkte glücklich und entspannt. Offenbar freute er sich darauf, sich ans Steuer setzen zu können, auch wenn es ein Hybridwagen war und nicht eins dieser benzinschluckenden Sportfahrzeuge, die er bevorzugte.
»Ich schätze es, dass Sie sich Sorgen um mich machen, Meena«, fuhr Abraham fort. Er holte seine Aktentasche
aus dem Auto und zog aus einem Geheimfach eine Pistole, einige besonders spitze Pflöcke, eine Phiole mit Weihwasser und ein großes Kruzifix. Das alles verstaute er in den Taschen seines Anzugs.
»Ich mag Ihnen zwar vorkommen wie ein alter Mann, der zu viel Zeit an seinem Schreibtisch verbringt, aber ich versichere Ihnen, angesichts des Bösen weiß ich mich zu wehren«, sagte er. »Sie erinnern sich vielleicht, dass ich in jener Nacht
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