Endless: Roman (German Edition)
froh, ihn zu kennen.
Und ihre Hand lag immer noch auf seiner.
Er glaubte, sein Herz müsse platzen, weil es so voller Freude … und Nervosität war.
Tu es, sagte er sich.
»Ich fühle bei dir das Gleiche, Yalena«, sagte er. »Weißt du, ich habe mir überlegt, ob wir vielleicht nach der Schicht auf das San-Gennaro-Straßenfest gehen und eine Kleinigkeit essen könnten …«
»Kumpel.«
Einer der drei Männer war an die Theke getreten. Sein Polohemd war rosa. »Kannst du das lauter drehen?« Er zeigte auf den Fernseher.
Jon hätte ihn am liebsten umgebracht. Yalena hatte die Tasse auf den Tresen gestellt, und der schöne Moment war zerstört.
»Uh«, sagte Jon. »Nein. Der Fernseher ist auf lautlos gestellt, damit die Gäste sich nicht durch den Ton gestört fühlen.«
Rosa Kragen blickte sich im Lokal um. »Was für Gäste? Wir sind doch die einzigen hier. Und wir wollen das hören. Es ist eine wichtige Nachrichtensendung.« Er drehte sich zu seinen Freunden um. »Habe ich recht?«
Einer seiner Freunde – sein Polohemd war grasgrün – blickte von seinem Computerbildschirm auf. »Kumpel, scheiß auf den Kerl. Ich habe gerade die Live-Übertragung im Internet gefunden.«
»Ha. Schieb es dir in den Arsch, Barista«, sagte Rosa Kragen und setzte sich wieder an den Tisch.
Was für Arschlöcher, dachte Jon.
Ja klar, Vampire bissen einen in den Hals und saugten einem das Lebensblut aus. Aber wenigstens demütigten sie einen nicht vor dem Mädchen, das man liebte. Sie töteten einen einfach.
»Okay, Jon«, sagte Yalena. »Ich …«
»Hey, ihr!«
Plötzlich stand Jons Schwester Meena an der Theke neben Yalena. Sie trug eine dunkle Sonnenbrille, ein altes T-Shirt und eine noch ältere Jeans. Um die Taille hatte sie sich ein Kapuzenshirt geschlungen. Außerdem hatte sie eine komische Kette um, die Jon noch nie an ihr gesehen hatte. Yalena wandte sich zu Meena und umarmte sie erfreut.
»Oh, hi, Meena!«, rief sie. »Wie geht es dir?«
»Hi«, sagte Meena und erwiderte die Umarmung. »Du siehst toll aus, wie immer.«
»Oh, danke«, meinte Yalena. »Du auch.«
Yalena sagte das anscheinend nur aus Nettigkeit, denn Meena sah keineswegs toll aus. Sie sah so aus, als sei sie gerade aus dem Bett gekrabbelt, hätte sich die erstbesten Klamotten angezogen und wäre hierhergekommen. Möglicherweise hatte sie noch nicht einmal geduscht.
Sie hatte den Hund bei sich. Er durfte eigentlich keine Haustiere ins Lokal lassen. An der Tür hing ein »Hundemüssen-draußen-bleiben«-Schild. Wollte eigentlich heute jeder – Yalena ausgenommen – die Regeln missachten?
»Uh, nein, ich sehe nicht toll aus, Yalena«, erwiderte Meena lachend. »Das ist lieb von dir. Ich hatte eine ganz schlimme Nacht. Ach, apropos, Jon, könnte ich mal unter vier Augen mit dir sprechen? Und könnte ich einen großen Milchkaffee bekommen und einen von diesen Blaubeer-Muffns?«
Jon hätte am liebsten gesagt, er habe keine Muffns mehr. Dann wäre Meena vielleicht gegangen, und er hätte
weiter mit Yalena reden können, aber leider lag ein Muffn direkt vor ihrer Nase unter der Glasglocke.
Und er war sich ziemlich sicher, dass er bei Yalena nie und nimmer eine Chance mehr haben würde, nachdem sie mitbekommen hatte, wie das Hochgestellte-Kragen-Trio ihn gedemütigt hatte.
Außerdem hatte Meena gesagt, sie wolle unter vier Augen mit ihm sprechen.
Na toll. Jetzt würde Yalena bestimmt gehen.
Es war nie besonders lustig gewesen, ein Mädchen zur Schwester zu haben, das den Tod voraussehen konnte, aber er hatte eigentlich gedacht, er sei mittlerweile daran gewöhnt und trüge es mit Humor.
Bis heute.
»Ja klar«, sagte er, holte den Muffn heraus und machte Meenas Kaffee.
»Nun, ich muss sowieso den Laden aufmachen«, sagte Yalena und lächelte sie an. »Bis später also. Vielen Dank, Jonathan. Und ich würde schrecklich gerne heute Abend mit dir zum San-Gennaro-Straßenfest gehen. Wenn ich mit der Arbeit fertig bin, komme ich dich abholen. Wiedersehen!«
Jon schaute ihr benommen nach. Er konnte es nicht glauben, was er für ein Glück hatte.
Ja. Unglaublich, sie hatte ja gesagt.
Alles würde gut werden. Alles würde bestens werden.
Wie unter Schock blickte er ihr nach, als sie am Tisch des Hochgestellte-Kragen-Trios vorbeiging und durch die Tür verschwand.
Es war wirklich wahr! Er hatte den ersten Schritt gemacht. Und sie hatte ja gesagt!
Nachdem Yalena durch die Tür verschwunden war, fingen die drei Polohemdtypen an zu kichern.
Weitere Kostenlose Bücher