Endlich bei dir in Virgin River (German Edition)
wollte dort auch einmal vorbeischauen. Vielleicht konnte sie sich nützlich machen.
Vor dem Haus parkte nur ein Wagen, ein ziemlich heruntergekommener Pick-up. Von innen hörte sie eine Säge und dachte plötzlich, es sei doch keine so gute Idee, einfach hier aufzutauchen. Wenn da ein Mann allein mit der Säge hantierte und sie, als Frau, einfach so hereinplatzte? Aber sicher brauchte sie sich diesbezüglich keine Sorgen zu machen in dieser so herzlichen Gemeinde. Sicher war noch jemand anderer im Haus. Die Tür stand jedenfalls offen, obwohl es ziemlich kalt war.
Gleich nach dem Betreten stand man in dem Zimmer, was wohl das Wohnzimmer war – und wer da mit der Säge hantierte, war niemand anderer als George Davenport. Er schnitt Bretter zurecht. Maureen holte tief Luft. Hier würde es nicht funktionieren, ihm aus dem Weg zu gehen, was ihr auf der Hochzeitsfeier noch halbwegs gelungen war. Aber auch da hatte er sie sich geschnappt, ihr Komplimente gemacht, mit ihr geplaudert und ihr zum Abschied sogar einen Handkuss gegeben. Offensichtlich gab es nur zwei Möglichkeiten, was diesen Mann betraf: ihm tapfer entgegentreten oder fluchtartig die Stadt verlassen.
Da war er nun, mit seinem dünnen weißen Haar, das widerspenstig nach allen Seiten abstand, in Jeans und Sweatshirt und ganz voller Sägemehl. Sein Gesicht war sonnengebräunt. Stammte er nicht aus Seattle? Sie registrierte unwillkürlich seine breiten Schultern, seinen festen Hintern und seine langen Beine. Wieso hatte ein Mann in seinem Alter so breite Schultern und einen festen Hintern? Sie versuchte, ihn sich ohne Hemd vorzustellen, und fand es im selben Moment abstoßend, dass sie solche Gedanken hatte!
Offensichtlich hatte sie ein Geräusch von sich gegeben, denn jetzt drehte er sich zu ihr um. Ein Lächeln erhellte sein attraktives Gesicht. Kein schlecht sitzendes Gebiss, sondern weiße kräftige Zähne. Wahrscheinlich hatte er immer vorbildlich geputzt und Zahnseide verwendet – vermutlich das Einzige, was er mit Maureen gemeinsam hatte.
„Mrs Riordan“, begrüßte er sie überrascht. „Was führt Sie denn her?“
„Die reine Neugier“, antwortete sie. „Mein Sohn Luke hat mir davon berichtet, was hier am Wochenende los war, und das fand ich so wunderbar, dass ich es mir einfach selbst einmal ansehen wollte.“ Sie ging einen Schritt ins Haus hinein. „Was machen Sie da?“
„Ich säge gerade die neuen Bretter für die Treppe zurecht. Noah kommt auch gleich, wenn er seine Vormittagstermine erledigt hat. Wir werden die Treppe einbauen und dann wird Muriel uns beim Schmirgeln, Beizen und Lackieren helfen.“
„Muriel?“, fragte Maureen.
„Haben Sie Muriel St. Claire noch nicht kennengelernt? Sie ist hervorragend, was die Arbeit mit Holz angeht. Sie hat ihr altes Farmhaus außerhalb der Stadt selbst restauriert und wohnt gleich neben Walt Booth, daher kennen sich die beiden. Seit ungefähr einem Jahr sind die beiden ein Paar.“
„Ein Paar?“, wiederholte Maureen. „Seit einem Jahr?“ Sie runzelte die Stirn. „Ich dachte, die beiden wären schon seit Jahren zusammen.“ Sie konnte sich einfach nicht an den Gedanken gewöhnen, dass auch Frauen in reiferen Jahren noch ihr Liebesglück finden konnten. Vivian hörte nicht auf, ihr zu sagen, sie solle sich endlich von der Vorstellung verabschieden, Liebe sei nur etwas für junge Menschen. Trotzdem konnte Maureen nicht umhin zu denken, dass es wohl eher praktische als leidenschaftliche Gründe hatte, wenn ein Paar im Alter von Muriel und Walt zusammenfand.
„Soweit ich weiß, ist das Ganze noch recht frisch“, meinte George. „Walt ist seit einigen Jahren verwitwet. Und auch wenn sie es mir nicht persönlich erzählt hat, war Muriel wohl mehrfach verheiratet und ist mehrfach geschieden. Wenn man den Klatschblättern glauben darf.“ Er grinste. „Der Tag, an dem sie dem guten alten Walt Booth begegnet ist, muss ihr Glückstag gewesen sein.“
„George, ich muss mich bei Ihnen entschuldigen“, begann Maureen. „Als wir uns vor einer Woche bei Jack trafen, war ich nicht gerade besonders freundlich zu Ihnen. Ich wusste natürlich, dass wir uns schon auf Lukes Hochzeit getroffen haben. Ich weiß auch nicht, warum ich so getan habe, als könnte ich mich nicht an Sie erinnern. Normalerweise ziere ich mich nicht so.“
„Das war mir schon klar, Mrs Riordan.“
Sie war erstaunt. „Wieso denn?“
Freundlich lächelte er. „Das habe ich in Ihren Augen gelesen“, erklärte er und
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