Endlich gefunden
große Freude sein, aber Frau Daniels gab deutlich zu verstehen, daß sie die Dame nicht leiden könne und die schönen Reden ihr gar keinen Eindruck machten. Sie hätten wohl noch mehr miteinander gesprochen, aber da ging die Haustüre auf, und Herr Blake trat ein, die Reisetasche in der Hand. Er machte ein sehr erstauntes Gesicht und sprach einige höfliche Worte. Die Dame wollte sich entfernen, doch er hielt sie zurück und trat mit ihr ins Wohnzimmer. FrauDaniels stand zuerst wie versteinert und sah ihnen nach; dann lief sie über Hals und Kopf, ohne mich zu bemerken, den Gang hinunter und die Treppe hinauf. Ich hatte mich in eine Nische gestellt, um die schöne Dame noch einmal zu sehen. Nach wenigen Minuten kam Herr Blake zuerst wieder zur Türe heraus; das wunderte mich recht, weil er immer so höflich ist. Die Dame folgte ihm die Treppe hinauf nach seinem Studierzimmer, aber sie sah schrecklich verstört und bestürzt aus. Die Neugier ließ mir keine Ruhe, ich mußte der Sache auf den Grund kommen und sollte es mich meine Stelle kosten. So schlich ich ihnen denn leise nach und horchte am Schlüsselloch.
Fanny machte eine Pause. Was hörten Sie? fragte ich gespannt.
Zuerst einen Ausruf der Freude aus ihrem Munde und die Worte: »Wenn Sie das immer vor Augen behalten haben, kann ich Ihnen doch unmöglich so gleichgültig sein, wie Sie behaupten.« Er antwortete nichts, ich hörte ihn nur durch das Zimmer gehen, sie aber stieß einen Schrei aus wie bei einer unangenehmen Ueberraschung. Nun fing er an zu reden, ganz leise, er sprach und sprach, aber ich verstand kein Wort. Nach einer Weile begann sie zu schluchzen, und das erschreckte michso, daß ich gern fortgelaufen wäre; auf einmal stöhnte sie laut und rief: »Nicht weiter, hören Sie auf, Holman; wie konnten Sie das tun! Wer hätte je gedacht, daß unsere Familie, die stolzeste im ganzen Lande, mit dem Verbrechen in Berührung kommen würde.« Ja, das sagte sie, beteuerte Fanny mit glühenden Wangen, sie hat ihn bei seinem Taufnamen genannt und von Verbrechen gesprochen.
Und was erwiderte Herr Blake darauf? fragte ich, selbst erschreckt über des Mädchens Enthüllung.
Das weiß ich nicht; ich hatte genug gehört und lief schnell auf und davon. Wo man von so furchtbaren Dingen spricht, werde ich mich wohl hüten, am Schlüsselloch zu horchen.
Wie vielen Leuten haben Sie denn schon erzählt, was Sie gehört haben?
Keiner Menschenseele, erwiderte sie gekränkt; wie können Sie denken, daß ich mein Versprechen nicht halten werde!
*
Ich hatte in Erfahrung gebracht, daß die Gräfin de Mirac, gleich vielen unserer vornehmen Damen, eine große Schwäche für alte Raritäten besaß. Dies beschloß ich mir zunutze zu machen, um bei ihr, der einzigen Person, welche um Blakes dunkles Geheimniswußte, Zutritt zu erlangen. Ich borgte mir eine wertvolle antike Schale von einem Freunde und begab mich am nächsten Tage in das Hotel der Gräfin, welche ich dringend zu sprechen begehrte.
Die Zeit schien schlecht gewählt, denn die Dienerin brachte mir Bescheid, daß die Frau Gräfin krank sei und niemand empfangen könne. Ich ließ mich jedoch dadurch nicht abschrecken, sondern händigte dem Mädchen den Korb mit meiner Kostbarkeit ein, um sie ihrer Herrin zu zeigen, die sich ein so seltenes Kunstwerk gewiß nicht werde entgehen lassen. Das Mädchen tat mir den Willen und kehrte bald ohne den Korb zurück, um mir zu melden, daß die Frau Gräfin mich zu sprechen wünsche.
Als ich eintrat, übersah die vornehme Dame zuerst meine Gegenwart völlig; sie ging zerstreut im Zimmer auf und ab, in der Hand einen Brief schwenkend, den sie eben geschrieben hatte und der noch feucht zu sein schien; meine Schale stand unbeachtet auf einer Ecke des Tisches.
Ich war ehrerbietig auf der Schwelle stehen geblieben; endlich gewahrte mich die Gräfin, legte schnell den Brief in ein Buch und griff nach der Schale. Unterdessen hatte ich Zeit gehabt, die Veränderung zu bemerken, die seit jenem Ballabend mit ihr vorgegangen war. Freilich hatte ich siedamals reich geschmückt und in angeregter Stimmung gesehen, während sie jetzt nur ein einfaches, loses Morgenkleid trug, und körperliches Unbehagen ihre sonst blühenden Wangen bleich färbte, aber eine so völlige Verwandlung mußte noch einen tieferen Grund haben. Es war, als ob ihre Kraft gebrochen und das Feuer ihrer Seele erloschen sei.
Sie hat alle Hoffnung verloren, sagte ich mir und fühlte mich schon durch diese wichtige
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