Endlich Single: schon verliebt
Schuhen stünden. Er wäre ebenso begeistert gewesen – wäre es Nina gewesen, die ihn in heißem Pink um etwas bat. Was auch immer. Bevorzugt etwas, das intensive Berührungen erforderte. Möglichst in der Horizontalen. Nackt.
“Alex?” fragte Charity und schnippte mit den Fingern, um sich bemerkbar zu machen.
Damenbesuch riss auch Max aus seiner Lethargie. Als die beiden das Wohnzimmer betraten, erhob er sich – und tastete gleich wieder nach einem festen Halt. Nie hatte Alex seinen Bruder so fassungslos erlebt. Sprachlos vor Staunen, nahm Max die Besucherin genauer in Augenschein. Sein Blick glitt von ihren Schwindel erregend hohen Slingpumps zu den vermutlich halterlosen schwarzen Nylons und dann zu den zerzausten kastanienroten Locken, die mit etwas, das verdächtig einem weiteren schwarzen Seidenstrumpf ähnelte, hochgebunden waren.
“Das ist mein Bruder Max”, stellte Alex vor.
Max streckte die Hand aus und schenkte ihr sein charmantestes Lächeln. “Es ist mir eine ausgesprochene Freude, Sie kennen zu lernen.”
Leider wusste er nicht, dass Charity derzeit mit Männern im Allgemeinen und mit forschen Draufgängern im Besonderen auf Kriegsfuß stand. “Ich bin Lesbe.” Kampflustig funkelte sie ihn an.
Max zog seine Hand zurück, als hätte er sich verbrannt. “Hatte ich gefragt?”
Schnell trat Alex zwischen die beiden. “Kann ich dir einen Drink anbieten? Milch? Dazu einen Schokokeks?”
“Nein.” Max hätte genauso gut unsichtbar sein können, denn sie beachtete ihn überhaupt nicht. “Hör zu, Normas Lesegruppe bespricht kommenden Freitag mein Buch.” Sie öffnete ihre schwarze Vinyltasche, groß genug für ein mobiles Büro, und entnahm ihr einen Stapel Papier. “Ich hoffe sehr auf das versierte Urteil eines Mannes.” Kokett lächelte sie. Was für eine Verschwendung! dachte Alex. Sie sollte ihren Charme an ein willigeres Opfer verschwenden. “Nina kommt ebenfalls”, fügte sie hinzu.
Das Manuskript wechselte den Besitzer. “Ich werde da sein.”
Charity hatte nichts anderes erwartet. “Dank dir. Ich weiß es wirklich zu schätzen.” Ihr Blick fiel auf Max. Ihr eben noch strahlendes Lächeln dimmte sich um mehrere Watt. “Nett, Sie kennen gelernt zu haben.”
Max nickte. “Meine Empfehlung an die anderen Mädels.”
Kaum war sie fort, fuhr Alex zu seinem vorlauten Bruder herum. “Musste das sein?”
“Sie hat angefangen. Junge, ist das ein Furcht einflößendes Weib!”
“Charity ist Ninas beste Freundin. Falls ich Kardiologe werde, können wir zusammen ausgehen.”
“Eher friert die Hölle zu!” Schwer ließ Max sich auf den Sessel fallen. “Erinnerst du dich an Deirdre? Die hier reicht dir glatt vier Kondome! “ Niederschmetternde Aussichten. “Was ist bloß heutzutage mit den Frauen los?”
“Du müsstest das doch wissen. Frauen sind schließlich dein täglich Brot.”
Je näher der Freitag rückte, desto nervöser wurde Nina. Doch als sie und Charity dann in Normas Apartment ankamen, entpuppte sich die Lesegruppe als klein: Norma und Rich; Mary Theresa, eine hübsche Frau Anfang Dreißig, sowie zwei Männer namens Walter und Steve. Und, nicht zu vergessen, Alex.
Auffordernd klopfte er auf den freien Stuhl neben sich. “Ausdrückliche Einladung der angehenden Autorin”, beantwortete er leise ihre unausgesprochene Frage.
“Und wann, bitte schön, hast du mit Charity gesprochen?” Schnell unterdrückte Nina den Anflug von Eifersucht. Eine derart niedrige Regung war ihrer unwürdig! Überhaupt beschäftigten sie weit wichtigere Dinge. Beispielsweise, ob Charity den Abend überstand, ohne sich – oder ihr – die Pulsadern aufzuschneiden.
Wenigstens kannte die Lesegruppe auf Charitys Wunsch hin nicht die Identität der Autorin. Dennoch sandte Nina insgeheim ein stummes Stoßgebet zum Himmel. Hoffentlich wurde es nicht allzu schlimm!
Gut war es nicht.
Anfangs gingen alle davon aus, bei dem Buch handele sich um reine Fiktion. “Viel zu episodenhaft”, urteilte Steve. Steve sah aus wie ein Bauarbeiter, groß, stämmig und sonnengebräunt, war jedoch Normas Worten zufolge der “verdammt beste Buchhalter Riverbends”. Ein weiterer Beweis für die Unzuverlässigkeit vorschneller Urteile. “Jedes Kapitel ist eine Geschichte für sich”, sprach Steve weiter. “Es fehlt an Kontinuität. So kann man das Buch zwischen den einzelnen Kapiteln leicht ablegen und vergessen.”
“Es braucht einen durchgehenden Handlungsstrang”, stimmte Mary Theresa,
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