Endlich werd ich dich erobern!
männlichen Gast lächelnd zunickte. Dieser gelackte Bubi sah sie an, als wäre sie ein Schmuckstück, das er an seinen illustren Familienstammbaum hängen wollte.
Der Kerl hieß Sloan, wenn er sich recht entsann. Ein Mitglied der Familie Makepeace und in der glücklichen Lage, den Familienstammbaum bis zu den Pilgervätern der Mayflower zurückverfolgen zu können – wie bei jeder Bostoner Familie der Oberschicht üblich.
Connor verzog angewidert den Mund, als er beobachtete, wie Sloan sich zu Allison vorbeugte. Dann ermahnte er sich, dass er hier heute Abend eine Aufgabe zu erfüllen hatte, und die lautete nicht, mit Allison zu flirten. Natürlich würde er sie im Auge behalten, aber um ihre Sicherheit zu gewährleisten. Und natürlich musste er dafür sorgen, dass sie hier blieb und nicht in einem unbewachten Moment entwischte, um wieder eigene Wege zu gehen.
Connor trank noch einen Schluck Wein und ließ den Blick durch den Raum schweifen – gerade rechtzeitig, um Hugh Kendall an einer Ballsaaltür zu entdecken.
Um die fünfzig, mittelgroß und mit beginnender Glatze, wirkte er kleiner und untersetzter als auf den Fotos in den Zeitungen.
Connor beobachtete, wie sich Kendall und seine Begleiterin – eine bekannte Dame der Bostoner Gesellschaft – unter die Gäste mischten. Wenn die Zeitungsberichte über ihn zutrafen, dann war Kendalls zehnjährige Ehe vor einiger Zeit gescheitert. Seither betätigte er sich als Partylöwe und begleitete prominente Damen der Gesellschaft zu wichtigen gesellschaftlichen Ereignissen.
Was für ein kriecherischer Fatzke, dachte Connor. Allison hatte Recht. Sein gesellschaftlicher Status bedeutete Kendall alles. Wenn er der Unterschlagung überführt wurde, war er ruiniert. Nicht nur, dass er ins Gefängnis wandern würde, er würde auch aus der Oberschicht ausgestoßen werden.
Gleichgültig, wie sehr Kendall sich aufspielte, Zugang zu Veranstaltungen wie dem Cortland Ball verschaffte ihm lediglich sein Geld.
Connor hatte einige Nachforschungen über ihn angestellt und herausgefunden, dass Kendall weder aus einer alten Familie stammte, noch mit den hier anwesenden Gästen alte Verbindungen aus der Schulzeit pflegte. Kendall war in einer Familie der oberen Mittelschicht in New Hampshire aufgewachsen. Er hatte öffentliche Schulen besucht und dann ein Studium der Wirtschaftswissenschaften absolviert. Danach war er nach Boston gegangen, wo sein Aufstieg in der Wirtschaft begonnen hatte.
Connor warf einen Blick zu Allison hinüber und bemerkte, dass ihr Kendalls Erscheinen nicht entgangen war. Selbstverständlich würde sie Kendall heute Abend meiden. Es war unangemessen, wenn die Staatsanwältin sich mit dem Angeklagten in einem ihrer Fälle auf einer Veranstaltung auch nur unterhielt.
Kendall wiederum wirkte ziemlich gelassen, wenn man bedachte, dass wohl alle Anwesenden sein Erscheinen als kühn betrachteten, da seine Anklägerin auch hier war.
Connor beobachtete ihn aufmerksam. Falls Kendall der Mann war, der Allison bedrohte, dann war er ein verdammt kaltblütiger Typ. Solche Leute waren schwer zu fassen, und genau deshalb würde er ihn mit Argusaugen verfolgen.
Allison sah sich im Ballsaal um. Für den Augenblick hatte sie Connor offenbar abgeschüttelt. Leider steuerten ihre Eltern auf sie zu, und sie wappnete sich. "Hallo, Mom."
"Ally." Ihre Mutter beugte sich für einen Wangenkuss vor, wich dann zurück und betrachtete besorgt das Gesicht ihrer Tochter. "Wie fühlst du dich? Hast du Schlafstörungen? Falls ja …"
"Mom, es geht mir gut." Sie hatte in dieser Woche mit ihren Eltern über den Zwischenfall am Supermarkt gesprochen, ihnen jedoch die Einzelheiten erspart, um sie nicht unnötig aufzuregen.
Ihre Eltern tauschten einen Blick. Ihr Vater war die ältere Ausgabe von Quentin. Sein dunkles Haar war jedoch mit grauen Strähnen durchzogen, was ihm ein distinguiertes Aussehen verlieh.
"Du hättest uns sagen sollen, dass du Tage vor der Schießerei einen weiteren Drohbrief erhalten hast", tadelte ihr Vater sie sanft.
Allison überspielte ihre Verärgerung, dass Connor offenbar wieder geplaudert hatte. "Ich wollte Mom und dich nicht unnötig aufregen", wiegelte sie ab und hoffte, sie würden sich damit zufrieden geben. "Ihr wart letzte Woche sehr weit weg und hättet sowieso nichts tun können, außer euch noch mehr Sorgen zu machen, als ihr es ohnehin schon tut."
"Natürlich hätten wir uns Sorgen gemacht!" betonte ihre Mutter.
Allison atmete tief durch
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