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Endspiel - Genie und Wahnsinn im Leben der Schachlegende Bobby Fischer

Endspiel - Genie und Wahnsinn im Leben der Schachlegende Bobby Fischer

Titel: Endspiel - Genie und Wahnsinn im Leben der Schachlegende Bobby Fischer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Brady
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befeuern, hetzt das Protokoll gegen Nichtjuden. Es geißelt die »unendliche Niedertracht der nichtjüdischen Völker … die vor der Macht kriechen, aber gegen die Schwachen unbarmherzig sind, die Vergehen unerbittlich bestrafen, Verbrecher dagegen nachsichtig beurteilen, die Widersprüche einer freien Gesellschaftsordnung nicht hinnehmen wollen, aber geduldig bis zum Märtyrertum eine von kühner Herrschsucht ausgehende Vergewaltigung ertragen.«
    Bei Bobby trafen die Protokolle einen Nerv, sie bestätigten sein Weltbild. Mehreren Freunden schickte er Exemplare des Buches. Einem schrieb er: »Ich studierte die Protokolle ganz genau. Ich glaube, jeder, der sie leichtfertig als Fälschung, Schwindel usw. abtut, macht sich etwas vor, kennt die Juden nicht oder ist ein Heuchler!« 1973 veröffentlichte auch einer der militantesten Antisemiten und Rassisten der Vereinigten Staaten, Ben Klassen, sein erstes Buch, Nature’s Eternal Religion (Die ewige Religion der Natur). Bobby hatte zwar nicht viel gegen Schwarze, aber Klassens Theorien über Juden gefielen ihm. Er schrieb: »Das Buch belegt, dass selbst das Christentum ein jüdischer Schwindel ist, ein weiteres Werkzeug zur Unterjochung der Welt.« So wie Regina ihr ganzes Leben für verschiedene – fortschrittliche und menschenfreundliche – Anliegen missioniert hatte, wurde jetzt Bobby zum Missionar. Der Apfel fällt nicht weit vom Stamm. Bobby war so verblendet, dass er die Protokolle und Nature’s Eternal Religion sogar an Jack und Ethel Collins schickte.
    Auch vom christlichen Glauben wendete Bobby sich nach seinem Bruch mit der Weltweiten Kirche Gottes ab. Er distanzierte sich von der Bibel, die doch das Fundament seines ganzen Glaubenssystems gewesen war. Die Idee, dass Gott in menschlicher Gestalt auf der Erde erscheint und dann 2000 Jahre lang »abtaucht«, kam Bobby jetzt »unglaublich und unlogisch« vor.
    Gegenüber allen, die anders dachten als er, wurde Bobby immer unduldsamer. Gleichzeitig zitierte er gern aus einem Lied von Les Crane, dessen Text besang, dass jeder im Universum ein Daseinsrecht habe. Der Widerspruch zwischen der sanften Toleranz des Liedtextes und seiner wachsenden Intoleranz fiel Bobby offenbar gar nicht auf.
    Die Geschwister Collins wussten nicht recht, wie sie mit Bobby und seinen neuen Überzeugungen umgehen sollten: Wenn alle ein Daseinsrecht hatten, warum hetzte Bobby dann gegen Juden? Später schickte Bobby den Geschwistern noch eine weitere Hasstirade, Secret World Government von Generalmajor Graf Cherep-Spiridovich. Juden seien Satanisten, behauptet das Buch, und hätten sich verschworen, die Weltherrschaft an sich zu reißen. Bobby erkundigte sich brieflich: »Haben euch die Bücher gefallen, die ich euch geschickt habe?« Jack Collins schwieg höflich.
    Bobby hatte einen komplexen Charakter. Hauptsächlich las er zwar Hetzschriften, aber eben auch anderes, wie etwa Dag Hammarskjölds kluge Sammlung von Aphorismen und Gedichten, Zeichen am Weg, oder Eric Hoffers The True Believer , das die psychologischen Gründe für Fanatismus beleuchtet. Bobby lernte aus dem Buch: »Die größte Gefahr für autoritäre Organisationen wie die Weltweite Kirche Gottes entsteht dann, wenn ihr Griff sich ein wenig lockert, wenn sie den Leuten mehr Freiheit lassen. Dann verlieren die Gläubigen ihre Angst. Die meisten Menschen sind wie Schafe und brauchen die Unterstützung der Herde.«
    Obwohl Bobby durchaus anerkannte, dass bestimmte linke Ansichten zutrafen, schien sich sein Herz der Welt gegenüber zu verhärten und verlor sein Mitgefühl für notleidende Menschen. Zu jener Zeit las er auch Nietzsche und ließ sich von Der Antichrist und Also sprach Zarathustra beeinflussen. Der deutsche Philosoph hatte zwar das Christentum gehasst – Jesus nannte er einen Idioten –, war allerdings entschieden nicht antisemitisch gewesen. Davon ließ Bobby sich nicht beirren.
    Regina sah, dass Bobby in eine Welt rassischer und religiöser Vorurteile abglitt. Als er sich weigerte, seinem offiziellen Vater, Hans Gerhardt Fischer, und dessen Familie finanziell auszuhelfen, nachdem sie wegen politischer Aktivitäten in Südamerika vorübergehend verhaftet worden waren und nach Frankreich fliehen mussten, schrieb Regina ihm einen gepfefferten Brief:
    Ich war wirklich schockiert, dass du dich geweigert hast, etwas zu unternehmen oder die Sache nur zu besprechen … Wie kann man nur tatenlos zusehen, wie jemand untergeht! Das schadet auch dem Untätigen. Es

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