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Endspiel - Genie und Wahnsinn im Leben der Schachlegende Bobby Fischer

Endspiel - Genie und Wahnsinn im Leben der Schachlegende Bobby Fischer

Titel: Endspiel - Genie und Wahnsinn im Leben der Schachlegende Bobby Fischer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Brady
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Zugang zum eigenen Fitnesstrainer der Kirche, Harry Sneider. Der ehemalige Champion im Gewichtheben nahm Bobby unter seine Fittiche und trainierte mit ihm Schwimmen, Gewichtheben, Tennis und Fußball. Die zwei freundeten sich an.

    Mit dem gleichen Eifer, mit dem Bobby sich früher Schachwissen angeeignet hatte, erweiterte er jetzt seine Allgemeinbildung. Die Bücherei des zur Weltweiten Kirche Gottes gehörenden Ambassador College nutzte ihm dabei allerdings wenig: Sie enthielt nur Bücher zu Religion und Theologie. Bobby wollte andere Meinungen kennenlernen und neue Gebiete erkunden. Nachdem er überdies erfahren hatte, dass in der College-Bibliothek Insektizid gegen Termiten versprüht worden war, betrat er sie nie wieder.
    Botwinnik mag recht gehabt haben, als er Bobby einen Mangel an Kultur und Bildung vorwarf. Doch Bobby war entschlossen, diesen Mangel zu beheben. Er wurde zum echten Bücherwurm. Erst plünderte er die Buchläden in Pasadena, und als er dort nichts Neues mehr fand, fuhr er mit dem Bus ins nahe Los Angeles und durchkämmte dort die Regale der Buchhandlungen.
    Über die Wurzeln von Fischers wachsendem Judenhass gibt es zahlreiche Theorien. Waren sie in seiner Kindheit zu suchen, bei seiner (nominell) jüdischen Mutter und ihren jüdischen Freunden? In seiner Feindschaft gegen die vornehmlich jüdische amerikanische Schachstiftung? Oder setzte sein Antisemitismus erst ein, als er sich mit Stanley Rader überworfen hatte? (Rader gehörte zwar der Weltweiten Kirche Gottes an, war als Kind aber jüdisch erzogen worden.) Beeinflusste ihn Forry Laucks mit seinen Naziparolen? Oder stieß er in Büchern, die er in seiner Zeit in Kalifornien verschlang, auf diese Ideen? Vielleicht spielten alle diese Faktoren eine Rolle.
    In seinem Buch The Wicked Son beschreibt der Pulitzerpreisträger David Mamet den prototypischen sich selbst hassenden Juden. Seine – durchaus diskussionswürdige – Beschreibung könnte auch auf Bobby passen: »Der Judenhasser beginnt mit einer Behauptung, die ihn erhebt und beruhigt. Dass es nämlich eine Kraft des Bösen gibt, die er rühmlicherweise entdeckt und mutig benannt hat. Indem er sich ihr entgegenstellt, verdient er höchstes Lob. Man triumphiert über das Böse und wird so ein Gott, ohne weitere Anstrengung. Man muss nur seine eigene Göttlichkeit akzeptieren. In Ignoranz der Praktiken seines Stammes zieht es den Glaubensabtrünnigen zu denjenigen, die er als anders betrachtet. Wie ein Halbwüchsiger glaubt er, dass die Andersartigkeit an sich schon verdienstvoll sei. Aber diese neuen Gruppen sind für den Glaubensabtrünnigen nur anziehend, weil sie fremd sind.«
    Aber das Andere ist auch nicht perfekt, wie Bobby schließlich feststellen musste. Auch von der Weltweiten Kirche Gottes wandte er sich enttäuscht ab. Herbert W. Armstrong hatte für 1972 nämlich eine globale Katastrophe und die Wiederkunft des Messias prophezeit. Ende 1973 verriet Bobby den Autoren des Ambassador Report, der sehr kritisch über die Sekte berichtete, Folgendes: »Der Knackpunkt waren für mich die unerfüllten Prophezeiungen … Sie haben mir gezeigt, dass Armstrong schlicht ein Schwindler ist … Ich dachte, ›Das ist nicht in Ordnung. Ich habe ihnen so viel Geld gegeben. Seit Jahren erzählte man mir das [dass die Weltweite Kirche Gottes 1972 an einen sicheren Ort fliehen würde]. Und jetzt streitet er regelrecht ab, es je gesagt zu haben, wenn er es doch hundert Mal gesagt hat.‹ … Hat sich die Prophezeiung erfüllt? Ach was, Armstrong ist ein Fleisch gewordener Elmer Gantry. Wenn Gantry der Elias der religiösen Schwindler war, ist Armstrong ihr Christus. Keine Chance, dass er wirklich Gottes Prophet ist. Entweder Gott ist ein Masochist und lässt sich gerne zum Narren machen, oder Herbert Armstrong ist ein falscher Prophet.«
    Kaum dass er sich versah, war Bobbys Preisgeld aus Reykjavik dahingeschmolzen, während Rader und Armstrong in der Weltgeschichte umherjetteten, feudale Partys gaben und Geschenke an Politiker verteilten. »Das Ganze ist so krank«, schimpfte Bobby.
    Im Zentrum von Los Angeles stieß Bobby in einem modernen Antiquariat auf ein staubiges altes Buch namens Die Protokolle der Weisen von Zion . Diese unsägliche Hetzschrift aus dem Jahr 1905 gibt vor, den jüdischen Plan zur Unterjochung der ganzen Welt darzustellen. Bis heute finden sich Menschen, die dumm und rassistisch genug sind, diesen ausgekochten Unfug für ein Sachbuch zu halten. Um den Judenhass zu

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