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Endspiel - Genie und Wahnsinn im Leben der Schachlegende Bobby Fischer

Endspiel - Genie und Wahnsinn im Leben der Schachlegende Bobby Fischer

Titel: Endspiel - Genie und Wahnsinn im Leben der Schachlegende Bobby Fischer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Brady
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Verhaftung, die im Frühling oder Sommer 2000 stattgefunden haben soll, keinerlei Beleg. Aber man kann sich gut vorstellen, wie Bobby japanischen Zöllnern mit seinem Rucksack voller Kräuter verdächtig vorkam. Bei der anschließenden Befragung wird er ungehalten und unkooperativ gewesen sein, man kennt ihn ja. Gut möglich, dass man ihn wegen seines Umgangstons eingesperrt hat – wenn es denn jemals zu einem solchen Zwischenfall kam.
    Am 11. September 2001 ließ Bobby seine vielleicht schrecklichsten Sätze los. Radio Baguio rief bei ihm an (er befand sich gerade in Tokio) und bat ihn um einen Kommentar zu den Anschlägen auf das World Trade Center und das Pentagon. Mit seiner zwölfminütigen Antwort brachte Bobby ganz Amerika gegen sich auf. Seine Polemik war eine Breitseite gegen eine trauernde Nation – und in voller Länge im Internet abrufbar.
    Es lässt sich ohne Übertreibung sagen, dass Bobbys Worte die hasserfülltesten waren, die je ein Amerikaner für sein Land im Radio gefunden hat. Und sie sollten ihm zum Verhängnis werden. Hier ein Auszug:
    Fischer: Ja, nun, das sind tolle Nachrichten. Wurde auch Zeit, dass jemand den verdammten Amerikanern eins auf die Mütze gibt. Höchste Zeit, ein für alle Mal mit den Vereinigten Staaten aufzuräumen.
    Interviewer: Sie sind glücklich über die Ereignisse?
    Fischer: Ja, ich applaudiere der Tat. Scheiß-Amerika. Ich möchte das Land ausgelöscht sehen … Die Vereinigten Staaten beruhen auf Lügen. Auf Diebstahl. Schauen Sie sich an, was ich für das Land getan habe. Niemand sonst hat im Alleingang so viel für die Vereinigten Staaten getan wie ich. Das glaube ich wirklich. Wissen Sie, als ich 1972 die Weltmeisterschaft gewann, hatte Amerika das Image, ein Football-Land zu sein, ein Baseball-Land, aber niemand hielt es für ein intellektuelles Land. Ich habe das ganz allein verändert … Aber ich hoffe, dass es etwa so läuft wie in Sieben Tage im Mai und ein paar Vernünftige sich zur Macht putschen.
    Interviewer: »Vernünftige«?
    Fischer: Vernünftige Generäle, ja. Die werden die Juden verhaften und mindestens ein paar Hunderttausend von ihnen hinrichten … Ich sage: Tod für Präsident Bush! Tod für die Vereinigten Staaten. Verdammte Staaten! Verdammte Juden! Die Juden sind ein Volk von Gaunern. Sie verstümmeln ihre Kinder. Sie sind mordende, kriminelle, diebische, verlogene Bastarde! Sie haben den Holocaust erfunden. Nicht ein Wort davon ist wahr … Das ist ein wunderbarer Tag. Verdammte Vereinigte Staaten. Weint, ihr Heulsusen. Winselt, ihr Bastarde. Eure Zeit ist abgelaufen.

14. Kapitel Verhaftung und Rettung

    B obby Fischer war noch immer ein gesuchter Straftäter, dem im Fall einer Verurteilung zehn Jahre Gefängnis drohten. Da aber inzwischen neun Jahre vergangen waren, ohne dass ihn irgendjemand zu verfolgen schien, fühlte Bobby sich offenbar völlig sicher. Er reiste nach Herzenslust herum und tat praktisch, was er wollte. Er war Multimillionär und hatte eine ihn liebende Partnerin. Dass er nicht nach Hause konnte, dass er ein Heimatloser war, ein moderner Fliegender Holländer, störte ihn nicht weiter. Doch dann kam die Episode mit dem aufgelösten Lagerraum, die ihn völlig aus der Bahn warf. Bobby hatte mit der Versteigerung nicht nur alte Briefe und Partieformulare verloren, sondern einen Teil seiner Vergangenheit, seiner Persönlichkeit.
    Bobby hatte sich selbst verloren – und den Bezug zur Realität.
    In seiner rasenden Wut vergaß er jede Vorsicht. Hätte er seine unsäglichen Aussagen auf Radio Baguio von 2001 nur zehn Jahre früher gemacht, niemand hätte sie gehört, und er hätte unbehelligt weiterleben können. Doch 2001 wurden seine Ausfälle über das Internet in alle Welt getragen. Amerika und seine Regierung hörten genau, was er da sagte.
    Nach seiner 9/11-Tirade fielen die Medien einhellig über ihn her. Der amerikanische Schachbund stellte den Antrag, ihm seine Mitgliedschaft zu entziehen, und selbst einige seiner engsten Freunde, die ihm noch seine antisemitische Hetze von 1992 verziehen hatten, schüttelten nur noch den Kopf. Hunderte Bürger wandten sich an das Weiße Haus und das Justizministerium und verlangten Bobbys Verhaftung, sie sei längst überfällig. Und tatsächlich beschloss das Justizministerium, Bobbys Festnahme und Auslieferung jetzt aktiv voranzutreiben.
    Bobby muss gewusst haben, dass er sich mit seinen Kommentaren Ärger einhandelte. Doch als in den Wochen danach nichts passierte, fühlte er

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