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Endspiel - Genie und Wahnsinn im Leben der Schachlegende Bobby Fischer

Endspiel - Genie und Wahnsinn im Leben der Schachlegende Bobby Fischer

Titel: Endspiel - Genie und Wahnsinn im Leben der Schachlegende Bobby Fischer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Brady
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war), und die Luft war, wie er bei einem früheren Besuch festgestellt hatte, »schlecht«. Die Luft in der Espergardi-Straße war übrigens einwandfrei – Bobbys Atemprobleme waren krankheitsbedingt.
    Bobby lebte zwar Zigtausend Kilometer von Miyoko entfernt, doch die zwei blieben über E-Mail und Telefon in Kontakt. Sie kam nach Reykjavik, sooft es ihr Job in einer Arzneimittelfirma – und ihre Tätigkeit als Herausgeberin einer Schachzeitschrift – zuließ. Meistens blieb sie zwei Wochen; Gardar zufolge verstanden die beiden sich weiterhin prächtig. Die Sverrissons und die Fischers machten Wochenendausflüge aufs Land, übernachteten in sympathischen Herbergen und genossen die majestätische Mondlandschaft Islands. Gemeinsame Abendessen waren freudige Ereignisse. »Die zwei gaben ein liebevolles Paar ab und verhielten sich wie Eheleute, die sich ihre Zuneigung in tausend kleinen Gesten zeigen«, sagte Gardar. Vielleicht hoffte Bobby ja, Island eines Tages verlassen und Miyoko überreden zu können, dauerhaft mit ihm in einem fremden Land zu leben.
    Die Wohnung, für die Bobby sich schließlich entschied, war ausgesprochen schlicht. Er hätte sich etwas viel Größeres leisten können, doch sie genügte seinen Ansprüchen vollauf. Sie verfügte über ein kleines Schlafzimmer, eine mittelgroße Wohnküche und einen französischen Balkon mit Blick aufs Meer. Bobby richtete sie einfach, aber komfortabel ein. Matisse-Poster zierten die Wände.
    Gut möglich, dass Bobby sich für die 14 Millionen Kronen (etwa 160 000 Euro) teure Wohnung entschied, weil sein Freund Gardar im gleichen Haus wohnte. Einarsson zufolge war Bobby zu jenem Zeitpunkt schon krank, auch wenn er das anderen – und sich selbst – nicht eingestand. Da konnte es nicht schaden, Freunde um sich zu haben. Besonders praktisch: Gardars Frau war Krankenschwester.
    In seiner neuen Wohnung fand Bobby schnell in eine leicht veränderte Routine. Wie bisher stand er zwischen Mittag und 14 Uhr auf, trank seinen Karottensaft und ging frühstücken. Wenn es ihm gut ging, wanderte er oft die sehr lange Strecke zum Anestu Grösum. Bobby fuhr nie selbst Auto, und wenn er zu einem weiter entfernten Ziel musste, nahm er den Bus. Ein Freund erzählte: »Er war zwar Millionär, fand es aber idiotisch, für ein Taxi zu bezahlen. Es machte ihm nichts aus, in Wind und Wetter draußen zu stehen und auf einen Bus zu warten. Die meisten Isländer waren da zimperlicher. Im Bus machte er sich immer einen Spaß daraus, die Leute zu beobachten.« Autofahrten machten ihn hingegen nervös. Er bestand darauf, dass der Fahrer immer beide Hände am Lenkrad hatte, nie zu schnell fuhr und alle Verkehrsregeln beachtete. Im Bus setzte er sich immer in die Mitte, den seiner Ansicht nach sichersten Ort.

    Fischer entkam dem Schach nicht, sosehr er sich das vielleicht auch gewünscht haben mag. »Ich hasse das alte Schach [im Gegensatz zu seinem Fischer Random Chess] und die alte Schachszene«, schrieb er einmal einem Freund. Trotzdem kamen immer wieder Organisatoren aus Russland, Frankreich, den Vereinigten Staaten und anderen Ländern nach Reykjavik und versuchten, ihn zum Spielen zu überreden. Egal, was für ein Schach, Hauptsache, er trat wieder öffentlich an. Seit dem zweiten Match Fischer–Spasski waren schon wieder mehr als 13 Jahre vergangen, und man munkelte, fürchtete, er werde nie wieder spielen. Würde er seine Brillanz noch einmal öffentlich zeigen?
    Einmal wurde kurz die Möglichkeit eines weiteren Aufeinandertreffens von Fischer und Spasski (der auch bereit war, Fischer Random Chess zu spielen) erwogen, doch die Gespräche verliefen schon nach wenigen Tagen im Sand. Der Möchtegern-Organisator des Matches, Dr. Alex Titomirow, lud Spasski zu Gesprächen nach Reykjavik ein. Verstärkt wurde das Duo durch den kanadischstämmigen Joel Lautier, den Topspieler Frankreichs. Bei dem Treffen mit Bobby stellte sich jedoch heraus, dass Titomirow gar nicht an einem weiteren Duell Fischer–Spasski interessiert war, sondern an einer Begegnung Fischer–Kramnik. Spasski sollte lediglich mithelfen, Fischer zu überreden, »zum Schach zurückzukehren«. Als Spasski herausbekam, dass gar nicht er gegen Fischer antreten sollte, beschimpfte er Titomirow wütend. Bobby pflichtete ihm aus vollem Herzen bei und bezeichnete Titomirows Verrat als typisch russische Intrige.
    Auch andere Angebote lehnte Bobby als uninteressant oder unseriös ab. Etliche Freunde Bobbys bekamen dabei den

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