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Endstadium

Endstadium

Titel: Endstadium Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner-Verlag
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soll ich Ihnen etwas anderes sagen? Sie wissen wie ich, worauf es ankommt. Und es ist ja auch die Botschaft, die Sie senden wollen. Deshalb haben Sie sich doch an unser Magazin gewandt, Frau Rosell! Und Sie haben es richtig gemacht! Das sind Geschichten, die das Leben schreibt, und die die Leser interessieren. Und jeder wird denken: Was ist der Arzt für ein Schwein, dem damals dieser Fehler unterlaufen ist.«
    »Vorsichtig mit dem Fehler«, mahnte Stephan wieder. Er rutschte unruhig auf seinem Stuhl.
    »Ja, ja.« Der Journalist nickte. »Ich habe verstanden. Wir gehen mit solchen Dingen profimäßig um, glauben Sie mir. Wir wollen auch keine Unterlassungsklage gegen den Verlag. Wir wollen einfach unsere Umsätze.«
    Er klappte sein Notizbuch zu.
    »Ich bin für unser Magazin immer auf den Kanaren vor Ort und liefere nach Deutschland. Welcher Promi ist da? Welche Skandale bahnen sich an? Was gibt es zu lachen oder was gibt es zu beweinen? Ein beneidenswerter Job, oder? Mal Gran Canaria, mal Teneriffa, mal Lanzarote. Aber die Geschichten brauchen auch ihre Bilder, das verstehen Sie doch.«
    Jetzt stand er auf.
    »Ich habe meine Fototasche draußen. – Wir müssen uns insbesondere um die richtige Ausleuchtung kümmern.«
    Er ging hinaus.
    Frau Rosell blieb unbewegt in der Ecke stehen. Sie sah mitleidig auf ihren Mann, der das Gespräch still verfolgt hatte. Wie musste er sich fühlen? Was musste er denken? Stephan erhob sich und trat angewidert an das Fenster, das zum Hang gelegen war, und öffnete es.
    Er hörte scharrend rutschendes Erdreich und kleine Steine, die hell klingend auf den Asphalt sprangen. Stephans Blicke folgten irritiert den Geräuschen, und er sah noch eben einen Mann über die kleine Straße davon hasten. Er war sofort hinter einem hervorspringenden Mauersims verschwunden. Der langsam zu Boden sinkende bräunliche Staub verriet, dass er auf dem kleinen Hang gegenüber gestanden hatte. Stephan lehnte sich weiter hinaus. Man konnte nur das Ende der Sackgasse und die karminrote Mauer von Rosells Haus sehen. Vermutlich hatte der Mann hinter der Palme gestanden, deren Wurzeln sich in das abschüssige trockene Erdreich am Hang krallten.
    Als sich Stephan umwandte, begann der Journalist, seine Fotogerätschaften aufzubauen.
    »Werden Sie von irgendjemandem beobachtet?«, fragte Stephan Frau Rosell.
    »Beobachtet?«, wiederholte sie irritiert.
    Stephan erzählte, was er gesehen hatte.
    »Ein dickerer Typ, vielleicht Mitte 60?«, fragte sie weiter.
    Stephan bejahte erstaunt.
    »Kennen Sie ihn?«
    Sie schüttelte den Kopf. »Er schnüffelte schon gestern hier rum. Ich habe nichts zu verbergen. Vielleicht ist es ein anderer Reporter.«
    »Wir waren uns doch einig, dass wir die Story exklusiv machen«, bemerkte der Journalist verärgert, während er an seinem Stativ schraubte und Frau Rosell misstrauisch aus den Augenwinkeln heraus musterte.
    »Von uns weiß keiner was«, bekräftigte Julita Rosell.
    »Von mir erst recht nicht«, ergänzte Stephan.
     
    Das geeignete Foto entstand schon beim ersten Auslösen. Der Journalist war begeistert. Er hatte das Zimmer hell ausgeleuchtet und begutachtete das Ergebnis seiner Mühe im Detail. Man werde Rosells Gesicht in der Redaktion überarbeiten, entschied er. Es sollte jetzt noch rosiger sein, ab dem nächsten Mal werde man zunehmend Grautöne einmischen. Das letzte Bild vom lebenden Justus Rosell werde nur schwarz-weiß sein. Schwindende Farbe symbolisiere schwindendes Leben, fand er.
    »Der Tod gehört dazu«, entschuldigte er.

10
    Stephan ging nachdenklich ins Hotel zurück. Man hatte vereinbart, von nun an jede Woche montags zur gleichen Uhrzeit einen Termin mit dem Journalisten abzuhalten. Jour fixe für die Illustration des nahenden Todes.
     
    Mit den Eheleuten Rosell verabredete sich Stephan unabhängig davon für jeden zweiten Tag, wenn nichts Außergewöhnliches anstand. Er würde also abwechselnd einen Tag Urlaub mit Marie in der Sonne und am Strand machen und einen Tag – vielleicht auch nur für jeweils wenige Stunden – Begleitung am Sterbebett leisten.
     
    Marie lag am mittleren Pool der Hotelanlage unter einem Sonnenschirm. Sie hatte die Sonnenbrille lässig in die schwarzen Haare gesteckt und las die neueste Ausgabe von ›myself‹. Als sie Stephan bemerkte, legte sie das Magazin zur Seite. Sie hatten vereinbart, dass sie sich nach Stephans Besuchen bei Rosell immer hier treffen wollten.
    »Und?«, fragte sie.
    Er setzte sich zu ihr auf das

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