Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Endstadium

Endstadium

Titel: Endstadium Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner-Verlag
Vom Netzwerk:
bestätigte, dass sein Patient Rosell tatsächlich so krank geworden ist.«
    »Stimmt«, bestätigte Schürmann.
    »Und was soll er davon haben?«, wollte Stephan wissen.
    »Sie haben es gestern verhandelt, Herr Knobel. Die Zeitungen berichten es. Er bekommt eine Abfindung für das angeblich erlittene Unrecht, das ihm Rosell durch die vermeintlichen Falschbehauptungen zugefügt hat. Vermutlich hat er noch mehr gekriegt. Jetzt wird er durch die wirksame Darstellung nach außen rehabilitiert.«
    »Aber die 200.000 sind doch vergleichsweise wenig für die Rufschädigung, die er im Laufe der Zeit erlitten hat«, hielt Stephan dagegen. »Ich habe die Umsatzeinbußen nicht überprüft, aber es wird stimmen, dass er als Folge der zahlreichen Medienberichte viele Patienten verloren hat.«
    »Hat er bestimmt«, mischte sich Frau Schürmann ein. »Aber er hatte nach unseren Recherchen auch nie eine Praxis, die sich durch besondere Kompetenz auszeichnet. Er gilt in Medizinerkreisen als netter, aber in seinen fachlichen Leistungen nur durchschnittlicher Kollege. Er hatte seine Facharztqualifikation offensichtlich nur mit Mühen erwerben können und sich bei den Fortbildungen in der Folgezeit immer auf das Notwendigste beschränkt. Er gilt nicht als wissensdurstig. Hobbeling ist so etwas wie ein Lebemann. Die Praxis ist gewiss nicht seine Leidenschaft. Er hat häufig geschlossen. Kurz: Wenn man einen Fachmann sucht, geht man nicht zu ihm.«
    »Das ist mir zu dürftig«, sagte Stephan.
    Schürmann bestellte ein weiteres Bier. Das erste trat gerade durch die Schweißdrüsen in seinem Gesicht aus. Er wischte mit seinem karierten Stofftaschentuch die nassen Perlen von seiner Stirn.
    »Stellen Sie sich vor, Herr Knobel, Sie stellen besorgniserregende Symptome irgendeiner Krankheit an Ihrem Körper fest. Welchen Arzt suchen Sie auf?«
    »Den Arzt meines Vertrauens«, antwortete Stephan floskelhaft.
    »Und wenn Sie keinen Arzt Ihres Vertrauens haben?«, fragte Schürmann.
    »Dann suche ich mir einen Spezialisten aus. Vielleicht suche ich ihn im Internet oder in den Gelben Seiten. Oder mir wird ein guter Arzt von jemandem empfohlen.«
    »So ist das wohl«, bestätigte Schürmann. »Kommen Sie als Dortmunder zufällig darauf, einen Arzt in Unna aufzusuchen? – Doch wohl eher nicht, weil ich unterstelle, dass Ihre Stadt genügend qualifizierte Ärzte hat, die Sie schnell erreichen können.«
    »Unna ist nur rund 25 Kilometer entfernt.«
    »Es ist aber nicht nahe liegend, Herr Knobel, und zwar im doppelten Sinne. Es ist nicht nachvollziehbar, wie Rosell Patient von Hobbeling geworden ist, ohne dass diesen Arzt irgendetwas fachlich empfiehlt, das die Fahrt nach Unna plausibel macht.«
    »Also gab es eine Empfehlung oder schon vorher eine persönliche Beziehung zwischen den beiden«, folgerte Stephan.
    Schürmann hob fragend die Schultern.
    »Wir denken, dass dies die einzig wahrscheinlichen Alternativen sind. Aber wir können da nicht weiter ermitteln. Aus dem Prozess heraus ergab sich auf diese Frage keine Antwort, und weitere Ansatzpunkte finden wir nicht. Wir sind nicht nahe genug dran – wie etwa Sie es sind.«
    Stephan verstand den Hinweis.
    »Ermittelt die Polizei nicht?«
    »Nein. Es ist bislang weder ein Betrug vollendet noch versucht worden. Wir sind erst in der Vorbereitungsphase. Die Fakten stinken zum Himmel, sind aber gleichwohl objektiv dünn. Man muss nur die Anzeichen zu deuten wissen. So wie ich.«
    »Deshalb ermittelt Ihre Gesellschaft auch nicht offiziell«, mutmaßte Stephan.
    »Sie verwendet derzeit kein Personal darauf, aber man verfolgt in der Vorstandsetage den Fall mit großem Interesse«, erklärte Schürmann und grinste. Er hob das Glas.
    »Aber ein Knackpunkt bleibt, Herr Schürmann«, widersprach Stephan. »Unterstellt, es ist alles so, wie Sie vermuten: Die Geschichte verlangt am Ende doch einen toten Rosell. Denn die Versicherung wird nicht zahlen, wenn sein Tod nicht festgestellt wird. Oder glauben Sie, dass es hier auf Gran Canaria einen Arzt gibt, der wider besseres Wissen den Totenschein ausstellt und bescheinigt, dass Rosell an einem bösartigen Tumor verstorben ist?«
    Schürmann lachte.
    »Ja, auszuschließen ist nichts. – Aber Sie stellen natürlich die zentrale Frage. Und wir glauben, dass wir eine Antwort auf diese Frage haben. – Wissen Sie, das betrügerische Erschleichen einer Versicherungsleistung kommt ja ständig vor. Man liest immer wieder in der Presse, dass Menschen, die hohe

Weitere Kostenlose Bücher