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Endstadium

Endstadium

Titel: Endstadium Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner-Verlag
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weit gegangen war. Auf den Autobahnschildern standen Hinweise nach Puerto de Mogán.
    »Unser Ziel«, sagte er. »Das wird Ihnen gefallen, glauben Sie mir!«
    »Und Sie haben sich als Polloschek in das Hotel eingebucht?«, nahm Stephan das Gespräch wieder auf.
    »Als Polloschek nicht, das werden Sie doch in Erfahrung gebracht haben, oder? – Nein – schon unter unserem richtigen Namen. Geht ja auch nicht anders. Sie müssen doch die Ausweise vorlegen. Ich war Sachgebietsleiter bei der Quovoria, ich bin kein Geheimagent mit getarnter Identität. Aber ich wollte nicht, dass Sie mir oder meiner Frau auf die Spur kommen. Deshalb habe ich darauf hingewirkt, dass man an der Rezeption in keinem Fall unsere Namen preisgibt. Ich habe einfach gesagt, ich sei ein Europapolitiker und wollte nicht gestört werden. Ständig sei die Presse hinter mir her …« Er lachte, bis er husten musste. »Europapolitiker, so etwas geht immer«, erklärte er. »Man ist unheimlich wichtig. Und zugleich darf man sich sicher sein, dass niemand die behauptete Identität hinterfragt. Wer kennt schon einen Europapolitiker? Eine wunderbare Tarnung.«
    »Der Europapolitiker Schürmann«, staunte Stephan.
    »Und somit waren wir geschützt«, erklärte der andere weiter. »Ich habe also beobachtet. Meine Frau und ich sind zwei Tage nach Erscheinen des Zeitungsartikels, in dem berichtet wurde, dass Rosell zum Sterben nach Gran Canaria übersiedelt, hier angekommen. Und seither versuche ich, ihn beim Sterben zu beobachten, das heißt, ihn beim gesunden Leben zu erwischen.« Schürmann grinste zufrieden.
    »Deshalb klettern Sie immer in den Hang hinter Rosells Haus?«
    »Natürlich. So kann man über die rote Mauer schauen und in die Festung blicken. Man sieht insbesondere das Zimmer, in dem Rosell liegt. Ich habe ihn mehrfach dort gesehen, wenn das Fenster geöffnet ist. Mittlerweile glaube ich, dass das Fenster nur geöffnet wird, wenn er dort liegt. Denn ich weiß, dass die Rosells mich entdeckt haben. Das ist eine dumme Sache, aber auch nicht zu ändern. Ich bin nicht so sportlich und so leicht, dass ich mich wie ein Eichhörnchen über den Hang bewege. Als Sie mich dann bemerkt haben, wurde es Zeit, dem Villa del Conde den Rücken zuzukehren. Sie wussten, dass ich Rosell beobachtete und gezielt zu Ihnen Kontakt aufgenommen hatte. Also raus. Jetzt, wo ich weiß, dass Sie auf der richtigen Fährte sind, ist alles kein Problem mehr.«
     
    Sie erreichten Puerto de Mogán. Der kleine Ort schmiegte sich an einen Hügel und präsentierte sich auf den ersten Blick als Fischerdorf mit südlichem Charme und Flair. Schürmann parkte das Auto. Dann gingen sie durch hübsche Flaniergassen zwischen zweistöckigen, schneeweißen Häusern mit prächtig leuchtenden Blumen auf den Holzbalkonen zum Jachthafen. Ein Restaurant reihte sich an das andere. Sie umrundeten die Hafenmole, in der Fischschwärme im glasklaren Wasser flüchtig aufglänzten und wieder ruckartig in der Tiefe verschwanden. Schließlich erreichten sie ein Café, in dem Frau Schürmann saß.
    Sie begrüßten sich.
    »Puerto de Mogán ist unser neues Domizil«, sagte sie und bestellte eine weitere Cola.
    »Warum sind Sie so sicher, dass alles ein Betrug ist?«, wollte Stephan wissen.
    »Sie haben die Akte über den damaligen Prozess gelesen, nehme ich an«, sagte Schürmann. Er bestellte ein Bier.
    Stephan bejahte.
    »Was ist Ihnen aufgefallen?«
    »Der Prozess ist verloren gegangen, weil Rosell nicht beweisen konnte, dass Hobbeling bei der ersten Untersuchung den Tumor nicht entdeckt hatte, obwohl er mutmaßlich zu diesem Zeitpunkt erkennbar und auch noch operabel war. Bei der nächsten Untersuchung war dann alles zu spät«, fasste Stephan zusammen.
    »Richtig, Herr Knobel«, bestätigte Schürmann. »Ich habe den Prozess beobachtet und war in der Verhandlung dabei. Außerdem wurde ja alles in der Presse ausgewalzt. Jetzt stellen Sie sich vor, dass Rosell nur knapp zwei Jahre vor dem Zeitpunkt, an dem die vermeintlich erste Untersuchung stattgefunden haben soll, eine Lebensversicherung abgeschlossen hat, die eine auch für unsere Gesellschaft ungewöhnlich hohe Auszahlungssumme vorsieht. Die Versicherer freuen sich über solche Geschäfte, aber sind natürlich auch misstrauisch. Im Versicherungsantrag hat Rosell bestätigt, dass er keine Vorerkrankungen hat.«
    »Was ja auch sein kann, wenn es sich um einen plötzlich auftretenden und dann schnell wachsenden aggressiven Tumor handelt«, entgegnete

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