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Endstation Färöer

Endstation Färöer

Titel: Endstation Färöer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jógvan Isaksen
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stand mitten auf dem Fußgängerbereich und machte keine Anstalten, sich von dort fortzubewegen. Vom Fahrerplatz blickte ein kaltes Gesicht aus dem Fenster, der Fahrer saß im Halbdunkel und ich konnte ihn nicht richtig erkennen, aber der verschlossene Polizeiausdruck versprach nichts Gutes.
    Keiner sagte etwas und es hätte auch keinen Sinn gehabt, denn die Scheiben waren hochgedreht und der Typ da drinnen machte keine Anstalten, etwas an dem Zustand der Dinge zu ändern. Als ich gerade um das Auto herumgehen wollte, kam eine schmale Hand aus dem Schatten im Auto zum Vorschein und drückte auf die Hupe. Es war Duruta.
     
    Während wir am nächsten Morgen frühstückten, dachte ich an Harald. Ich hatte angerufen, aber niemand hatte abgenommen. Er konnte überall sein, aber so recht gefiel es mir nicht. Duruta versuchte mich zu beruhigen, sagte, dass Harald wahrscheinlich eine Angeltour machte oder wie üblich in der Vágsbotnur herumpusselte. Das konnte ich nicht glauben, nach den Ereignissen der letzten Nacht war die Vágsbotnur nicht gerade die erste Adresse, wo Harald sich zeigen würde. Er wusste, wie gefährlich die Männer vom Schoner waren.
    Erneut begann der Film mit Andreas-Petur vor meiner inneren Leinwand abzulaufen, und um die Vorstellung zu unterbrechen, machte ich mich von dem Gedanken frei und bat Duruta, auf dem Revier anzurufen und sich nach Harald zu erkundigen.
    Duruta protestierte, aber als ich ihr damit drohte, nie wieder mit ihr ins Bett zu gehen, wenn sie es nicht täte, sah sie einen Augenblick lang nachdenklich aus.
    »Du setzt mich ganz schön unter Druck«, sagte sie schließlich mit einem verschmitzten Lächeln. »Das ist das beste Angebot, das du mir bisher gemacht hast. Und dann noch gratis. Kann ich es schriftlich haben?«
    Ich warf ein Brötchen nach ihr und sie ging lachend ins Schlafzimmer, um zu telefonieren.
    In der Zwischenzeit versuchte ich – ich weiß nicht, zum wievielten Mal – nachzudenken. Ich musste einen Überblick über die ganze Geschichte bekommen. Das durfte doch nicht sein, dass nazistische Monster und deren Handlanger einfach herumliefen und Leute umbrachten, während die Regierung des Landes sich abmühte, den Leuten, die den Nebel lüften wollten, Steine in den Weg zu legen.
    Ach, halt’s Maul!, sagte ich zu mir selbst. Das klingt ja wie ein besserer Monolog. Im Augenblick gibt es nur eins: Harald zu finden und mit ihm nach Sjeyndir zu fahren. Harald hat ein Boot, und wenn wir die Grotten gefunden haben, wird sich hoffentlich irgendetwas zeigen, sodass wir die Arschlöcher erwischen können. Hochzufrieden mit meiner genialen Gedankenreihe goss ich mir Kaffee ein und lehnte mich im Stuhl zurück.
    Die Selbstzufriedenheit währte nicht lange. Duruta kam aus dem Schlafzimmer und weder Freude noch Spott waren in ihrer Stimme.
    »Harald liegt auf der B8.«
    B8 ist die Intensivstation des Landeskrankenhauses, die Abteilung, in der die lebensgefährlich verletzten Patienten liegen. Die Zimmer sind voll gestopft mit Apparaten, damit man die Leute rund um die Uhr überwachen kann. Es war selten ein gutes Zeichen, wenn man dorthin gebracht wurde.
    Duruta musste mir angesehen haben, welche Gedanken und Überlegungen mir durch den Kopf gingen, denn sie beeilte sich hinzuzufügen: »Er ist nicht in Lebensgefahr. Aber wenn man so übel zugerichtet ist wie offensichtlich Harald, muss man vorsichtig sein. Niemand weiß, was plötzlich passieren kann.«
    »Was ist mit ihm geschehen?« Ich lief auf und ab. »Warum zum Teufel bin ich nicht nochmal runtergegangen?«
    »Und wo wäre da der Unterschied?« Jetzt klang Duruta wütend, und mit gemischten Gefühlen wurde mir klar, dass sie wütend war, weil sie Angst um mich hatte. »Damit sie dich auch noch zusammenschlagen konnten?«
    »Ich weiß nicht. Wenn wir zu zweit gewesen wären, hätten wir es vielleicht geschafft.«
    »So ein Quatsch.« Jetzt blitzten ihre Augen fast. »Harald ist nie so weit gekommen. Er ist heute Nacht bei den Bootsschuppen in Alaker gefunden worden. Zusammengeschlagen, aber am Leben. Die, die ihn sich vorgenommen haben, haben ihm ein Körperteil nach dem andern malträtiert. Ein Arm und ein Bein sind gebrochen, aber der Kopf hat nur eine Gehirnerschütterung. Sie hatten nicht vor, ihn umzubringen. Wer weiß, was das zu bedeuten hat, wenn alles andere, was du mir erzählt hast, stimmt.«
    Sie hatte Tränen in den Augen und ich zog sie zu mir heran und hielt sie fest, während ich ihr langsam über das

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