Endstation Färöer
der Hoffnung, an Bord ein Versteck zu finden. Das Beste war immer noch, in die Stadt zu rennen und mich unter die Leute zu mischen.
Mir schien, als hörte ich jemanden kommen, ich sprang in den Helgengraben und kroch unter eines der Boote. Aber höchstwahrscheinlich war ich von der Straße aus noch zu sehen, also blieb mir nichts anderes übrig, als unter ein Schiffsgerüst zu klettern, in altes Öl und allerlei unappetitliche Dinge. Ich legte mich in den Dreck und machte mich klein. Ich wusste nur zu gut, was mich erwartete, wenn sie mich fänden. Sie standen nicht weit entfernt oben auf der Straße, aber ich traute mich nicht zu gucken, damit mein Gesicht nicht aus dem Dunkel hier unten im Graben hervorleuchten würde. Mit der Nase so dicht dran, war der Geruch nicht der beste, und obendrein fühlte ich, wie das Öl in Pullover und Hose zog. Ihre Zeit als tragbare Kleidungsstücke war wohl vorbei.
Eine Weile geschah nichts und in meiner erniedrigenden Lage fielen mir ein paar Zeilen von Tom Kristensen ein:
Das Gras ist sonderbar hoch für einen Mann,
hier liegend mit der Nase auf der Erden,
beug ich mich, so tief ich kann,
wächst meine Erde und will immer größer werden.
Meine Welt war also groß, zu groß, jedenfalls von der Stelle aus gesehen, an der ich mich befand. Der Grund lag vielleicht darin, dass ich überhaupt nichts sehen konnte und mir deshalb zurechtfantasierte, was geschah.
Meine beiden Freunde standen offenbar immer noch dort und schauten über den Platz und nach Alaker hinüber, aber der Nebel war so dick, dass sie unter keinen Umständen auf die andere Straßenseite gucken konnten. Sie sprachen kurz miteinander und mir schien, ich hörte sie in verschiedene Richtungen verschwinden. Der eine wieder nach unten und der andere in die entgegengesetzte Richtung.
Hoffentlich war Harald schon weit genug weg, denn sonst wäre es nicht zu vermeiden, dass sie auf ihn stoßen würden. Er gehörte nicht gerade zur leisen Sorte.
33
Gegen zwölf war ich in der Stadt und aß Würstchen, die Angst erzeugt Hunger, ich hatte einen Bärenhunger. Leute auf dem Weg vom oder zum Tanz drängten sich um den Kiosk und Rufe nach zwei Gebratenen mit Kartoffelpüree, drei Normalen zum Mitnehmen kamen von allen Seiten gleichzeitig. Die beiden jungen Mädchen hinter der Theke waren glühend rot im Gesicht und ihre Hände zitterten, während sie mit großen Messern Brot für Hotdogs aufschnitten. Der Schweiß rann ihnen die Schläfen hinunter, aber niemand hier draußen schien Mitleid mit ihnen zu haben, sie waren einzig und allein daran interessiert, ihre Bestellung so schnell wie möglich zu bekommen.
Ich war etwas von der Luke weggetreten, aber nur so weit, dass ich meine Würstchen noch auf den Tresen legen konnte. Platzprobleme hatte ich nicht, keiner der Würstchenkäufer in Sonntagskleidung hatte Lust, mir zu nahe zu kommen. Die meisten sahen mich schräg an und kamen sogar mit einigen gemurmelten Bemerkungen, aber ich war auch merkwürdig anzusehen. Verständlich, dass die Leute lieber Abstand hielten. Ich hatte mich selbst im Fenster des Würstchenwagens gesehen und zweifelte nicht, dass ich gute Dienste als Kinderschreck tun würde. Mein Gesicht war ölverschmiert und strahlte nicht gerade Freundlichkeit aus. Die Kleidung war vorn so verdreckt, dass selbst eine Maschinenwerkstatt mich nicht reinlassen würde, und die Schuhe würden nie wieder zu gebrauchen sein.
Während ich aß, überlegte ich, wo Harald wohl war. Ich hatte in Reyn vorbeigeschaut, aber dort war er noch nicht gewesen. Hauptsache, er war ihnen entwischt. Ob ich zur Polizei gehen sollte?
Und was könnte ich dort sagen?
Dass wir beim Schoner gewesen waren, um der Besatzung hinterherzuspionieren, und dass sie uns entdeckt hatten und es uns jetzt heimzahlen wollten? Auf dem Polizeirevier würden sie mir sicher antworten, dass es uns nur recht geschähe und wir nächstes Mal unsere Nasen nicht in fremder Leute Angelegenheiten stecken sollten.
Vielleicht hätte Karl mich verstanden, aber inwieweit konnte er allein entscheiden? Ich hatte Angst, dass wenn sie Harald erwischten, mehr als eine Tracht Prügel zu erwarten war.
Der letzte Bissen verschwand im Mund, das Papier flog in den Abfallkorb und ich ging über den Platz und weiter zum Vaglið, um es noch einmal bei Harald zu versuchen.
Aber kurz vor dem Gamle Bokhandel hielt mich ein Polizeiwagen an, ein weißer Ford Sierra mit großen, schwarzen Buchstaben auf der Seite. Das Auto
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