Endstation Färöer
fragen und mir doch nicht glauben würde. Die Zeit war reif, dass ich endlich die Ereignisse vorantrieb und hoffentlich in den Griff bekam.
Als ich am Kadett vorbeigegangen war, war mir das Autowaschverbot auf Suðuroy eingefallen und hatte mich auf den Gedanken gebrachte, dass er, auch wenn ich ihn nun schon seit einer Woche fuhr, absolut keine Wäsche brauchte. Die Kühlerhaube war blank wie am ersten Tag. Mit den Schlüsseln in der Hand ging ich zurück zum Auto und schaute es genauer an. Die Kühlerhaube war sauber, frisch gereinigt wie der ganze vordere Teil. Ging man nach hinten, dann glänzte er nicht mehr. Ein merkwürdiges Auto, bei dem sich der Schmutz nur hinten ablagerte. Da bleibt am meisten haften, das ist bekannt, aber nur dort?
Jemand hatte am Kadett rumgefummelt!
Ich warf die Lederjacke, die Duruta mir geliehen hatte, auf den Boden und kroch unters Auto. Da war nichts zu sehen. Ich versuchte, unter den Motor zu gucken, aber das ging nicht. Wenn ich nur eine Taschenlampe hätte! Aber die hatte ich nicht.
Was nun? Ich konnte den Wagen einfach stehen lassen, ihn nicht anrühren. Aber ich wollte Bescheid wissen und kramte hervor, was ich über Autobomben wusste. Das war schnell geschehen, denn mein Wissen stammte einzig und allein aus Krimis. Hier flogen die Autos immer in die Luft, sobald sie gestartet wurden. Und manchmal auch, wenn die Fahrertür geöffnet wurde.
Ich kroch erneut unters Auto und kam mit der rechten Hand bis zum Kühler hoch, fühlte dort weiter, bis meine Finger das Schloss der Kühlerhaube fanden. Ich zog, so fest ich konnte, und hörte ein Klicken.
Als ich wieder unter dem Wagen hervorkroch, sah ich, dass die Kühlerhaube aufgesprungen war. Vorsichtig öffnete ich sie ganz. An der Metallwand auf der Fahrerseite war ein glänzender Zylinder mit Isolierband befestigt worden. Zwei dünne Leitungen, die eine schwarz, die andere weiß, führten zum Starter.
Ich hatte genug gesehen und schloss die Kühlerhaube wieder.
Jetzt wagte ich nicht mehr, durch die Tür in die Wohnung zu gehen, und begab mich deshalb zur Vorderseite des Reihenhauses, wo die Bewohner der oberen Etage ihren Eingang hatten. Zwischen dem Fußweg der Jóannes Paturssonargøta und der Hauswand, etwa einen Meter unterhalb der Straßenhöhe, lief eine fast zwei Meter breite Rinne an allen Häusern entlang. Zwei meiner Fenster zeigten auf die Rinne. Sie waren geschlossen, aber wie auch die Scharniere hatten sie gut vierzig Jahre auf dem Buckel, sodass ich mithilfe meines Taschenmessers schnell eins aufbekam.
Drinnen ging ich als Erstes in den Flur, um die Tür zu inspizieren, aber da war nichts. Sie waren wohl sicher gewesen, dass ich mit dem Auto in die Luft fliegen würde, warum sollten sie sich also die Mühe machen und an der Tür herumwerkeln. Ihr Fehler war gewesen, dass sie das Auto abgewischt hatten. Normalerweise wäre es mir gar nicht aufgefallen, aber in den letzten Tagen war ich ziemlich paranoid geworden.
Ich setzte mich für ein paar Minuten in die spartanische Küche und versuchte, meine Nerven zu beruhigen. Ein Mordanschlag auf die eigene Person strengt die Nerven reichlich an und ich brauchte einen großen Schnaps, aber der Verstand bremste diesen Wunsch. Ich musste nach Sjeyndir, und das so schnell wie möglich, damit dieser Albtraum endlich aufhörte.
Als ich den Telefonhörer abnahm, um auf dem Polizeirevier anzurufen, trug ich Lederschuhe, einen Pullover und eine blaue Steppjacke, die ich mir von meinem Wirt geliehen hatte.
Der Vermittlung nannte ich irgendeinen Namen und bat, mit Duruta Danielsen verbunden zu werden.
»Duruta Danielsen.« Diese professionelle Stimme unterschied sich ziemlich von der warmen Stimme, die ich in den letzten Tagen kennen gelernt hatte. Aber es gab da einen Beiklang, der die beiden miteinander verband.
»Ich bin’s …«
»Ach, du!« Die Stimme schien in ein Tal voller Ernst zu gleiten. »Piddi und Karl sind stinksauer und suchen dich überall …«
»Hör zu, Duruta«, unterbrach ich sie. Sie war sofort still. Entweder sie hatte das auf der Polizeischule gelernt oder sie hatte etwas in meiner Stimme gehört. »Ich fahre mit Haralds Boot in den Norden und sehe, ob ich dort etwas finden kann. Es kann so nicht weitergehen und die Landesregierung hat euch ja die Flügel gestutzt.«
»Und was ist mit Piddi und Karl?« Ich war erleichtert, dass sie nicht versuchte, mich von der Fahrt abzuhalten.
»Das lass nur meine Sorge sein. Die sind jetzt schon so sauer auf
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