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Endstation Färöer

Endstation Färöer

Titel: Endstation Färöer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jógvan Isaksen
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Jersey. Also komm mir nicht mit deinen Westmächten!«
    Er holte die Zigarilloschachtel aus der Tasche und nahm sich einen neuen. Er schien ausgezeichneter Laune zu sein. Entweder weil er mir die Vorlesung halten durfte oder weil sie schließlich doch noch das Gold gefunden hatten. Das kam für sie wohl unerwartet, denn offensichtlich hatten sie nicht selbst die Grottenöffnung gesprengt. Durch einen Zufall hatte das U-Boot hier ein Jahrzehnt nach dem anderen liegen dürfen, anstatt entdeckt oder vom Meer zerschmettert zu werden, und der gleiche Zufall war schuld daran, dass ich hier saß.
    »Was denkst du, warum es so vielen gelungen ist, zu entkommen? Glaubst du, das haben sie allein geschafft? Weit gefehlt! Das U-Boot, das ist eine andere Geschichte, zu der können wir auch noch kommen. Aber nimm nur zum Beispiel Ritschek. Was meinst du, wo er all die Jahre gewesen ist?«
    »In Paraguay?«
    »Nur in den letzten Jahren. Nein, Ritschek hat in Schweden gelebt, und obwohl die Behörden und die Polizei natürlich wussten, wer er war, ist es ihnen nicht im Traum eingefallen, es jemandem zu erzählen.«
    »Warum nicht?«
    »Du kennst dich in Geschichte nicht aus, wenn du so fragst. Du denkst an das Schweden von heute, den Wohlfahrtsstaat und Olof Palmes und Ingvar Carlssons internationale Rhetorik, aber dahinter gibt es ein anderes Schweden. Schweden war eines der sichersten Verstecke für unsere Parteigenossen. An Hilfe hat es dort nie gemangelt. Eine andere Sache, über die du dir offenbar nicht im Klaren bist, ist die, dass Dänemark der beste Fluchtweg für uns war. Einmal wegen der Nähe zu Schweden, aber auch weil in Dänemark niemand etwas unternommen hat. Das machen sie heute auch nicht. Land und Leute müssen zu den blödsinnigsten der Welt gehören. Kein Ernst, kein Rückgrat. Otto Skorzeni, von ihm hast du doch wohl gehört?«
    Ohne eine Antwort abzuwarten, fuhr er fort: »Skorzeni rettete Mussolini mit einem Segelflugzeug. Eine Heldentat. Aber er hat außerdem auch die Fluchtroute durch Dänemark organisiert. Er war es, der das SS-Lazarett im Schloss Gråsten zu einem Flüchtlingszentrum umfunktioniert hat. Josef Mengele, der berühmteste von allen, war eine Zeit lang dort. Selbst Himmler hielt sich in der Nähe auf. Er rechnete damit, in Schweden untertauchen zu können und dass Folke Bernadotte ihm helfen würde, nun ja, das trauten sich die Schweden nun doch nicht. Aber gerade Folke Bernadotte war uns ein treuer Freund. Warum er den Juden auch noch helfen musste, das weiß ich nicht, jedenfalls hat er seine verdiente Strafe erhalten, als sie ihn in die Luft gesprengt haben. Weißt du, wie sie jemanden wie Viktor Ritschek genannt haben? Den ›Nürnberg-Lackaffen‹!« Er lachte laut.
    Ernst Stangl erhob sich und ging auf und ab.
    »Wer hätte gedacht, dass es in einer Grotte so kalt ist. Ich habe immer gehört, dass es wärmer wird, je weiter man ins Erdinnere kommt.«
    Er schlug die Arme um sich.
    »Doppelmoral und Heuchelei, das ist das Einzige, was bei deinen Westmächten zu finden ist. Geld allein zählt für sie. Keine Ideale wie bei uns. Wir haben ein Ziel, auf das wir hinarbeiten, und wenn die Macht wieder unser ist, dann werden wir eine Welt schaffen, in der es sich zu leben lohnt. Und wir haben unsere Leute überall sitzen, selbst in den höchsten Positionen. Die, die von Anfang an dabei waren, sind jetzt natürlich langsam alt geworden, aber sie haben selbst ihre Nachfolger ausgewählt. Und du kannst sicher sein, dass diese nicht zufällig ausgewählt worden sind. Wir hatten und haben unsere Organisationen, von einigen hast du sicher gehört, auch wenn die meisten Bezeichnungen reichlich verfälscht sind: ODESSA, Die Spinne, Bruderschaft, Kameradenwerk, Die Schleuse und noch andere. Aber unsere Organisationen hätten nicht so viel Schlagkraft, wenn sie nicht von anderen Organisationen unterstützt werden würden.«
    »Was für Organisationen?«, warf ich ein.
    »Amerikanische, englische, französische, ja, sogar russische. Am hilfreichsten von allen war der CIA, die amerikanische Gegenspionage, dort gab es viele Leute, die nur auf diesem Feld engagiert waren. ›Operation Safehaven‹, ›Operation Ratline‹ und ›Operation Paperclip‹. Letztere war vor allem gegen Wissenschaftler gerichtet, ab und zu drangen sie auf russisches Territorium vor und entführten Leute.«
    Er grinste erneut höhnisch, sprach aber nicht weiter. Stattdessen ging er in den Torpedoraum hinaus. Ich konnte ihn dort

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