Endstation für neun
Bedienung zu ihm kam. Währenddessen schaute er sich um. Die Freundin der Brünetten auf der anderen Tischseite warf ihm ab und an einen gemessenen Blick zu.
Als er seinen Kaftee bekommen hatte, rührte er in der Tasse und blickte verstohlen zu der jungen Frau auf dem Stuhl neben ihm. In der vagen Hoffnung, für einen Stammgast gehalten zu werden, bemühte er sich, die Worte im Stockholmer Dialekt auszusprechen, als er sich an sie wandte:
»Wissen Sie, wo die blonde Malin heute Abend ist?«
Die Brünette starrte ihn an. Dann lächelte sie, beugte sich über den Tisch und sagte zu ihrer Freundin:
»Hö' ma', Eva, das Nordlicht hier fragt nach der blonden Malin. Weißt du, wo sie ist?«
Die Freundin sah Nordin an und rief dann jemandem an einem Tisch weiter hinten zu:
»Hier ist ein Bulle, der wissen will, wo die blonde Malin ist. Das weiß bestimmt keiner, was?«
»Nee«, ertönte es unisono von dem anderen Tisch. Während Nordin seinen Kaffee schlürfte, grübelte er finster darüber nach, wieso man ihm ansah, dass er Polizist war. Er verstand diese Stockholmer einfach nicht.
Als er in den Laden hinaufging, kam die Serviererin, die ihm den Kaffee gebracht hatte, auf ihn zu.
»Ich habe mitbekommen, dass Sie nach der blonden Malin suchen«, sagte sie. »Sind Sie wirklich Polizist?« Nordin zögerte. Dann nickte er traurig.
»Wenn Sie das Miststück wegen irgendwas einbuchten kömi ten, würde sich keiner mehr freuen als ich«, fuhr sie fort. »Ich glaube, ich weiß, wo sie ist. Wenn sie nicht hier ist, findet man sie meistens in einem Cafe am Engelbrektsplan.« Nordin bedankte sich und trat in die Kälte hinaus. Aber die blonde Malin war auch nicht in dem zweiten Cafe, in dem sich im Übrigen derzeit fast keine Stammgäste aufzuhalten schienen.
Nordin wollte nicht aufgeben und ging zu einer allein sitzenden Frau, die in einer zerfledderten Illustrierten las. Sie wusste nicht, wer die blonde Malin war, schlug ihm jedoch vor, es einmal in einer Weinstube in der Kungsgatan zu versuchen. Nordin stiefelte weiter durch die verhassten Stockholmer Straßen und wünschte sich, er wäre wieder zu Hause in Sunds-vall.
Diesmal wurde seine Mühe jedoch belohnt. Er schüttelte den Kopf, als der Garderobier auf ihn zukam, um ihm den Mantel abzunehmen, stellte sich an die Tür und ließ den Blick durchs Lokal schweifen. Sie fiel ihm praktisch sofort ins Auge. Sie war groß und üppig, wirkte jedoch nicht fett. Ihre weißblonden Haare waren zu einer hohen, kunstvollen Turmfrisur hochgesteckt.
Für Nordin stand ohne jeden Zweifel fest, dass dies die blonde Malin war.
Sie saß mit einem Weinglas vor sich auf einer Sitzbank an der Wand. Neben ihr saß eine wesentlich ältere Frau, deren lange schwarze Haare, die in widerspenstigen Locken auf die Schultern herabhingen, sie auch nicht gerade jünger machten. Bestimmt eine Gratishure, dachte Nordin.
Er beobachtete die beiden Frauen eine Weile. Sie unterhielten sich nicht. Die blonde Malin starrte auf ihr Weinglas, das sie in den Fingern drehte. Die Schwarzhaarige schaute sich unentwegt im Lokal um und warf von Zeit zu Zeit ihre langen Haare mit einer koketten Kopfbewegung nach hinten.
Nordin wandte sich an den Garderobier.
»Entschuldigung, wissen Sie vielleicht, wie die blonde Dame dahinten auf der Bank heißt?« Der Garderobier schaute zur Bank hinüber.
»Dame?«, schnaubte er. »Die da? Nein, ich weiß nicht, wie sie heißt, aber ich glaube, sie wird Malin genannt. Die dicke Malin oder so.« Nordin reichte ihm Mantel und Hut.
Die Schwarzhaarige sah ihn erwartungsvoll an, als er an ihren Tisch kam.
»Verzeihen Sie die Störung«, sagte Nordin. »Ich würde mich gern mit Fräulein Malin unterhalten, wenn das möglich ist.«
Die blonde Malin sah ihn an und nippte an ihrem Wein. »Und worüber?«, fragte sie.
»Es geht um einen Freund von Ihnen«, sagte Nordin. »Hätten Sie etwas dagegen, sich kurz an einen anderen Tisch zu setzen, damit wir ungestört reden können?«
Die blonde Malin sah ihre Tischnachbarin an, und er beeilte sich hinzuzufügen:
»Natürlich nur, wenn Ihre Freundin nichts dagegen hat.«
Die Schwarzhaarige schenkte sich aus der Weinkaraffe auf dem Tisch nach und stand auf.
»Da will ich nicht stören«, sagte sie beleidigt. Die blonde Malin sagte nichts.
»Ich setze mich zu Tora«, erklärte die Freundin. »Bis später, Malin.«
Sie nahm ihr Glas und ging zu einem Tisch im hinteren Teil des Lokals.
Nordin zog den Stuhl hervor und setzte sich.
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