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Endstation Kabul

Endstation Kabul

Titel: Endstation Kabul Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Achim Wohlgethan
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Zuständigkeitsgebiets der KMNB lag.
    Für den General dürfte unschwer zu erkennen gewesen sein, dass wir enttäuscht waren, da wir alle betreten schwiegen. Er guckte sich aus dem Fahrzeug heraus ein bisschen die Gegend an und stieg tatsächlich einmal an der Grenze zur AOR aus. Er gab aber keine Anzeichen, auch nur ein Wort mit den dort stationierten afghanischen Wachleuten wechseln zu wollen. Weil das alles zu nichts führte, traten wir bald die Rückfahrt an, die auf Wunsch des Generals von einigen Pausen unterbrochen wurde. Er wurde auf den Feldwegen durchgeschüttelt und ordentlich eingestaubt, dazu brannte die Sonne unerbittlich vom Himmel. Auf seinen Armen zeichnete sich bereits ein Sonnenbrand ab. Nochmals bot ihm einer meiner Kameraden einen »Shemag« und eine Staubschutzbrille an, doch er blieb stur. Nach ungefähr fünf Stunden erreichten wir das Camp. Der General machte einen ziemlich mitgenommenen Eindruck. Das KCT-Team trat zum Schluss dieses kleinen Ausflugs an, um sich von General Schlenker zu verabschieden. Der würdigte das Team mit einem kernigen Spruch: »Nun weiß ich, was es heißt, ein Kommandosoldat zu sein!« Wir schauten uns nur verdutzt an und dachten uns unseren Teil. Gestützt durch einen Feldjäger, verschwand der General im Stabsgebäude. Wave and smile!
    Obwohl wir keine großen Anstrengungen hinter uns hatten, war unsere Stimmung am Boden. Schließlich hatten wir in den letzten Wochen einen echten Knochenjob gehabt, um den Kontakt zu dem Führer der Abu Sayyaf herzustellen. Und nun wurde das Ergebnis unserer Arbeit und die daran anknüpfende Chance einfach so ignoriert. Das fühlte sich alles andere als gut an.
    Schon in der Nacht ging unser nächster Auftrag los: die Beobachtung und Aufklärung von Schmugglertätigkeiten. Die waren südlich hinter unserem Camp erkannt worden. Nicht direkt hinter der Begrenzung des Camps, so dreist waren die Schmuggler dann doch nicht. Sie nutzten das Gelände, das wenige Kilometer hinter dem Camp steil nach oben führte, auf Höhen von 2500 bis zu 3000 Metern. Wir hatten also mal wieder eine kleine Bergtour vor uns. Da wir »nur« beobachten sollten und nicht eingreifen, richteten wir uns auf eine relativ ruhige Nacht ein. Und so kam es dann auch. Trotz der Ausgangssperre konnten wir jede Menge Bewegungen in diesem Bereich ausmachen, womit wir alle nicht gerechnet hatten. Kleinere Trupps, teilweise mit vollbeladenen Eseln, zogen über die Berge Richtung Kabul und verschwanden in der Stadt. Zu gerne hätten wir diese kleinen Karawanen angehalten, um herauszubekommen, was denn da in die Stadt transportiert wurde, mitten in der Nacht.
    Als wir am Morgen des 3. Oktober ins Camp zurückkamen, war bereits alles für den »Tag der Deutschen Einheit« vorbereitet. Es sollten Veranstaltungen und Spiele zur allgemeinen Belustigung stattfinden. Eine Art »Spiele ohne Grenzen« mit Fußballturnieren, Dosenwerfen, LKW-Ziehen, Sandsack-Weitwerfen. Beliebt war auch das »Waffen-Puzzle«: Fünf Waffen wurden in Einzelteile zerlegt, auf einen Haufen gelegt, und auf Kommando mussten fünf Leute probieren, die Dinger wieder zusammenzusetzen. »Brot und Spiele« nannten wir das Theater zynisch und freuten uns trotzdem über die Abwechslung. Hauptmann Fiebig von der Aufklärungskompanie gelang es allerdings, mir einen Strich durch die Rechnung zu machen. Er ordnete an, dass ich zusammen mit drei deutschen Fernspähern – Marcel, Oli und Björn waren nach ihrem dreimonatigen Einsatz inzwischen durch Nachrücker, die auch den KCT unterstellt wurden, ausgetauscht worden – die Feier vom Dach des Stabsgebäudes aus überwachen sollte. Na toll, sagte ich mir. Wozu hatten wir denn eine reguläre Wache? Konnte die nicht die Sicherheit des Camps gewährleisten?
    Ich war zwar sauer, aber ehrlich gesagt hatte ich schon fast mit so etwas gerechnet. Wir fluchten und schafften unsere Ausrüstung hoch aufs Dach. Dort übernahm jeder von uns eine Hausseite zur Überwachung, auf Deutsch: vier Mann, vier Ecken. So lag jeder für sich von acht Uhr früh bis gegen 22 Uhr auf diesem Dach in der gleißenden Sonne und schmorte vor sich hin, während unten im Camp die Leute ihren Spaß hatten und ausgelassen feierten. Wenigstens drang etwas Musik zu uns nach oben.
    Plötzlich ging hinter uns die Dachluke auf. Ich rechnete damit, im nächsten Moment das grinsende Gesicht unseres Chefs der Aufklärungskompanie zu erblicken, aber dem war nicht so. Wäre er es gewesen, er wäre wohl vom Dach

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