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Endstation Mosel

Endstation Mosel

Titel: Endstation Mosel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mischa Martini
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hämischem Lachen kommentiert. Uli setzte die ein oder andere Runde aus, um seine Gäste an der Theke zu bedienen und die Bestellungen der Kellnerin für die übrigen Tische im Gastraum und vor der Tür, die alle bis auf den letzten Platz besetzt waren, zu erledigen.
    Er hatte am frühen Nachmittag ein paar Stunden geschlafen. Er fühlte sich ausgeruht und freute sich über die vielen Bemerkungen zum Extrablatt. Was er vermisste, war eine Zigarette. Zum Rauchen hätte er ins Büro oder vor die Tür gehen müssen, aber der Laden brummte und er war unabkömmlich. Britta wuchtete ihr Tablett mit leeren Tassen und Gläsern neben das Spülbecken und tippte emsig neue Bestellungen in die Kasse. Uli zapfte eine weitere Runde für die Knobelspieler und bekam von Britta zwei Kassenstreifen rübergeschoben. Um den Kaffee kümmerte sie sich selbst, er füllte Gläser mit Getränken.
    Jemand schob eine Diskette über die Theke: »Da ist alles drauf für die Anzeige im nächsten Käsblatt. Platzierung neben dem Titel, wie abgemacht.«
    »Danke, ich guck’ nachher rein, ob ich mit den Daten klar komme.« Uli legte die Diskette hinter sich auf die Ablage neben das ungespülte Geschirr.
    Das Telefon klingelte. Uli klemmte den Hörer zwischen Ohr und Schulter und hantierte weiter mit den Gläsern: »Ja? Uli, bei der Arbeit.«
    »Das ist gut so.« Rob war am Apparat.
    »Gibt’s was Neues?«, fragte Uli, stellte volle Gläser auf Brittas Tablett und spießte den Bon auf.
    »Nee, es hat sich heute überhaupt nichts getan, der Kapitän steht unter Schock und der Bootsmann war den ganzen Tag nicht auffindbar«, berichtete Rob.
    »Getürmt?«
    Die Knobelrunde brach in schallendes Gelächter aus.
    »Was?«, fragte Rob.
    »Ist er getürmt?«
    »Uli, eine Runde Kurze und für mich noch einen Dreispalter mit Schinken und Käse!«, bestellte einer der Geschäftsleute.
    »Nein, glaub’ ich nicht.«
    Britta tippte eine weitere Bestellung in die Kasse ein. Sie hatte eine Weile gebraucht, um mit den Gerichten, die ausschließlich nach Begriffen aus der Zeitungsbranche benannt waren, klar zu kommen.
    »Ich muss hier weitermachen, es ist einiges los. Kannst du später noch mal anrufen oder vorbeikommen?«, bat Uli und widmete sich wieder seiner Arbeit.
    *
    »Jaaaah, Ganz.«
    »Hallo, Jo, es geht dir hoffentlich gut, ich hab’ da ein kleines Problem«, legte Uli in seiner üblichen Schnellschwätzermanier los. »Du hast doch Taucherfahrung und die benötige ich eventuell. Ich muss dir aber gleich sagen, dass die Sache kompliziert ist.«
    »Du möchtest bestimmt meinen Vater sprechen«, antwortete ihm Philipp, der nach dem Stimmbruch einen ebenso tiefen Bass wie sein Vater hatte und sich einen Spaß daraus machte, mit dem gleichen Wortlaut und den lang gezogenen Betonungen auf den A’s die Anrufer zu foppen.
    »Philipp, mach’ dich auf was gefasst!«, spielte Uli Entrüstung.
    »Faust- oder Ringkampf?«, gab Philipp gelassen zurück.
    Uli erinnerte sich, dass der Bengel ganz nach seinem Vater kam und inzwischen einen Kopf größer und zwanzig Kilo schwerer als er selbst war.
    »Ich lass’ dich nie wieder beim Schach gewinnen, aber jetzt möchte ich deinen Vater sprechen.«
    »Papaaa!«, dröhnte es in einer Lautstärke aus dem Telefon, dass Uli den Hörer weit vom Ohr riss.
    »Jaaaah, Ganz.«
    »Bist du es, Jo?«, fragte Uli vorsichtig.
    »Ja, ich bin’s, ganz bei mir, nicht außer mir oder neben mir …«
    »Gut, ich wollte nicht noch einmal auf deinen missratenen Sohn reinfallen«, erklärte Uli. »Also, es geht darum, du tauchst doch ab und zu mal.« Uli hielt inne. »Ich würde das am liebsten nicht am Telefon besprechen. Können wir uns treffen?«
    »Wo und wann?«
    »Bei mir oder bei dir? Wie du willst«, Uli fügte zaghaft hinzu: »Es ist leider ziemlich eilig.«
    »Hast du noch von dem 98er Augenscheiner?«
    »Sind noch ein paar Flaschen da«, bestätigte Uli.
    »Ich kommentiere um 20 Uhr eine Weinprobe im Palais. Wird wohl ein, zwei Stunden dauern, dann komme ich zu dir in die Gerüchteküche.«
    *
    Der Volvo gab immer noch keinen Mucks von sich. In den fünf Tagen, in denen der Wagen gestanden hatte, war der Batterie der Saft ausgegangen.
    In der Wohnung wischte Walde den Boden, stellte eine Maschine mit Kochwäsche an, zupfte zweimal lustlos am Bass und schwang sich anschließend wieder aufs Rad.
    Es war angenehm warm. Die Sonnentage im Mai waren für Walde die schönsten des Jahres. Erst auf der Straße merkte er, dass er immer noch

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