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Endstation Nippes

Titel: Endstation Nippes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ingrid Strobl
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hob sie auf meinen Schoß, schnitt ein Stückchen Käse ab und hielt es ihr hin. Sie knabberte vorsichtig daran, aber Ziegengouda trifft offenbar nicht ihren Geschmack. Sie sprang auf den Boden, drehte eine Runde durch die Küche und entschied sich schließlich für das Fensterbrett als geeigneten Platz für ihr Vormittagsnickerchen. Rollte sich ein und pupste in unsere Richtung. Mir war nicht ganz klar, wie ich das interpretieren sollte. Mary lachte.
    »Katjaaaa!« Chantal stand in der Tür und fuchtelte mit der Fernbedienung in meine Richtung. »Wie geh ich da auf Pause? Ich muss Pipi.«
    Ich zeigte es ihr, und sie verschwand auf dem Klo. Als sie wieder herauskam, klingelte mein Handy.
    »Katja?« Es war Tina Gruber. Ihre Stimme klang seltsam.
    »Tina?«
    Chantal blieb abrupt stehen.
    »Katja, wir haben … wir haben einen Jungen gefunden …«
    »Marco?«, rief ich, bevor ich mir auf die Lippen beißen konnte. Chantal starrte mich an, sie war kreidebleich. Mary stand vom Tisch auf und stellte sich hinter sie. Ich konnte nicht sitzen bleiben und erhob mich gleichfalls.
    »Der Junge sieht aus wie Marco auf dem Foto, das wir von ihm haben. Er … er ist tot, Katja.«
    Ich hatte es gewusst. Chantal hatte es auch gewusst, ich sah es ihr an. Sie sprang mich an wie eine bedrohte Tigerin und riss mir das Handy aus der Hand. Krächzte: »Was is mit ihm?«, hörte einen Moment lang zu und schleuderte dann das Handy quer durch die Küche.
    »Chantal …«
    Sie wich vor mir zurück. Schrie: »Er ist tot!«
    Und dann ging sie auf mich los. Hämmerte mit ihren Fäusten auf meine Brust ein, bis ich endlich ihre Arme in den Griff bekam. Aber nun trat sie nach mir und traf mich so heftig am Schienbein, dass ich in die Knie ging. Mary zog sie von mir weg. Chantal wirbelte herum und ging auf Mary los. Sie ließ sie immer wieder ins Leere laufen. Chantal keuchte vor Anstrengung, geriet ins Stolpern und fiel hin. Mary reichte ihr die Hand, sie ließ sich hochziehen und ging sofort wieder auf Mary los. Die drehte sie herum wie ein Tangotänzer seine Partnerin und hielt sie nun von hinten fest. Chantal versuchte, nach ihr zu treten, gab es aber bald wieder auf. Schließlich keuchte sie: »Ich krieg keine Luft mehr«, aber Mary rührte sich nicht. Nach einer Weile, die mir wie eine Ewigkeit erschien, hob sie das Mädchen hoch, trug es in mein Wohnzimmer und legte es aufs Sofa. Chantal ließ es ohne Gegenwehr geschehen, was mich mehr ängstigte als ihr Angriff zuvor.
    Ich kniete mich vor sie hin und strich ihr vorsichtig mit der Hand über die Wange. Sie drehte sich von mir weg. Rosa kam ins Zimmer und blieb ein Stück vom Sofa entfernt stehen, als wollte sie die Lage peilen. Sie war bei Chantals Verzweiflungsausbruch geflüchtet, denn wenn Rosa etwas wirklich hasst, dann ist es Aggressivität und lautes Geschrei. Jetzt aber ging sie langsam auf das Sofa zu, sprang hinauf, stieg über Chantals Körper hinweg, rollte sich in ihrer Kuhle ein und legte eine Pfote auf ihren Arm. Chantal rührte sich nicht. Nach einer Weile begann sie zu weinen.
    Ich zog mich leise in die Küche zurück und schloss die Tür. Mary saß am Tisch und setzte gerade die Karte wieder in mein Handy ein. Ich umarmte sie und bedankte mich.
    »Ich bin so froh, dass du da bist. Ich hätte alles falsch gemacht.«
    »Hättest du nicht«, sagte Mary und lächelte mich an. »Du hättest bloß ein paar mehr blaue Flecken abgekriegt.«
    Ich musste wider Willen auch lächeln. »Kaffee?«
    »Got some tea?«
    Ich setzte Wasser auf und gab meinen kostbarsten japanischen Sencha in die Kanne.
    »Ich rufe dich jetzt an«, sagte Mary, dann sehen wir, ob dein mobile wieder funktioniert.«
    Das klingelte aber gerade ganz von selbst. »Warum bist du nicht mehr drangegangen?«, rief Tina Gruber wütend. »Deine Mailbox ist auch nicht angesprungen!«
    Ich erklärte ihr kurz, warum bei mir Funkstille geherrscht hatte. Sie fragte, immer noch sauer, warum sie Hotte nicht erreichen könne. Sie brauchte ihn, um Marco zu identifizieren. Ob ich seine Handynummer hätte.
    Ich sah auf die Uhr. Es war kurz vor elf. Also gab ich Tina Hottes Mobilnummer durch. »Er ist in Düren, er hat Nele in die Entgiftung gebracht«, informierte ich sie. »Du kannst ihn ab elf Uhr erreichen, da ist Nele durch die Tür. Sie muss das jetzt nicht mitkriegen, okay?«
    »Er muss aber ganz schnell kommen, Katja, es ist wichtig, dass er den Jungen sofort identifiziert.« Sie zögerte einen Moment, dann fragte sie, ob

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