Endstation Oxford
für sich selbst übernehmen kann. Im Gegenteil, mit den Jahren wird es immer schlimmer.« Peter starrte in Selbstmitleid versunken seine Hände an.
Kate brachte die Kaffeetasse in die Küche.
»Es ist sicher nicht leicht für Sie, wenn Estelle mit der Art Ihres Broterwerbs nicht einverstanden ist«, erklärte sie dann und setzte sich wieder zu ihm. »Aber sie kann doch deshalb nicht auf Dauer fortbleiben, oder?«
»Weiß der Himmel. Das Ganze ist ein Riesendurcheinander. Und ich werde ihm keinesfalls geben, was er von mir verlangt.«
»Von wem sprechen Sie?«
»Von niemandem.«
Sie bewegten sich im Kreis. Kate zog ihre Jacke an und griff nach ihrer Tasche. Zeit zu gehen. »Irgendwann muss sie doch zurückkommen, oder?«
»Keine Ahnung. Vielleicht auch nicht.«
»Oh doch, sie wird zurückkommen. Die Frage ist bloß, wann sie es tut. Sie können mich ja anrufen, wenn Sie etwas erfahren.«
Sie hatte eben die Haustür erreicht, als das Telefon klingelte. Peter blickte sich hektisch um, fand das Telefon und drückte überstürzt mehrere Knöpfe, ehe er den richtigen fand.
»Estelle? Bist du das?« Er brach ab und lauschte. »Nein, sie ist nicht da. Wer spricht da bitte?«
Kate strengte sich an, um etwas zu verstehen, doch Peter hielt den Hörer fest an sein Ohr gepresst.
»Ich sagte Ihnen doch, sie ist nicht da«, fauchte er. » Sie müssen doch wissen, wo sie ist, nicht ich!«, fügte er mit ungehaltener Stimme und unnatürlich rotem Gesicht hinzu. »Nein, sie hat heute noch nicht angerufen.«
Die nächste Pause dauerte länger. Peter hörte dem Anrufer zu.
»Nein. Es gehört mir. Ich habe es rechtmäßig erworben. Halten Sie sich da raus! Sie gehörten ihr, nicht Ihnen. Sie bekommen keinen müden Penny.« Und dann plötzlich: »Und wo ist sie? Sagen Sie ihr, sie soll zurückkommen, wo sie hingehört.« Wutentbrannt warf er das Telefon auf den Tisch.
Kate wartete auf eine Erklärung. Erschrocken sah sie, dass sich Peters Augen mit Tränen füllten. »Sie hat heute Morgen um halb sieben sein Haus verlassen«, jammerte er. »Angeblich wollte sie nach Hause, um mit mir zu reden. Aber sie ist nicht gekommen und hat auch nicht angerufen.«
Kate blieb ruhig. »Viereinhalb Stunden«, stellte sie nach einem Blick auf die Uhr fest. »Wo ist sie aufgebrochen?«
»Ich habe keine Ahnung.«
»Wer war denn der Anrufer?«
»Ich weiß nicht.« Er hatte eine trotzige Miene aufgesetzt. Sein Blick irrte durch das Zimmer. Er weiß es sehr wohl, dachte Kate, aber er sagt es mir nicht.
»Aber Sie müssen doch wissen, mit wem Sie gesprochen haben.«
»Nein, ich habe keine Ahnung.« Mühsam stand er auf. Trotz des Kaffees schwankte er noch immer. Mit unsicheren Schritten ging er auf ein Sideboard in der gegenüberliegenden Ecke zu. Zu spät bemerkte Kate, dass er das Tablett mit den Flaschen im Visier hatte. Gin und Whisky schienen leer zu sein, aber in der Flasche mit dem Brandy entdeckte sie noch etwa zwei Zentimeter Flüssigkeit.
»Ich glaube, das ist keine besonders gute Idee«, wandte sie ein, als er den Rest Brandy in ein schmieriges Glas schüttete.
»Schnauze.« Er kippte den halben Inhalt des Glases hinunter, ehe er sich wieder an Kate wandte. »In meinem Haus kann ich trinken, soviel ich will.«
In Estelles Haus, dachte Kate. Der Kerl säuft offenbar, seit sie weg ist. »Ich glaube kaum, dass sie freiwillig für ganze vier Tage mit einem völlig Fremden verschwindet«, sagte sie, um ihn wieder auf das eigentliche Problem zurückzubringen.
Ihr Blick fiel auf das Durcheinander auf dem Couchtisch. Zwischen allerlei Krimskrams lag ein handgeschriebener Brief. Kate konnte nur wenig entziffern. Die Unterschrift lautete Adela Carston , und in der ersten Zeile stand: Vielleicht erinnern Sie sich noch an mich. Wir haben uns auf Estelles Hochzeit kennengelernt und sprachen kurz über Bücher. Auch, dass der Briefkopf eine Adresse in Oxford trug, konnte sie erkennen. Sie erinnerte sich an ein fliederfarbenes Kleid mit passendem Hut. Hatte die dazugehörige Dame nicht mit ihnen am Tisch gesessen und über die guten alten Zeiten gesprochen? Kate wusste noch, dass die alte Dame ein wenig unklar geredet und gegen Ende der Veranstaltung eindeutig verwirrt gewirkt hatte. Was mochte sie Peter geschrieben haben?
Peter hatte sein Glas geleert, griff hastig nach dem Brief, faltete ihn zusammen und steckte ihn ein. »Sie sollten jetzt gehen«, sagte er. »Es gibt hier nichts für Sie zu tun.«
»Er glaubt, dass Sie etwas haben,
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