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Endstation Oxford

Endstation Oxford

Titel: Endstation Oxford Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Veronica Stallwood
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was eigentlich ihm gehört, nicht wahr?«, fragte Kate. »Oder gehört es Estelle?«
    »Es gehört mir, und ich habe ihm unmissverständlich klargemacht, dass er es nicht bekommen wird. Und Lösegeld zahle ich schon gar nicht.«
    »Lösegeld?«
    »Was? Halten Sie um Himmels willen den Mund, und gehen Sie endlich!«
    »Warum rufen Sie nicht die Polizei?«
    »Was glauben Sie wohl, was die davon hält? Meine Frau geht mit einem Mann auf und davon, bleibt vier Tage bei ihm und verschwindet dann erneut. Die Polizei würde mich doch auslachen! Was würden Sie denken, wenn Sie Estelle nicht kennen würden?«
    »Es klingt tatsächlich ein bisschen seltsam.«
    » Seltsam ?«
    »Machen Sie sich denn keine Sorgen um Estelle?«
    »Was glauben Sie wohl?«
    »Tut mir leid. Natürlich sind Sie beunruhigt.« Kate bemühte sich um einen freundlich mitfühlenden Tonfall. »Hören Sie, Peter, jedenfalls müssen Sie mit der Angelegenheit ab sofort nicht mehr allein zurechtkommen. Ich kann Ihnen sicher helfen, Estelle zu finden und sie davon zu überzeugen, wieder nach Hause zu kommen. Ehe ich allerdings damit anfange, müssen Sie mir wirklich alles erzählen.«
    »Sie?« Peter starrte sie an und lächelte dann zum ersten Mal an diesem Morgen. »Was könnten Sie schon tun?«
    »Ich habe schon früher Leuten in schwierigen Situationen geholfen.« Sie hätte ihm erzählen können, dass sie sich dabei in ihrem Eifer mehrmals in Lebensgefahr gebracht hatte, doch dafür schien ihr nicht der richtige Zeitpunkt zu sein.
    In diesem Augenblick piepste Peters Handy. Er blickte auf das Display. »Eine SMS.«
    »Von Estelle?«
    »Von einer Nummer, die ich nicht kenne.«
    »Und was steht drin?«
    Sie trat auf ihn zu und versuchte, ihm über die Schulter zu blicken. Er zog sich zurück, doch sie blieb hartnäckig.
    » Geben Sie mir, was Sie mir schulden, und E … « Peters Hand verdeckte den Rest.
    »Von wem kommt das?«, bohrte Kate nach.
    »Keine Ahnung. Die ganze Geschichte ist ein wahrer Albtraum.«
    »Überlegen Sie sich mein Angebot, Peter. Ich könnte Ihnen helfen, Estelle zu finden.«
    »Auf Drohungen reagiere ich grundsätzlich nicht. Und Sie gehen jetzt!«
    Ich weiß noch genau, wie dieses Gefühl in mir wuchs, von der Außenwelt abgeschnitten zu sein.
    Es war kurz vor meinem vierten Geburtstag. Ich stand auf Zehenspitzen am Fenster, um besser hinaussehen zu können. Obwohl ich noch sehr jung war, nahm ich alle Einzelheiten genau auf und konnte mich an sie erinnern, als hätte ich sie wie Fotos in ein Album geklebt. Manchmal glaube ich, dass die Bilder meiner Erinnerung genauer und lebendiger sind, als es ein Foto nach so vielen Jahren sein könnte. Bei anderen Erinnerungen hingegen frage ich mich, ob ich nicht unabsichtlich einzelne Details verändert habe. Vielleicht werden die winzigen elektrischen Impulse, aus denen unsere Erinnerung besteht, mit den Jahren schwächer. Möglicherweise verlieren sie auf ihrem verworrenen Weg durch unser Gehirn manche Informationen, oder sie nehmen einzelne Fragmente aus einer anderen Zeit auf. Ich erinnere mich zum Beispiel an sehr viel Blut, an dunkelrote Pfützen, die im Laternenlicht fast schwarz wirkten. Dabei weiß ich genau, dass es nicht so gewesen sein kann.
    Es war im Winter. Schon um fünf Uhr ging der trübe Nachmittag in völlige Dunkelheit über. Vor den Fenstern waren die Vorhänge zugezogen. Nur die Straßenlaternen warfen Lichtkegel auf die finstere Straße. Ein regnerischer Samstag. Die Menschen saßen zu Hause, tranken Tee, hörten Radio oder sahen fern. Niemand nahm wahr, was auf der Straße geschah.
    Ich hatte den Vorhang ein paar Zentimeter zurückgeschoben und war auf einen Stuhl geklettert, weil ich wissen wollte, was draußen vor sich ging. Ich lehnte meine Stirn gegen die Fensterscheibe. Sie war kalt und feucht und roch nach Zigaretten. Ich wickelte mich in den schweren Vorhang. Seine Farbe war ein langweiliges Rostrot mit einem erhabenen Muster. Am Saum hatte er eine Borte, und er war so staubig, dass Spuren davon auf meinem Ärmel zurückblieben.
    Wegen der kühlen Witterung war das Fenster geschlossen. Die Straßengeräusche drangen nur gedämpft zu mir herauf. Ich fühlte mich sicher an meinem Standort, von dem aus ich das Drama auf dem Bürgersteig draußen beobachtete. Auch jetzt höre ich wieder den schrillen Ton, den ich immer an dieser Stelle der Geschichte vernehme. Es ist ein knirschendes, schabendes, nicht nach Mensch klingendes Geräusch, von dem ich nicht weiß, wo

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