Endstation Oxford
Fantasie verfügen.«
Beide schwiegen für einen Moment, während sie über das Gesagte nachdachten.
»Jedenfalls bin ich froh, dass diese Sache zwischen uns geklärt ist«, sagte Kate schließlich.
»Soll ich lieber wieder nach Hause fahren?«
»Aber nein! Schließlich habe ich für heute Abend etwas ausgesprochen Leckeres geplant.«
»Oh, das freut mich.«
»Soll ich noch einmal Tee aufbrühen?«
»Gern.«
Mit lockerem Smalltalk überbrückte Kate die nächsten zehn Minuten, bis sich beide ein wenig entspannt hatten. Immerhin war es nicht Craigs Schuld, dass Jon ihn auf eine aussichtslose Mission geschickt hatte. Und vielleicht konnte er ja sogar etwas zu ihrer Suche nach Estelle beitragen.
»Erzählen Sie mir, was Sie über den Vorfall wissen«, forderte sie ihn auf.
»Von Jon weiß ich, dass Ihre Agentin Estelle Livingstone ziemlich plötzlich von zu Hause verschwand, ohne irgendwem Bescheid zu sagen. Und dass sie nach einigen Tagen mehr oder weniger auf dem Heimweg erneut verlorenging. Sie als betroffene Autorin möchten natürlich wissen, wo sie ist und wann Sie wieder mit ihr rechnen können.«
Es klang zwar deutlich weniger dramatisch, als sie selbst es dargestellt hätte, doch sie stimmte zu: »Das kommt ziemlich genau hin.«
»Jon sagte allerdings auch, dass es vermutlich eine ganz einfache Erklärung für den Vorfall gibt, dass Sie aber nicht bereit wären, das zu akzeptieren.«
»Weil das alles so gar nicht ihrem Charakter entspricht. Estelle ist einer der verlässlichsten Menschen, die ich kenne. Und ihre Arbeit ist für sie das Wichtigste im Leben – zumindest war es das bis zu ihrer Hochzeit. Ich habe ihr einen Romanentwurf geschickt und warte seither auf ihre Beurteilung. Sie versprach, mich am Montag anzurufen. Und die Estelle, die ich kenne, hätte mich niemals hängen lassen.«
»Und jetzt fürchten Sie, dass ihr irgendetwas zugestoßen sein könnte.«
»Ganz genau. Hinzu kommt, dass Estelles Ehemann Peter mir nicht die Wahrheit sagt. Zumindest verschweigt er etwas.«
»Sie haben also mit ihm gesprochen?«
»Ja. Zunächst am Telefon. Da wollte er mir weismachen, Estelle sei mit einer Freundin beim Lunch. Später bin ich dann nach London gefahren und habe bei einem persönlichen Gespräch etwas mehr Informationen aus ihm herausbekommen.«
»Haben Sie je daran gedacht, die ganze Sache auf sich beruhen zu lassen und zu warten, bis Ihre Agentin irgendwann von selbst wieder auftaucht?«
»Jetzt hören Sie sich genau wie Jon an.«
»Ja und?«
»Ich will endlich weitermachen und diesen Roman schreiben.«
»Was hat Estelles Ehemann Ihnen erzählt?«
Kate berichtete von den beiden Einbrüchen und von dem Anruf und der SMS, die Peter während ihrer Anwesenheit erhalten hatte. Craig unterbrach sie nicht und versuchte auch nicht, sie davon zu überzeugen, dass sie eine allzu blühende Fantasie habe.
»Was halten Sie davon?«, fragte sie, nachdem sie geendet hatte. Es gefiel ihr, dass er sich weder über sie lustig machte noch hastig das Thema wechseln wollte.
»Mein erster Gedanke war, dass Estelle und Peter einen Streit gehabt haben. Estelle stürmte wütend aus dem Haus, wäre aber spätestens nach ein, zwei Tagen zurückgekommen. Auch wenn beide über vierzig und vermutlich nicht daran gewöhnt sind, einem anderen Menschen nachzugeben.«
»Das macht durchaus Sinn, allerdings nicht, wenn man Estelle kennt. Und noch viel weniger, wenn man weiß, wie Peter tickt. Sie ist absolut nicht die Art Frau, die ohne ein Wort wie eine beleidigte Leberwurst verschwindet. Und er lügt so schlecht, dass man es sofort bemerkt.«
»Vielleicht sollten wir uns etwas zum Schreiben besorgen«, meinte Craig. »Natürlich nur, wenn Sie mich an Ihren Rettungsplänen beteiligen wollen.«
»Ich brauche unbedingt Hilfe«, sagte Kate und ging Papier und Stifte holen.
»Gut, dann wollen wir mal sehen, was ich tun kann. Wann genau haben Sie zuletzt mit Estelle gesprochen?«
»Am Freitagmorgen. Das war – warten Sie – der 9. Januar. Sie sagte, sie würde die fertigen Kapitel übers Wochenende lesen und sich am Montag melden.«
»Das wäre dann der zwölfte gewesen«, sagte Craig und machte sich eine Notiz. »Und normalerweise ist sie zuverlässig?«
»Absolut.«
»Dann ist sie also irgendwann zwischen Freitagnachmittag und Montagmorgen verschwunden.«
»Laut Peter war es am Samstag.«
»Dem 10.«
Beide schrieben sich das Datum auf.
»Hatten die beiden Streit? Ging sie, ohne ein Wort zu sagen? War
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