Endstation Sehnsucht - Endstation Glueck?
will ich sagen, dass ich erwachsen geworden bin, James. Ich bin nicht mehr das unschuldige junge Mädchen von früher, das an deinen Lippen hing.“
„Das erwarte ich auch gar nicht!“ Doch er wusste, dass er genau das erwartet hatte. Obwohl vier Jahre vergangen waren, hatte er geglaubt, dasselbe Mädchen vorzufinden, das ihm früher immer so aufmerksam zugehört hatte. Dass er quasi eine Fremde angetroffen hatte, hatte ihn schockiert. Noch mehr überraschte ihn allerdings der Umstand, dass er im Gegensatz zu sonst nicht in der Lage zu sein schien, auf Überraschungen souverän zu reagieren.
„Was mich zum nächsten Punkt bringt“, sagte sie. „Ich möchte, dass wir beide miteinander auskommen. Was ich nicht will, ist, dass du denkst, dass du hierherkommen kannst, wann immer du willst. Du hast dich um den Wasserschaden gekümmert, und dafür bin ich dir dankbar. Aber das bedeutet nicht, dass du dir damit ein permanentes Aufenthaltsrecht für dieses Haus verdient hast.“
„Ist okay. Ich freue mich, dass du ehrlich zu mir bist.“ Er begann zu frühstücken und versuchte mit einem unverfänglichen Thema, die angespannte Stimmung etwas aufzulockern. „Hat dir dein Vater erzählt, dass er darüber nachdenkt, einen Kochkurs zu besuchen?“
„Er hat es erwähnt“, erwiderte sie lächelnd. „Als er mich kurz vor Weihnachten besucht hat, hatte er alle seine Prospekte dabei. Ich sollte ihm bei der Wahl des richtigen Kurses helfen. Allerdings verstehe ich davon nur wenig.“
„Willst du mir damit sagen, dass du dich nicht fürs Kochen interessierst? Obwohl du in Paris wohnst?“
„Das ist es ja gerade“, antwortete Jennifer. „Wo auch immer du in Paris hinsiehst, gibt es vorzügliches Essen. Warum soll ich da zu Hause kochen?“
„Aber du hast doch bestimmt den einen oder anderen Trick gelernt?“ Mit einer Hand salutierte er wie ein Soldat, während er mit der anderen Hand eine riesige Portion Rührei auf seiner Gabel balancierte. „Kompliment! Diese Eier sind perfekt.“
„Leider ist das schon so ziemlich alles, was ich kann. Ein passables Abendessen kriege ich zwar auch noch hin, aber es gibt niemanden, der meine Kochkünste mit Haute Cuisine verwechseln würde. Freunde von mir bringen manchmal sogar Kleinigkeiten aus einem Delikatessengeschäft mit, wenn sie bei mir eingeladen sind. Sie behaupten dann zwar immer, dass sie mir damit eine Freude machen wollen, aber ich glaube, sie haben etwas Angst vor meinem Essen.“ Sie lachte. Einen kurzen Augenblick lang begegneten sich ihre Blicke, dann drehte Jennifer abrupt den Kopf zur Seite.
„Und was ist mit dir?“, fragte sie hilflos bemüht, die Situation etwas aufzulockern. „Versuchst du immer noch, den ganzen Alltagskram zu vermeiden?“
„Was meinst du damit?“
„Du hast mir mal gesagt, dass du immer dafür sorgst, dass die Frauen, mit denen du ausgehst, keinen Schritt in die Küche wagen, weil sie sonst denken könnten, dass du gewillt bist, dich zähmen zu lassen.“
„Ich glaube nicht, dass ich das jemals gesagt habe.“
„Oh doch! Ich war damals neunzehn.“
„Erinnere mich bitte beim nächsten Mal daran, dass ich über solche Dinge nicht mit einer Frau spreche, die über ein perfektes Gedächtnis verfügt.“ Er grinste. „Dein Vater hat übrigens versucht, mich dazu zu überreden, auch kochen zu lernen.“
Jennifer lachte auf. Ihr helles, volles Lachen erinnerte James daran, wie sehr er ihre Gesellschaft in den letzten Jahren vermisst hatte. Allerdings waren die Dinge jetzt nicht mehr so unkompliziert wie früher. Solange er und Jennifer Small Talk machten, war alles in Ordnung. Aber das war ihm nicht genug. Er wollte nicht nur über die gute alte Zeit sprechen und leichte Konversation führen. Er wollte mehr, als nur an der Oberfläche kratzen.
James stand auf und deutete Jennifer sitzenzubleiben, als sie ihm dabei helfen wollte, den Tisch abzudecken. „Ich habe nach diesem Patric, den du gestern erwähnt hast, im Internet recherchiert.“
Jennifer blitzte ihn wütend an.
„Er bekommt gute Kritiken.“
„Warum interessiert dich das?“, fragte sie ihn angriffslustig. „Dachtest du, dass ich lüge? Dass ich ihn erfunden habe?“
„Natürlich nicht!“ James schüttelte frustriert den Kopf. Es war ihm bewusst, dass er eine unsichtbare Grenze überschritten hatte.
„Dann sag’ mir, warum. Woher kommt deine Neugier?“
„Liegt so etwas nicht in der menschlichen Natur?“, fragte er trotzig. „Wieso hätte ich es
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