Endymion - Pforten der Zeit & Die Auferstehung
standgehalten, das sie abfeuern konnte; außerdem hatte ich – um ehrlich zu sein – befürchtet, es könnte die Soldaten des Pax wütend machen.
Nun unterzog ich sie einer gründlicheren Untersuchung; etwas derart Flexibles könnte sich als nützlich erweisen, wenn wir uns zu weit vom Schiff entfernten und ich einen primitiveren Widersacher überwinden musste – beispielsweise einen Höhlenmenschen oder einen Düsenpiloten oder einen armen Teufel mit derselben Ausrüstung, die sie uns in der Heimatgarde von Hyperion gegeben hatten. Letztendlich entschied ich mich dann doch dagegen, sie mitzunehmen – sie war hinderlich und schwer, wenn man keinen der alten exobetriebenen Kampfanzüge von FORCE trug, das Ding hatte keine Munition für Projektil-, Granat- und HE-Werfer, 18-mm-Plasmapatronen waren nirgendwo mehr aufzutreiben, und um die Energiewaffenoptionen zu nutzen, hätte ich mich in der Nähe des Schiffs oder einer anderen ausreichenden Energiequelle befinden müssen. Ich stellte die Angriffswaffe zurück, und mir wurde dabei klar, dass es sich durchaus um die legendäre persönliche Waffe von Oberst Kassad handeln konnte. Sie passte nicht ins Profil der Privatsammlung des Konsuls, aber er hatte Kassad gekannt – vielleicht hatte er das Ding aus sentimentalen Gründen behalten.
Ich fragte das Schiff, aber das Schiff konnte sich nicht erinnern. »Was für eine Überraschung«, murmelte ich.
Die Faustfeuerwaffen waren noch älter als das Sturmgewehr, aber es sprach viel mehr für sie. Jede war ein Sammlerstück, aber die zugehörigen Magazine konnte man immer noch kaufen – jedenfalls auf Hyperion.
Hinsichtlich der Welten, die wir besuchen würden, war ich mir nicht so sicher. Die größte Waffe war eine vollautomatische Penetrator Kaliber .60 von Steiner-Ginn. Es war eine ernst zu nehmende Waffe, aber schwer: Die Patronenschablonen wogen fast so viel wie die Waffe selbst, und sie verschlang Munition mit einem unfassbaren Tempo. Ich legte sie wieder weg. Die beiden anderen schienen interessanter zu sein: eine kleine, leichte, gut zu handhabende Flechettepistole, die möglicherweise der Urgroßpapa der Waffe war, mit der M. Herrig versucht hatte, mich zu töten. Mehrere hundert glänzende kleine Nadeleier waren dabei – das Magazin im Griff konnte jeweils fünf davon fassen –, und jedes Ei enthielt mehrere tausend Flechettes. Eine gute Waffe für jemanden, der nicht unbedingt ein guter Schütze war.
Die letzte Waffe stellte mich vor Rätsel. Sie steckte in einem eingeölten Lederhalfter. Ich holte die Waffe mit leicht zitternden Fingern heraus. Ich kannte sie nur aus alten Büchern – eine halbautomatische Faustfeuerwaffe Kaliber 45 mit richtigen Patronen – in Messinghülsen, keine Magazinschablone, die sie erschuf, wenn die Waffe abgefeuert wurde –, verziertem Griff, Kimme und Korn aus Metall, blauem Stahl. Ich drehte die Waffe in den Händen. Dieses Ding konnte gut und gerne über tausend Jahre alt sein.
Ich sah in den Schrank, wo ich sie gefunden hatte: fünf Schachteln 45er Patronen, mehrere hundert Schuss. Ich dachte mir, dass sie ebenfalls steinalt sein mussten, entdeckte aber den Aufkleber des Herstellers: Lusus.
Vor etwa drei Jahrhunderten.
Hatte nicht Brawne Lamia laut den Cantos eine uralte 45er besessen?
Als ich Aenea später fragte, sagte das Kind, dass sie ihre Mutter nie mit einer Pistole gesehen hätte.
Dennoch dachte ich mir, dass wir diese Waffe und die Flechettepistole bei uns haben sollten. Ich wusste nicht, ob die 45er Patronen noch funktionierten, daher nahm ich sie mit auf den Balkon, warnte das Schiff, dass das externe Feld einen Querschläger verhindern sollte, und drückte ab.
Nichts. Dann fiel mir ein, dass diese Dinger eine manuelle Sicherung hatten. Ich fand sie, entsicherte und versuchte es erneut. Mein Gott, war das laut. Aber die Patronen funktionierten noch. Ich steckte die Waffe in ihr Halfter und befestigte das Halfter an meinem Mehrzweckgürtel. Das schien der richtige Platz dafür zu sein. Natürlich wäre der Spaß vorbei, sobald ich die letzte 45er abgefeuert hatte, es sei denn, ich konnte einen Kreis antiker Waffensammler finden, die sie noch herstellten.
Ich habe nicht vor, mehrere hundert Kugeln auf irgendwas abfeuern zu müssen, dachte ich damals trocken. Wenn ich nur eine Ahnung gehabt hätte.
Als ich mich später mit dem Androiden und dem Mädchen traf, zeigte ich ihnen die Flinte und das Plasmagewehr, die ich ausgewählt hatte, die
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