Endymion - Pforten der Zeit & Die Auferstehung
lautlosen Schrei aufgerissen, und ich konnte nicht blinzeln.
Zuerst beherrschte mich übermächtige Angst, ich könnte ersticken – das Crashfeld war in meinem offenen Mund –, aber bald wurde mir klar, dass ich mit Mund und Nase Sauerstoff aufnehmen konnte. Das Crashfeld, stellte sich heraus, funktionierte ziemlich genauso wie die teuren Osmosemasken, die man zu Zeiten der Hegemonie zum Tiefseetauchen verwendet hatte: Luft drang durch die Masse des Feldes, die einem auf Gesicht und Hals gedrückt wurde. Es war keine angenehme Erfahrung – der Gedanke ans Ersticken war mir stets ein Gräuel –, aber meine Angst hielt sich in Grenzen. Beunruhigender waren die Schwärze und das klaustrophobische Gefühl, in einem gigantischen klebrigen Netz gefangen zu sein. In diesen langen Minuten der Finsternis stellte ich mir vor, dass das Schiff für alle Zeiten manövrierunfähig daliegen würde, ohne eine Möglichkeit, die Crashfelder zu deaktivieren, während wir drei in unseren würdelosen Haltungen erstickten, bis die Energiespeicher des Schiffs eines Tages erschöpft sein, die Felder zusammenbrechen und unsere gebleichten Skelette herunterfallen und auf der Innenhülle des Schiffes klappern würden wie Knochen, die von einem unsichtbaren Wahrsager geworfen worden waren.
Stattdessen klang das Feld nach weniger als fünf Minuten langsam ab.
Die Lichter gingen an, flackerten und wichen roten Warnblinklichtern, während wir langsam auf das hinabgesenkt wurden, was vor kurzer Zeit noch die Wand gewesen war. Die Außenhülle wurde wieder transparent, aber durch den Schlamm und die Trümmer konnte kaum Licht eindringen.
Ich hatte A. Bettik und Aenea nicht sehen können, während ich festsaß – sie befanden sich gerade außerhalb meines erstarrten Gesichtsfelds –, aber nun sah ich sie, als das Schiff sie zusammen mit mir auf die Hülle hinabließ. Ich stellte erstaunt fest, dass sich meiner Kehle ein Schrei entrang, und mir wurde klar, dass das der Schrei war, den ich in dem Augenblick des Absturzes hatte ausstoßen wollen.
Einen Moment saßen wir drei nur auf der gekrümmten Hülle, rieben probehalber unsere Arme, Beine und Köpfe und vergewisserten uns, dass wir unverletzt waren. Dann sprach Aenea für uns alle. »Heilige Scheiße«, sagte sie und erhob sich auf dem gekrümmten Boden der Hülle. Ihre Beine zitterten.
»Schiff!«, rief der Androide.
»Ja, A. Bettik.« Die Stimme klang so gelassen wie immer.
»Bist du beschädigt?«
»Ja, A. Bettik«, sagte das Schiff. »Ich habe gerade eine vollständige Bestandsaufnahme der Schäden durchgeführt. Feldspulen, Schubdüsen und Hawkingtranslatoren haben schwere Schäden davongetragen, ebenso Abschnitte der hinteren Hülle und zwei der vier Landeflossen.«
»Schiff«, sagte ich, rappelte mich auf und sah zur transparenten Nase des Schiffs hinaus. Sonnenlicht fiel durch die gekrümmte Wand hinter uns ein, aber der größte Teil der Außenhülle war durch verschmierten Schlamm, Sand und andere Trümmer undurchsichtig geworden. Der dunkle Fluss reichte zwei Drittel an den Seitenwänden hinauf und plätscherte gegen das Schiff. Es sah aus, als wären wir auf einer Sandbank gestrandet, aber erst als wir uns viele Meter durch das Flussbett gepflügt hatten. »Schiff«, versuchte ich es wieder, »funktionieren deine Sensoren?«
»Nur Radar und visuelle«, antwortete es.
»Werden wir verfolgt?«, fragte ich. »Sind irgendwelche Pax-Schiffe mit uns durch den Farcaster gekommen?«
»Negativ«, sagte das Schiff. »Es befinden sich keine anorganischen Boden- oder Luftziele innerhalb meiner Radarreichweite.«
Aenea ging zu der vertikalen Wand, die einmal der Teppichboden gewesen war. »Nicht einmal Soldaten?«, fragte sie.
»Nein«, sagte das Schiff.
»Funktioniert der Farcaster noch?«, fragte A. Bettik.
»Negativ«, sagte das Schiff. »Das Portal stellte seine Funktion achtzehn Nanosekunden nach unserem Durchgang ein.«
Ich entspannte mich ein wenig, betrachtete das Mädchen und versuchte, allein kraft meines Blicks zu bewirken, dass sie unverletzt geblieben war.
Abgesehen von ihrem zerzausten Haar und der Aufregung in ihren Augen sah sie ganz normal aus. Sie grinste mich an. »Also, wie kommen wir hier raus, Raul?«
Ich schaute auf und sah, was sie meinte. Der zentrale Treppenschacht lag etwa drei Meter über unseren Köpfen. »Schiff?«, sagte ich. »Kannst du die internen Felder lange genug aktivieren, dass wir das Schiff verlassen können?«
»Tut mir Leid«,
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