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Endymion - Pforten der Zeit & Die Auferstehung

Titel: Endymion - Pforten der Zeit & Die Auferstehung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Simmons
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achtundzwanzig Grad am Horizont wird nicht erfasst. Sie befinden sich gerade noch im Winkel meiner Sensorenreichweite. Noch zwanzig Kilometer nach Norden, und ich werde Sie verlieren.«
    »Das macht nichts«, sagte ich. »Wir werden uns das Ding einfach mal ansehen und dann direkt zum Fluss zurückkehren.«
    »Warum?«, fragte das Schiff. »Warum wollen Sie etwas untersuchen, das nichts mit Ihren Plänen zu tun hat, flussabwärts zu reisen?«
    Aenea beugte sich vor und hob mein Handgelenk. »Wir sind Menschen«, sagte sie.
    Das Schiff antwortete nicht.
    Als wir das Ding schließlich erreichten, ragte es volle hundert Meter über den Dschungelbaldachin hinaus. Die unteren Etagen waren so dicht von den gigantischen Gymnospermen umringt, dass der Turm wie eine verwitterte Klippe aussah, die aus einem grünen Meer herausragte.
    Er schien natürlich und gleichzeitig von Menschenhand geschaffen zu sein – oder zumindest von einer Intelligenz modifiziert. Der Turm hatte einen Durchmesser von etwa siebzig Metern und schien aus rotem Fels zu bestehen. Die untergehende Sonne – inzwischen nur noch etwa zehn Grad über dem Horizont des Dschungelbaldachins – hüllte den Quader in ein warmes rötliches Licht. Hier und da an der Ost- und Westseite des Quaders befanden sich Öffnungen, die sowohl Aenea als auch ich zuerst für natürlichen Ursprungs hielten – von Wind oder Wasser geschaffen –, aber wir merkten bald, dass sie gehauen worden waren. Ebenfalls an der Ostseite befanden sich künstliche Nischen – Nischen in etwa der richtigen Entfernung als Halt für Hände und Füße eines Menschen. Aber es waren flache, schmale Nischen, und bei dem Gedanken, diesen über hundert Meter hohen Quader lediglich mit diesem schmalen Halt für Finger und Zehen hinaufzuklettern, krampfte sich mein Magen zusammen.
    »Können wir näher ran?«, fragte Aenea.
    Ich hatte die Hawking-Matte bei der Umkreisung in einer Entfernung von etwa fünfzig Metern gehalten. »Ich glaube, das sollten wir lassen«, sagte ich. »Wir sind bereits in Schussweite von Feuerwaffen. Ich möchte niemanden in Versuchung führen, der einen Speer oder Pfeil und Bogen besitzt.«
    »Ein Bogen könnte uns auf diese Entfernung erledigen«, sagte sie, bestand aber nicht darauf, dichter ranzufliegen.
    Einen Augenblick dachte ich, ich könnte die Andeutung einer Bewegung in einer der ovalen Öffnungen in dem roten Stein erkennen, aber einen Augenblick später kam ich zum Ergebnis, dass es eine von der Abendsonne hervorgerufene optische Täuschung gewesen sein musste.
    »Genug gesehen?«, fragte ich.
    »Eigentlich nicht«, sagte Aenea. Sie hielt sich mit ihren kleinen Händen an meinen Schultern fest, als wir wendeten. Die Brise zerzauste mein kurzes Haar, und als ich mich umdrehte, konnte ich das Haar des Mädchens im Wind wehen sehen.
    »Aber wir haben noch einiges zu erledigen«, sagte ich, steuerte die Hawking-Matte nach Süden zum Fluss und beschleunigte wieder. Der Baldachin der Gymnospermen sah weich aus, wie Federn, und vierzig Meter unter uns trügerisch stabil, als könnten wir darauf landen, wenn es sein müsste. Nervosität überkam mich, als ich an die Konsequenzen dachte, falls es notwendig werden könnte. Aber A. Bettik hat den Fluggürtel und die Flugräder, dachte ich. Er kann kommen und uns holen, wenn es sein muss.
    Wir trafen etwa einen Klick von der Stelle entfernt, wo wir ihn verlassen hatten, wieder auf den Fluss und konnten etwa dreißig Klicks bis zum Horizont sehen. Kein Farcasterportal.
    »Welche Richtung?«, fragte ich.
    »Lass uns noch ein Stück weiterfliegen.«
    Ich nickte, schwenkte nach links und blieb über dem Fluss. Abgesehen von vereinzelten weißen Vögeln und den roten Fledermauspflanzendingern hatten wir keine Spur einer Fauna gesehen. Ich musste an die Stufen an der Seite des roten Monolithen denken, als Aenea mich am Ärmel zupfte und fast direkt nach unten zeigte.
    Etwas sehr Großes bewegte sich dicht unter der Oberfläche des Flusses.
    Das schräge Sonnenlicht, das vom Wasser reflektiert wurde, verbarg die Einzelheiten weitgehend vor unseren Blicken, aber ich konnte eine ledrige Haut, möglicherweise einen stacheligen Schwanz und Flossen oder Flimmerhärchen an den Seiten erkennen. Die Kreatur musste acht bis zehn Meter lang sein. Sie tauchte, und wir waren vorbei, ehe ich weitere Einzelheiten ausmachen konnte.
    »Das war wie eine Art Flussmanta«, rief Aenea über meine Schulter. Wir flogen wieder schneller dahin, der Wind,

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