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Endymion - Pforten der Zeit & Die Auferstehung

Titel: Endymion - Pforten der Zeit & Die Auferstehung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Simmons
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den Mikrostoff waren keine Stangen oder Zeltpflöcke erforderlich – man musste lediglich die Linien des Stoffs, die man starr haben wollte, zweimal falten, dann blieben sie selbst bei einem Wirbelsturm fest und starr, aber dennoch war es nicht ganz ohne, ein Mikrozelt aufzustellen, und daher sahen die beiden nur zu, während ich den Stoff auseinander faltete, die Kanten zu einer A-Linie mit einer Kuppel in der Mitte faltete, hoch genug, dass man stehen konnte, und die plötzlich steifen Kanten zum Abstützen in den Sand bohrte. Einen Teil der Mikrofolie hatte ich als Zeltboden reserviert, und indem ich ihn einfach ein bisschen dehnte, reichte es noch für eine Zeltklappe als Eingang. A.
    Bettik nickte anerkennend über diesen Trick, und Aenea legte die Schlafsäcke zurecht, während ich einen Topf auf den Hitzewürfel stellte und eine Dose Rindfleischeintopf aufmachte. Im letzten Augenblick fiel mir ein, dass Aenea Vegetarierin war – in den zwei Wochen an Bord des Schiffes hatte sie vorwiegend Salat gegessen.
    »Macht nichts«, sagte sie, als sie den Kopf zum Zelt herausstreckte. »Ich esse von dem Brot, das A. Bettik bäckt, und vielleicht ein bisschen Käse dazu.«
    A. Bettik brachte herabgestürzte Äste herbeigeschleppt und ordnete Steine ringförmig zu einer Feuerstelle an.
    »Das brauchen wir nicht«, sagte ich und zeigte auf den Hitzewürfel und den blubbernden Eintopf.
    »Ja«, sagte der Androide, »aber ich dachte mir, ein Feuer wäre ganz nett.
    Und das Licht angenehm.«
    Wie sich herausstellte, erwies sich das Licht als äußerst angenehm. Wir saßen unter dem Vordach meines kunstvoll gefalteten Zelts und sahen zu, wie die Flammen Funken himmelwärts spien, während ein Gewitter aufzog. Es war ein seltsames Gewitter mit wallenden Lichtstreifen anstelle von Blitzen. Die fahlen Bänder flimmernder Farben tanzten von den Unterseiten der vorübereilenden Wolken bis zu Punkten nur wenige Meter über den Wedeln der Gymnospermen, die heftig im auffrischenden Wind schwankten. Kein Donner begleitete das Phänomen, aber eine Art unterschwelliges Grollen zerrte an meinen Nerven. Im Dschungel selbst wuselten und tanzten blasse Kugeln roter und gelber Phosphoreszenz –
    nicht anmutig wie die leuchtenden Sommerfäden in den Wäldern von Hyperion, sondern nervös, beinahe heimtückisch. Hinter uns brandete der Fluss mit immer ungeduldigeren Wellen ans Ufer. Ich saß am Feuer, trug das Kopfset, das ich auf die Frequenz der Bewegungsmelder eingestellt hatte, das Plasmagewehr lag auf meinem Schoß, und das Nachtsichtglas hatte ich auf der Stirn, sodass ich es jederzeit herunterschieben konnte – ich muss einen komischen Anblick abgegeben haben. In dem Augenblick freilich kam es mir nicht komisch vor: Im Geiste sah ich ständig die Fußspuren des Shrike vor mir.
    »Hat es sich bedrohlich verhalten?«, hatte ich A. Bettik ein paar Minuten zuvor gefragt. Ich hatte ihn überreden wollen, die Flinte zu nehmen – keine Waffe ist für einen Neuling im Umgang mit Waffen einfacher zu handhaben als ein Schrotgewehr –, aber er fand sich nur dazu bereit, sie neben sich zu legen, während er am Feuer saß.
    »Es hat sich überhaupt nicht verhalten«, hatte er geantwortet. »Es stand einfach nur da am Ufer – groß, stachelig, dunkel und dennoch glänzend.
    Seine Augen waren leuchtend rot.«
    »Hat es Sie angesehen?«
    »Es hat nach Osten gesehen, den Fluss hinab«, hatte A. Bettik geantwortet.
    Als würde es darauf warten, dass Aenea und ich zurückkehrten, hatte ich gedacht.
    Und so saß ich neben dem flackernden Feuer, betrachtete das flimmernde und tanzende Lichterspiel über dem windgepeitschten Dschungel, folgte den huschenden Irrlichtern in der Dunkelheit des Dschungels mit Blicken, lauschte dem unterschwelligen Donnergrollen, das sich wie ein großes, hungriges Tier anhörte, und vertrieb mir die Zeit mit Gedanken darüber, in was ich da nur hineingeraten war. Durchaus möglich, dass Veloziraptoren und Rudel Aas fressender Kalidergas sich durch den Dschungel an uns heranpirschten, während wir fett und dumm am Feuer saßen.
    Möglicherweise würde auch der Fluss anschwellen – eine Flutwelle könnte in diesem Augenblick flussabwärts auf uns zugerast kommen. Es war nicht eben klug, auf einer sandigen Landzunge zu lagern. Wir hätten mit versiegelten Luftschleusen im Schiff schlafen sollen.
    Aenea lag auf dem Bauch und schaute ins Feuer. »Kennst du irgendwelche Geschichten?«, fragte sie.
    »Geschichten!«, rief ich.

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