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Endymion - Pforten der Zeit & Die Auferstehung

Titel: Endymion - Pforten der Zeit & Die Auferstehung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Simmons
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nicht erwähnt, Captain.«
    Powl zückt die Achseln. »Es schien nicht wichtig zu sein.«
    De Soya nickt. »Und Sie sagen jetzt, dass das... Dingsbums... einfach weiterflog? Dass es das Deck und den Laufsteg überflog und über dem Meer verschwand? Leer?«
    »Ja«, sagt Captain Powl, richtet sich auf dem Stuhl auf und zieht seine zerknitterte Uniform zurecht.
    De Soya wirbelt herum. »Lancer Ament behauptet etwas anderes, Captain. Er sagt, dass der Teppich geborgen und deaktiviert wurde und zuletzt in Ihrer Obhut gesehen wurde. Stimmt das?«
    »Nein«, sagt der Direktor und sieht von de Soya zu Gregorius zu Sproul zu Kee zu Rettig und zuletzt wieder zu de Soya. »Nein, ich habe ihn nie wieder gesehen, nachdem er an uns vorbeigeflogen ist. Ament ist ein verdammter Lügner.«
    De Soya nickt Gregorius zu. Zu Powl sagt er: »Ein derart altes, funktionstüchtiges Artefakt wäre eine Menge Geld wert, selbst auf Mare Infinitus, oder nicht, Captain?«
    »Ich weiß nicht«, bringt Powl heraus, während er Gregorius im Auge behält. Der Sergeant ist zum Privatschrank des Direktors gegangen. Er besteht aus dickem Stahl und ist verschlossen. »Ich wusste nicht mal, was das verdammte Ding war«, fügt Powl hinzu.
    De Soya steht jetzt am Fenster. Der größte Mond füllt den gesamten östlichen Himmel aus. Der Farcasterbogen ist deutlich als Silhouette vor dem Mond zu sehen. »Man nennt es eine Hawking-Matte«, sagt er leise, fast flüsternd. »An einem Ort mit Namen Tal der Zeitgräber hätte es genau die richtige Radarkennzeichnung ergeben.« Er nickt Sergeant Gregorius zu.
    Der Unteroffizier der Schweizergarde sprengt, ohne mit der Wimper zu zucken, den Stahlspind durch einen Hieb seiner gepanzerten Hand auf. Er greift hinein, räumt Schachteln, Papiere, stapelweise Geld beiseite und fördert den sorgsam zusammengelegten Teppich zutage. Er trägt ihn zum Schreibtisch des Direktors.
    »Nehmen Sie diesen Mann fest, und schaffen Sie ihn mir aus den Augen«, sagt Pater Captain de Soya leise. Lieutenant Sproul und Corporal Kee führen den protestierenden Direktor aus dem Büro.
    De Soya und Gregorius entrollen die Hawking-Matte auf dem langen Schreibtisch. Die uralten Flugfäden des Teppichs glänzen golden im Mondschein. De Soya berührt den vorderen Rand des Artefakts und spürt die Risse und Unebenheiten, wo die Flechettes den Stoff zerfetzt haben.
    Überall ist Blut, das die Schnörkelmuster bedeckt und das Leuchten der Fäden supraleitfähiger Monofasern trübt. In den kurzen Fransen am hinteren Ende klebt etwas, das Überreste von Menschenfleisch sein könnten.
    De Soya sieht Gregorius an. »Haben Sie je das lange Gedicht mit dem Titel Cantos gelesen, Sergeant?«
    »Die Cantos, Sir? Nein... ich lese nicht viel. Außerdem, steht es nicht auf der Liste der verbotenen Bücher, Sir?«
    »Ich glaube ja, Sergeant«, sagt Pater Captain de Soya. Er entfernt sich von der blutigen Hawking-Matte und betrachtet die aufgehenden Monde und die Silhouette des Bogens. Das ist ein Teil des Puzzles, denkt er. Und wenn das Puzzle vollständig ist, werde ich dich haben, Kind.
    »Ich glaube, es steht auf der verbotenen Liste, Sergeant«, sagt er wieder.
    Er dreht sich rasch um, geht zur Tür und gibt Rettig mit einer Geste zu verstehen, dass er die Hawking-Matte zusammenrollen und mitnehmen soll. »Kommen Sie«, sagt er mit einer Stimme, die so energisch klingt wie seit Wochen nicht mehr. »Auf uns wartet Arbeit.«

33

    Meine Erinnerung an die rund zwanzig Minuten, die ich in diesem großen, hell erleuchteten Kantinensaal verbracht habe, sind ganz so wie in den Albträumen, die wir alle früher oder später einmal haben: Sie wissen schon, welche ich meine, wo wir uns an einem Ort unserer Vergangenheit befinden, uns aber nicht an den Grund für unser Hiersein oder an die Namen der Menschen um uns herum erinnern können. Als der Lieutenant und seine beiden Soldaten mich in den Kantinensaal führten, war alles in dem Raum von jener albtraumhaften Verwandlung des ehemals Vertrauten.
    Ich sage des Vertrauten, weil ich einen großen Teil meiner siebenundzwanzig Jahre in Jagdlagern und Militärkantinen, Casinobars und den Kombüsen alter Barken verbracht habe. Ich war auch mit der Gesellschaft von Männern vertraut; zu vertraut, hätte ich damals sagen können, denn die Elemente, die ich in diesem Raum spürte – Getöse, Großspurigkeit und die verschwitzten Ausdünstungen nervöser Stadtmenschen in den Klauen abenteuerlustiger männlicher Kumpanei

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