Endymion - Pforten der Zeit & Die Auferstehung
Instrumente nach der langen Zeit nutzlos sein würden, aber dann sah ich die blinkenden Lichter auf der Oberseite des Packs, das sie mir auf die Brust gelegt hatte. Manche waren grün, eine größere Anzahl gelb, wenige rot. Ich wusste, das war nicht gut.
»Leg dich zurück«, flüsterte Aenea und riss einen sterilen Nahtverband auf. Sie legte den durchsichtigen Beutel an meine Seite, worauf die Tausendfüßlernaht im Inneren zum Leben erwachte und zu meiner Wunde kroch. Das Gefühl war nicht angenehm, als die genetisch erzeugte Lebensform in die unebenmäßigen Ränder meiner Verletzung krabbelte, ihr Antibiotikasekret ausstieß und dann ihre spitzen Tausendfüßlerbeine zu einer festen Naht zusammenkniff. Ich schrie wieder auf... und einen Augenblick später noch einmal, als sie eine weitere Tausendfüßlernaht auf meinen Arm drückte.
»Wir brauchen mehr Plasmapatronen«, sagte sie zu A. Bettik, während sie zwei der kleinen Zylinder ins Injektionssystem des Packs einführte. Ich spürte das Brennen am Bein, als das Plasma in meinen Kreislauf eintrat.
»Wir haben nur die vier«, sagte der Androide. Inzwischen machte auch er sich eifrig an mir zu schaffen und drückte mir eine Osmosemaske auf das Gesicht. Reiner Sauerstoff strömte in meine Lungen.
»Verdammt«, sagte das Mädchen und injizierte die letzte Plasmakartusche. »Er hat zu viel Blut verloren. Er wird einen traumatischen Schock erleiden.«
Ich wollte ihnen widersprechen, wollte ihnen erklären, dass ich nur der Kälte wegen schlotterte und zitterte, dass es mir schon viel besser ging, aber die Osmosemaske presste sich mir überall auf Mund, Augen und Nase und verhinderte, dass ich sprechen konnte. Einen Augenblick halluzinierte ich, dass wir uns wieder im Schiff befanden und das Crashfeld mich sicher hielt. Ich glaube, dass in diesem Augenblick nicht alles Salzwasser auf meinem Gesicht aus dem Meer stammte.
Dann sah ich den Ultramorphininjektor in der Hand des Mädchens und wehrte mich. Ich wollte nicht betäubt werden; wenn ich sterben musste, wollte ich wach sein, wenn es passierte.
Aenea drückte mich wieder auf den Rucksack. Sie begriff, was ich sagen wollte. »Ich will aber, dass du bewusstlos bist, Raul«, sagte sie leise. »Du bekommst einen Schock. Wir müssen deine Vitalfunktionen stabilisieren...
das ist einfacher, wenn du bewusstlos bist.« Der Injektor zischte.
Ich schlug ein paar Sekunden um mich und weinte Tränen hilfloser Wut.
Dass ich nach all der Anstrengung bewusstlos aus diesem Leben gehen sollte. Gottverdammt, das war nicht fair... es war nicht richtig...
Ich erwachte in hellem Sonnenschein und schrecklicher Hitze. Einen Moment lang war ich sicher, dass wir uns immer noch auf dem Meer von Mare Infinitus befanden, aber als ich genügend Energie aufbrachte, den Kopf zu heben, konnte ich eine andere Sonne sehen – größer, heißer –, und das Blau des Himmels war viel blasser. Das Floß schien sich auf einer Art Kanal mit betonierten Seitenwänden zu bewegen. Ich konnte Beton, Sonne und blauen Himmel sehen – sonst nichts.
»Bleib liegen«, sagte Aenea und drückte meine Schultern so auf den Rucksack zurück, dass mein Gesicht wieder im Schatten lag. Offenbar hatten sie ihren »Treibanker« eingeholt.
Ich versuchte zu sprechen, schaffte es nicht, leckte mir trockene Lippen, die zusammengenäht zu sein schienen, und brachte schließlich heraus:
»Wie lange war ich weg?«
Aenea gab mir einen Schluck Wasser aus meiner eigenen Feldflasche, bevor sie antwortete. »Etwa dreißig Stunden.«
»Dreißig Stunden!« Obwohl ich zu schreien versuchte, brachte ich kaum mehr als ein Krächzen zustande.
A. Bettik kam um das Zelt herum und kauerte bei uns im Schatten.
»Willkommen unter den Lebenden, M. Endymion.«
»Wo sind wir?«
Aenea antwortete. »Wenn man Wüste, Sonne und die Sterne gestern Nacht in Betracht zieht, sind wir mit ziemlicher Sicherheit auf Hebron. Wir scheinen auf einer Art Aquädukt zu reisen. Im Augenblick... nun, das solltest du selbst sehen.« Sie stützte meine Schultern, damit ich über den Betonrand des Kanals sehen konnte. Nichts als Luft und Hügel in der Ferne. »Wir befinden uns in einer Höhe von etwa fünfzig Metern auf diesem Abschnitt des Aquädukts«, sagte sie. »So ist es die letzten vier oder fünf Klicks gewesen. Wenn es eine Bruchstelle in dem Aquädukt gibt...«
Sie lächelte wehmütig. »Wir haben nichts und niemanden gesehen... nicht einmal einen Geier. Wir warten, bis wir in eine
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