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Endymion - Pforten der Zeit & Die Auferstehung

Titel: Endymion - Pforten der Zeit & Die Auferstehung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Simmons
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den wir auf Hyperion überwacht haben, soll diese Welt den Ousters vor rund drei Standardjahren in die Hände gefallen sein. Aber Spuren deuten darauf hin, dass hier vor wesentlich kürzerer Zeit noch Menschen gelebt haben.«
    »Die Energieversorgung funktioniert noch«, sagte Aenea. »Offenes Essen ist alles verdorben, aber die Gefrierschränke sind noch kalt. In manchen der Häuser sind Tische gedeckt, statisches Rauschen kommt aus den Holonischen, Radios zischen. Aber keine Menschen.«
    »Aber auch keine Spur von Gewaltanwendung«, sagte der Androide und legte mich behutsam auf einen Bodenwagen mit flacher Pritsche hinter der Fahrerkabine. Aenea hatte Decken ausgebreitet, damit meine Haut nicht mit dem heißen Metall in Berührung kam. Die Schmerzen in meiner Seite waren so stark, dass Pünktchen vor meinen Augen tanzten.
    Aenea rieb sich die Arme. Trotz der sengenden Abendhitze hatte sie eine Gänsehaut. »Aber irgendwas Schreckliches ist hier passiert«, sagte sie.
    »Ich kann es spüren.«
    Ich muss gestehen, dass ich nichts außer Schmerzen und Fieber spürte.
    Meine Gedanken waren wie Quecksilber – sie zerflossen immer, bevor ich ihrer habhaft werden oder sie in eine verständliche Form bringen konnte.
    Aenea sprang auf die Pritsche des Bodenwagens und kauerte neben mir, während A. Bettik die Tür der Kabine aufmachte und einstieg.
    Erstaunlicherweise sprang der Motor beim ersten Druck auf die Zündplatte an. »Ich kann damit fahren«, sagte der Androide und legte den Gang ein.
    Ich auch, dachte ich. So einen habe ich auf Ursus gefahren. Es ist eines der wenigen Dinge im Universum, die ich bedienen kann. Möglicherweise eines der wenigen Dinge, die ich richtig machen kann.
    Wir holperten die Hauptstraße entlang. Ich schrie ein paarmal vor Schmerzen auf, obwohl ich mich sehr bemühte, still zu sein. Ich biss die Zähne zusammen.
    Aenea hielt meine Hand. Ihre Finger fühlten sich so kalt an, dass ich fast selbst zitterte. Ich stellte fest, dass meine eigene Haut zu brennen schien.
    »... ist diese verdammte Infektion«, sagte sie. »Sonst würdest du schon wieder gesund. Etwas in diesem Meer.«
    »Oder an seinem Messer«, flüsterte ich. Ich schloss die Augen und sah, wie der Lieutenant in Stücke gerissen wurde, als die Flechettewolken ihn zerfetzten. Ich schlug die Augen auf, um dem Bild zu entfliehen. Hier waren die Gebäude höher, mindestens zehn Stockwerke, und warfen längere Schatten. Aber die Hitze war schrecklich.
    »... ein Freund meiner Mutter während der letzten Pilgerfahrt nach Hyperion hat eine Zeit lang hier gelebt«, sagte sie. Ihre Stimme schien sich innerhalb und außerhalb meiner Hörweite zu bewegen wie ein schlecht eingestellter Radiosender.
    »Sol Weintraub«, krächzte ich. »Der Gelehrte in den Cantos des alten Dichters.«
    Aenea tätschelte meine Hand. »Ich vergesse immer, dass alles, was Mutter erlebt hat, Korn für Onkel Martins Legendenmühle geworden ist.«
    Wir fuhren über eine Unebenheit. Ich knirschte mit den Zähnen, um nicht zu schreien.
    Aenea hielt meine Hand fester. »Ja«, sagte sie. »Ich wünschte, ich hätte den alten Gelehrten und seine Tochter kennen lernen können.«
    »Sie gingen... in... die... Sphinx«, brachte ich heraus. »Genau... wie...
    du.«
    Aenea beugte sich dicht über mich, benetzte meine Lippen mit der Feldflasche und nickte. »Ja. Aber ich erinnere mich an Mutters Geschichten über Hebron und die Kibbuzim hier.«
    »Juden«, flüsterte ich und hörte dann auf zu sprechen. Es verbrauchte zu viel Energie, die ich benötigte, um gegen die Schmerzen zu kämpfen.
    »Sie sind vor dem Zweiten Holocaust geflohen«, sagte sie und sah geradeaus, als der Bodenwagen um eine Ecke bog. »Sie nannten ihre Hegira die Diaspora.«
    Ich machte die Augen zu. Der Lieutenant flog auseinander, seine Kleidung und sein Fleisch wurden in längliche Fetzen gerissen, die langsam zum violetten Meer hinabsanken...
    Plötzlich hob A. Bettik mich hoch. Wir betraten ein größeres und komplexeres Gebäude als die anderen – eine Fassade aus geschwungenem Plasteel und getöntem Glas. »Das Krankenhaus«, sagte der Androide. Die automatische Tür ging flüsternd vor uns auf. »Es hat Strom... wenn nur die medizinische Ausrüstung noch intakt ist.«
    Ich muss kurz eingenickt sein, denn als ich die Augen voller Entsetzen wieder aufschlug, weil zwei der Zweiflosser immer näher kamen, lag ich auf einer Rollbahre, die in den langen Zylinder einer Art diagnostischen Autochirurgen

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