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Endymion - Pforten der Zeit & Die Auferstehung

Titel: Endymion - Pforten der Zeit & Die Auferstehung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Simmons
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des Core niemals begreifen wird, dass Empathie untrennbar mit dieser Quelle verbunden ist... mit der Liebe. Der alte Dichter beschrieb die Liebe als ›Subquantenunwahrscheinlichkeit, die Informationen von Foton zu Foton übertrug...‹«
    »Dem hätte Teilhard nicht widersprochen«, sagte Pater Glaucus, »auch wenn er es anders formuliert hätte.«
    »Jedenfalls«, sagte ich, »war die fast einhellige Reaktion auf das Gedicht – laut Grandam –, dass diese Sentimentalität es ruiniert habe.«
    Aenea schüttelte den Kopf. »Onkel Martin hatte Recht«, sagte sie. »Liebe ist eine der Konstanten des Universums. Ich weiß, Sol Weintraub glaubte wirklich, dass er das herausgefunden hatte. Das hat er zu Mutter gesagt, bevor er und seine Tochter in der Sphinx verschwunden sind, um in die Zukunft des Kindes zu reisen.«
    Der blinde Priester hörte auf zu schaukeln, beugte sich nach vorn und stützte die Ellbogen auf die knochigen Knie. Bei einem weniger würdevollen Mann hätte die geflickte Soutane komisch ausgesehen. »Ist das komplizierter, als zu sagen, dass Gott Liebe ist?«, sagte er.
    »Ja!«, sagte Aenea, die jetzt vor dem Kamin stand. In diesem Augenblick kam sie mir älter vor, als wäre sie in unseren gemeinsamen Monaten gewachsen und reifer geworden. »Die Griechen sahen die Wirkung der Schwerkraft, erklärten sie aber als eines der vier Elemente – Erde –, das ›zu seiner Familie zurückeilt‹. Sol Weintraub hat einen Teil der Physik der Liebe gesehen... wo sie zu Hause ist, wie sie funktioniert, wie man sie verstehen und nutzbar machen kann. Der Unterschied zwischen ›Gott ist Liebe‹ und dem, was Sol Weintraub gesehen hat – und was Onkel Martin zu erklären versuchte –, ist der Unterschied zwischen dem, wie die Griechen die Schwerkraft erklärten, und Isaac Newtons Gleichungen. Das eine ist ein kluger Satz. Das andere sieht das Ding an sich.«.
    Pater Glaucus schüttelte den Kopf. »Bei dir hört es sich messbar und mechanisch an, meine Liebe.«
    »Nein«, sagte Aenea, und ihre Stimme klang nachdrücklicher, als ich sie je gehört hatte. »Wie Sie gerade erklärt haben, woher Teilhard wusste, dass die Evolution des Universums hin zu einem umfassenderen Bewusstsein niemals rein mechanisch sein konnte... dass die Kräfte nicht leidenschaftslos nüchtern waren, wie es die Wissenschaft immer vorausgesetzt hatte, sondern sich von der absoluten Leidenschaft des Göttlichen ableiteten... nun, so kann auch das Verständnis der Rolle der Liebe in der Bindenden Leere niemals rein mechanisch sein. In gewisser Weise ist sie die Essenz der Menschheit.«
    Ich unterdrückte den Drang zu lachen. »Willst du damit sagen, dass es einen neuen Isaac Newton erfordert, um die Physik der Liebe zu erklären?«, fragte ich. »Um uns ihre Gesetze der Thermodynamik zu formulieren, ihre Regeln der Entropie? Um uns die Formel der Liebe zu zeigen?«
    »Ja!«, sagte das Mädchen, und ihre dunklen Augen leuchteten.
    PaterGlaucus hatte sich immer noch nach vorn gebeugt, aber nun umklammerte er die Knie ganz fest mit den Händen. »Bist du diese Person, junge Aenea von Hyperion?«
    Aenea wandte sich rasch ab und ging fast aus dem Lichtkreis heraus auf die Dunkelheit und das Eis vor dem Smartglas zu, bis sie sich umdrehte und langsam wieder in den Kreis der Wärme zurückkehrte. Sie hatte den Kopf gesenkt. Tränen glänzten auf ihren Wimpern. Als sie fortfuhr, sprach sie mit leiser, fast bebender Stimme. »Ja«, sagte sie. »Ich fürchte, das bin ich. Ich will es nicht sein. Aber ich bin es. Oder könnte es sein... wenn ich überlebe.«
    Ich bekam eine Gänsehaut, als ich das hörte. Es tat mir Leid, dass wir diese Unterhaltung angefangen hatten.
    »Wirst du es uns jetzt sagen?«, fragte Pater Glaucus. Seine Stimme drückte das simple Flehen eines Kindes aus.
    Aenea hob den Kopf und schüttelte ihn langsam. »Ich kann nicht. Ich bin noch nicht bereit. Es tut mir Leid, Pater.«
    Der blinde Priester setzte sich zurück und sah plötzlich sehr alt aus.
    »Schon gut, mein Kind. Ich habe dich kennen gelernt. Das ist schon etwas.«
    Aenea ging zu dem alten Mann im Schaukelstuhl und nahm ihn lange in die Arme.
    Cuchiat und seine Gruppe kehrten am nächsten Morgen zurück, ehe wir aufgewacht und aufgestanden waren und unsere Schlafanzüge abgestreift hatten. In unserer Zeit bei den Chitchatuk hatten wir uns fast daran gewöhnt, nur ein paar Stunden zu schlafen und dann den Marsch durch das eisige Halbdunkel fortzusetzen, aber hier, bei

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