Endymion - Pforten der Zeit & Die Auferstehung
der Priester nickend. »Innerhalb von drei hiesigen Jahren, neunundzwanzig Standardjahren, macht das unreife Phantom – der ›Welpe‹, obwohl man dieses Wort normalerweise nur auf Säugetiere anwendet – die Verwandlung durch und wird zum wahren Phantom, das sich mit einer Geschwindigkeit von rund zwanzig Stundenkilometern durch das Eis bohrt. Sie werden etwa fünfzehn Meter lang und... nun, es kann durchaus sein, dass ihr auf eurer Reise nach Norden einem begegnet.«
Ich räusperte mich. »Ich glaube, Cuchiat und Chiaku haben erklärt, dass es keine Tunnel gibt, die dieses Gebiet mit den Farcastertunneln achtundzwanzig Klicks im Norden verbinden...«
»Ah, ja«, sagte Pater Glaucus und nahm sein Gespräch in der scheppernden Sprache der Chitchatuk wieder auf. Als Cuchiat geantwortet hatte, sagte der blinde Mann: »Etwa fünfundzwanzig Kilometer, was mehr ist, als das Unteilbare Volk an einem Stück zurücklegen möchte. Und Aichacut hat freundlicherweise darauf hingewiesen, dass es in diesem Gebiet von Phantomen nur so wimmelt – Welpen und Erwachsene –, dass alle vom Unteilbaren Volk, die seit Jahrhunderten hier gelebt haben, zu Schädelhalsketten für die Phantome gemacht wurden. Er weist darauf hin, dass in diesem Monat Sommerstürme über die Oberfläche ziehen. Aber für euch, meine Freunde, sind sie bereit, die Reise auf sich zu nehmen.«
Ich schüttelte den Kopf. »Ich verstehe nicht. Die Oberfläche ist praktisch luftleer, oder nicht? Ich meine...«
»Sie haben alle Materialien, die ihr für die Reise benötigt, Raul, mein Junge«, sagte Pater Glaucus.
Aichacut fauchte etwas. Cuchiat fügte etwas in gemäßigterem Tonfall hinzu.
»Sie sind bereit, dann aufzubrechen, wenn ihr es seid, meine Freunde.
Cuchiat sagt, dass es zwei Schlafperioden und drei Märsche dauern wird, zu eurem Floß zurückzukehren. Und dann werden sie nach Norden gehen, bis die Tunnel aufhören...« Der alte Priester verstummte und wandte sich einen Moment ab.
»Was ist?«, fragte Aenea mit besorgter Stimme.
Pater Glaucus drehte sich um. Sein Lächeln war gezwungen. Er strich sich mit knochigen Fingern durch den Bart. »Ich werde euch vermissen. Es ist lange her, seit... ah, ich werde senil. Kommt, wir werden euch packen helfen, ein Frühstück zubereiten und nachsehen, ob wir euren Proviant mit ein paar Sachen aus der Vorratskammer auffrischen können.«
Das Abschiednehmen fiel uns schwer. Bei dem Gedanken, dass der alte Mann nun wieder allein im Eis leben und die Phantome sowie den planetaren Gletscher mit nichts weiter als ein paar Lampen abwehren musste... mein Herz tat mir weh, wenn ich nur daran dachte. Aenea weinte.
Als A. Bettik dem alten Priester die Hand schütteln wollte, umarmte Pater Glaucus den verblüfften Androiden fest. »Ihre Stunde wird noch kommen, mein Freund M. Bettik. Ich spüre es. Ich spüre es von ganzem Herzen.«
A. Bettik antwortete nicht, aber später, als wir den Chitchatuk in den tiefen Gletscher folgten, sah ich den blauen Mann, wie er sich zu der hoch gewachsenen Silhouette vor dem Licht umdrehte, bevor wir eine Biegung des Tunnels hinter uns brachten und das Gebäude, das Licht und der alte Priester nicht mehr zu sehen waren.
Wir brauchten zwei Schlafperioden und drei Märsche, bis wir die letzte Eisschräge hinabrutschten und schlitterten, uns durch eine schmale Lücke im Eis nach rechts zwängten und an der Stelle herauskamen, wo das Floß festgezurrt war. Ich sah keine Möglichkeit, wie man die Stämme um die Biegungen und Ecken dieser langen Tunnel tragen sollte, aber diesmal vergeudeten die Chitchatuk keine Sekunde damit, das vereiste Floß zu bewundern, sondern begannen auf der Stelle damit, Stamm für Stamm abzutragen.
Bei unserem ersten Zusammentreffen hatte die ganze Gruppe deutlich erkennbar unsere Axt bestaunt, und jetzt konnte ich ihnen zeigen, wie sie funktionierte, indem ich jeden Stamm in kürzere Abschnitte zerhackte, die etwa anderthalb Meter lang waren. A. Bettik und Aenea machten dasselbe mit meinem Taschenlaser, der langsam den Geist aufgab, an unserem behelfsmäßigen Fließband – die Chitchatuk kratzten das Eis von dem fast versunkenen Floß, entwirrten Knoten oder schnitten sie entzwei und reichten die langen Stämme herauf, wo wir sie zerkleinerten und stapelten.
Als wir fertig waren, lagen der Steinherd, die zusätzlichen Laternen und Eis auf dem gefrorenen Sims, und das Holz war in dem langen Tunnel aufgeschichtet wie Feuerholz für das nächste
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