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Endymion - Pforten der Zeit & Die Auferstehung

Titel: Endymion - Pforten der Zeit & Die Auferstehung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Simmons
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Wärme, Essen, Waffen oder Freunde brauchst, sprich, denn unsere Gruppe liebt all jene, die auf zwei Beinen gehen und den Weg der Primzahl respektieren.«
    In der Sprache der Chitchatuk, die sie von dem alten Priester gelernt hat, sagt Nemes: »Ich suche meine Freunde – Aenea, Raul und den blauen Mann. Haben Sie den Metallbogen bereits passiert?«
    Die dreiundzwanzig Chitchatuk unterhalten sich miteinander darüber, dass die fremde Frau ihre Sprache so perfekt beherrscht. Sie überlegen, dass sie eine Freundin oder Verwandte des Glaucus sein muss, denn diese Frau spricht genau im selben Dialekt wie der blinde Mann in Schwarz, der Besucher in den Genuss seiner Wärme kommen lässt. Dennoch spricht Cuchiat mit einem gewissen Argwohn weiter. »Sie sind unter dem Eis hindurchgegangen und durch den Bogen verschwunden. Sie haben uns alles Gute gewünscht und Geschenke gegeben. Wir wünschen dir alles Gute und bieten dir Geschenke an. Möchte die nahezu perfekte Unteilbarkeit mit ihren Freunden den magischen Fluss bereisen?«
    »In einem Augenblick«, sagt Rhadamanth Nemes mit ihrem dünnen Lächeln. Diese Begegnung wirft dieselbe Frage auf wie das Dilemma, was sie mit dem alten Priester tun sollte. Sie geht einen Schritt vorwärts. Die dreiundzwanzig Chitchatuk brechen in Rufe fast kindlichen Entzückens aus, als sie die Phasenveränderung zu fast konturlosem Quecksilber vornimmt. Sie weiß, dass das glühende Licht der Chitchatuk, das von tausend Eisfacetten reflektiert wird, sich nun auch auf ihrer Oberfläche spiegeln muss. Sie wechselt in Schnellzeit und tötet die dreiundzwanzig Männer und Frauen ohne eine überflüssige Bewegung oder Anstrengung.
    Sie verlässt die Schnellzeit wieder, nimmt sich den nächstbesten Leichnam vor und feuert eine Neuralsonde in den Augenwinkel des Mannes ab. Das Nervensystem des Gehirns zerfällt bereits aufgrund von Blut- und Sauerstoffmangel und erzeugt dabei den Ausbruch ungestümer Halluzinationen und ungebremster Kreativität, der üblich ist, wenn derartige Netze absterben – menschliche oder KI –, aber mitten in den synaptischen Wiederholungen der Geburtsbilder... aus einem langen Tunnel in helles Licht und Wärme zu gelangen... erblickt sie die verblassenden Bilder des Kindes, des großen Mannes und des Androiden, die ihr behelfsmäßig zusammengeschustertes Floß vom Ufer abstoßen und die Köpfe einziehen, als sie das niedere Eis unter dem eingefrorenen Portal passieren.
    »Verdammt«, haucht Nemes.
    Sie lässt die Toten in dem dunklen Tunnel liegen und legt laufend den letzten Kilometer bis zum Fluss zurück.
    Hier gib es kaum fließendes Wasser, und das Farcasterportal ist nur ein kurzes Stück Metall in dem zerklüfteten Eis darüber. Eisnebel und Dunst wallen um sie herum, als sie auf dem niedrigen, breiten Eissims steht, wo Wärmespuren verraten, wie die Chitchatuk sich versammelt hatten, um sich von ihren Freunden zu verabschieden.
    Nemes möchte den Farcaster befragen, aber um den Bogen zu erreichen, muss sie sich entweder durch viele Meter Eis bohren oder an der überhängenden Decke bis zu der freiliegenden Stelle in rund zwanzig Meter Höhe hinaufklettern. Sie phasenverändert nur ihre Hände und Füße und klettert, indem sie Stufen und Haltenischen tief in das Eis gräbt.
    Nemes hängt kopfüber an dem freiliegenden Abschnitt des Bogens, legt eine Hand auf ein Paneel und wartet, bis das frostbedeckte Metall zurückklappt wie Haut von einer offenen Wunde. Sie fährt Mikrofasern und eine Fiberoptiksonde aus und stellt eine Verbindung mit dem Interfacemodul her, das sie mit dem eigentlichen Farcaster in Verbindung bringt. Ein Flüstern, das direkt in ihre Gehörnerven übertragen wird, verrät ihr, dass die Drei Sektoren des Bewusstseins sie empfangen und über die Ereignisse diskutieren.
    In den Jahrhunderten der Hegemonie der Menschheit wusste jeder, dass es Hunderttausende, möglicherweise Millionen vom TechnoCore gebauter Farcasterportale gab – von den kleinsten Türen über die großen Bögen des Flusses Tethys bis zu den riesigen Portalen im Weltraum. Alle haben sich geirrt. Es gibt nur ein Farcasterportal. Aber das ist überall.
    Mit dem Interfacemodul befragt Rhadamanth Nemes die pulsierende, lebende Wärme des wahren Farcasters in seiner Tarnverkleidung aus Metall, Elektronik und dem Fusionsschirm. Jahrhundertelang hatten Menschen, die innerhalb des Netzes per Farcaster gesprungen waren – auf dem Höhepunkt, hatte ein menschlicher Wissenschaftler

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