Endymion - Pforten der Zeit & Die Auferstehung
Kontrollen und eine Brücke verfügt. Das Innere der Kommandozelle ist nicht größer als de Soyas enge Kabine an Bord der Balthasar, aber dieser Raum ist zusätzlich vollgestopft mit Kabeln, Fiberoptikleitungen, TechDiskeys und zwei Beschleunigungscouchen. Den einzigen anderen Raum bietet das winzige Kabuff des zum Schrank umfunktionierten Navigationsraums.
Nein, sieht de Soya auf den ersten Blick, die Beschleunigungscouchen sind nicht Standard. Es handelt sich um ungepolsterte Stahltröge in Menschenform, mehr Autopsietische als Couchen. Die Tröge haben einen Deckel – damit unter hoher Schwerkraft keine Flüssigkeit herausschwappt, da ist er ganz sicher –, und ihm wird klar, dass die einzigen kompensierenden Sperrfelder in dem Schiff diese Couchen umgeben – damit pulverisiertes Fleisch, Knochen und Hirnmasse in den Intervallen der Schwerelosigkeit nach dem letzten Bremsmanöver nicht herumfliegen. De Soya kann die Düsen sehen, wo Wasser oder ein Reiniger unter Hochdruck eingespritzt worden ist, um den Stahl zu säubern. Nicht vollkommen erfolgreich.
»Beschleunigung in zwei Minuten«, sagt eine metallische Stimme.
»Schnallen Sie sich jetzt an.«
Keine Höflichkeiten, denkt de Soya. Nicht einmal ein »bitte«.
»Schiff?«, sagt er. Er weiß, dass auf Pax-Schiffen keine richtigen KIs geduldet werden – wie überhaupt im gesamten, vom Pax beherrschten Universum der Menschen keine KIs geduldet werden –, aber er denkt, dass der Vatikan möglicherweise auf einem seiner Kurierschiffe der Erzengel-Klasse eine Ausnahme gemacht haben könnte.
»Eine Minute dreißig Sekunden bis zur Beschleunigung«, sagt die metallische Stimme, und de Soya sieht ein, dass er es mit einer idiotischen Maschine zu tun hat. Er schnallt sich rasch an. Die Gurte sind breit, dick und mit ziemlicher Sicherheit nur Zierat. Das Sperrfeld wird ihn – oder seine Überreste – an Ort und Stelle halten.
»Dreißig Sekunden«, sagt die idiotische Stimme. »Beachten Sie, dass die C-plus-Beschleunigung tödlich sein wird.«
»Danke«, sagt Pater Captain Federico de Soya. Sein Herz schlägt so heftig, dass er es in den Ohren hören kann. Lichter an den verschiedenen Instrumenten blinken. Nichts hier drinnen ist von Menschen beeinflussbar, daher achtet de Soya gar nicht darauf.
»Fünfzehn Sekunden«, sagt das Schiff. »Vielleicht möchten Sie jetzt beten.«
»Leck mich«, sagt de Soya. Er hat gebetet, seit er das Genesungszimmer des Kuriers verlassen hat. Nun fügt er ein abschließendes Gebet um Vergebung seiner Unflätigkeit hinzu.
»Fünf Sekunden«, sagt die Stimme. »Es wird keine weitere Kommunikation erfolgen. Möge Gott Ihnen gnädig sein und Ihre Auferstehung im Namen Christi beschleunigen.«
»Amen«, sagt Pater Captain de Soya. Er schließt die Augen, als die Beschleunigung beginnt.
8
Der Abend brach in der Ruinenstadt Endymion überraschend schnell herein. Ich stand auf meinem Aussichtspunkt im Turm, wo ich am Anfang dieses endlosen Tages erwacht war, und sah zu, wie der letzte Rest des herbstlichen Lichts erlosch. A. Bettik hatte mich zurückgeführt und auf mein Zimmer gebracht, wo elegante, aber einfache Abendkleidung –
braune Baumwollhosen, dicht unterhalb der Knie enger geschnitten, eine weiße Flachsbluse mit minimal gerüschten Ärmeln, schwarze Lederweste, schwarze Socken, weiche schwarze Lederstiefel und ein goldener Armreif
– immer noch auf dem Bett lag. Der Androide zeigte mir auch die Toiletten und das Badezimmer einen Stock tiefer und erzählte mir, dass der dicke Morgenmantel aus Baumwolle, der an der Tür hing, für mich bestimmt war. Ich dankte ihm, badete, trocknete mir das Haar, zog alles an, was bereitgelegt worden war, ausgenommen den Armreif, und wartete am Fenster, während das Licht goldener und schräger einfiel und von den Hügeln Schatten auf die Universität zukrochen. Als das Licht so weit erloschen war, dass die Schatten verschwanden und man die hellsten Sterne des Schwans über den Bergen im Osten sehen konnte, kehrte A. Bettik zurück.
»Ist es Zeit?«, fragte ich.
»Noch nicht ganz, Sir«, entgegnete der Androide. »Sie hatten vorhin darum gebeten, dass ich etwas früher wiederkomme, damit wir uns unterhalten können.«
»Ah, ja«, sagte ich und zeigte auf das Bett, das einzige Möbelstück in dem Zimmer. »Setzen Sie sich.«
Der Mann mit der blauen Haut blieb an der Tür stehen. »Es macht mir nichts aus zu stehen, Sir.«
Ich verschränkte die Arme und lehnte mich an den
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