Endymion - Pforten der Zeit & Die Auferstehung

müssen.« Ich ging zu dem Flügel zurück. »Und wenn ich losgeflogen wäre? Das ist unsere Geheimwaffe?
    Verfügt sie über eine Art Superschutzschirm, um mich... und das Mädchen... vor den Kugeln und Lanzen der Schweizergarde zu beschützen?«
    »Nein«, sagte A. Bettik. »Sie verfügt über keinerlei Defensiveinrichtungen, außer einem Sperrfeld, um den Wind abzuhalten und dafür zu sorgen, dass die Insassen nicht herunterfallen.«
    Ich zuckte die Achseln. »Also, was soll ich tun... den Teppich ins Tal tragen und dem Pax einen Handel vorschlagen – eine alte Hawking-Matte gegen das Kind?«
    A. Bettik blieb neben dem schwebenden Teppich knien. Er liebkoste weiter mit seinen blauen Fingern den verblichenen Stoff. »Die Ousters haben ihn modifiziert, dass die Ladung länger hält – bis zu tausend Stunden.«
    Ich nickte. Eindrucksvolle Supraleittechnologie, aber vollkommen irrelevant.
    »Und er fliegt inzwischen mit Geschwindigkeiten über dreihundert Stundenkilometer«, fuhr der Androide fort.
    Ich biss mir auf die Lippe. Also könnte ich bis morgen dort sein. Wenn ich fünfeinhalb Stunden auf einem fliegenden Teppich sitzen wollte. Und was dann...?
    »Ich dachte, wir müssten sie mit diesem Schiff wegbringen«, sagte ich.
    »Sie aus dem Hyperion-System schaffen und so weiter...«
    »Ja«, sagte Martin Silenus, dessen Stimme plötzlich so müde klang, wie sein gealtertes Ebenbild aussah, »aber vorher musst du sie zum Schiff bringen.«
    Ich ging von dem Flügel weg, blieb an der Wendeltreppe stehen und wirbelte zu dem Androiden, dem Holo und dem schwebenden Teppich herum. »Ihr beiden versteht einfach nicht, oder?«, sagte ich mit lauterer und schneidenderer Stimme, als ich beabsichtigt hatte. »Das sind Soldaten der Schweizergarde! Wenn ihr glaubt, dass der verdammte Teppich mich unter ihrem Radar, ihren Bewegungsdetektoren und allen anderen Sensoren hindurchbefördern könnte, habt ihr den Verstand verloren. Ich wäre eine Zielscheibe, die mit dreihundert Stundenkilometern dahinfliegt. Glaubt mir, die Stoppelhopser der Schweizergarde – ganz zu schweigen von den Pulsjets der Luftraumpatrouille, ganz zu schweigen von den Kriegsschiffen im Orbit – würden dieses Ding binnen einer Nanosekunde abschießen.«
    Ich machte eine Pause und sah sie blinzelnd an. »Es sei denn... es gibt noch etwas, das ihr mir verschweigt.«
    »Natürlich gibt es das«, sagte Martin Silenus und brachte ein müdes Satyrlächeln zustande. »Natürlich gibt es das.«
    »Bringen wir die Hawking-Matte zum Turmfenster«, sagte A. Bettik.
    »Sie müssen lernen, wie man damit umgeht.«
    »Jetzt?«, sagte ich mit plötzlich kläglicher Stimme. Ich spürte, wie mein Herz zu hämmern anfing.
    »Jetzt«, sagte Martin Silenus. »Wenn du morgen um null-dreihundert Uhr aufbrichst, musst du sie perfekt fliegen können.«
    »Tatsächlich?«, sagte ich und betrachtete den legendären Teppich mit dem wachsenden Gefühl DIES IST ECHT... ICH KÖNNTE MORGEN
    STERBEN.
    »Tatsächlich«, sagte Martin Silenus.
    A. Bettik deaktivierte die Hawking-Matte und rollte sie zu einem Zylinder. Ich folgte ihm die Metalltreppe hinunter und den Korridor entlang zur Turmtreppe. Die Sonne schien hell durch das offene Turmfenster. Mein Gott, dachte ich, als der Androide den Teppich auf dem Fenstersims ausbreitete und wieder aktivierte. Es war immer noch ein tiefer Sturz bis zu den Steinplatten am Boden. Mein Gott, dachte ich wieder und hörte meinen Puls in den Ohren pochen. Vom Holo des alten Dichters war keine Spur zu sehen.
    A. Bettik winkte mich auf die schwebende Hawking-Matte. »Beim ersten Flug werde ich Sie begleiten«, sagte der Androide leise. Eine Brise raschelte mit den Blättern des Chalmabaums nebenan.
    Mein Gott, dachte ich zum letzten Mal und kletterte auf den Sims und dann auf die Hawking-Matte.

11

    Exakt zwei Stunden bevor das Kind aus der Sphinx herauskommen soll, ertönt ein Alarmton in Pater Captain de Soyas Kommandogleiter.
    »Luftkontakt, Richtung eins-sieben-zwo, Norden, Geschwindigkeit zwei-sieben-vier Klicks, Höhe vier Meter«, meldet die Stimme des GOP-Grenzsicherungspostens vom C3-Schiff in sechshundert Kilometer Höhe.
    »Distanz zum Eindringling fünfhundertsiebzig Klicks.«
    »Vier Meter?«, sagt de Soya und sieht Kommandantin Barnes-Avne an, die ihm gegenüber mittschiffs an der CIV-Konsole des Gleiters sitzt.
    »Versucht, tief und langsam unter unserer Aufklärung reinzukommen«, sagt die Kommandantin. Sie ist eine kleine Frau mit