Endymion - Pforten der Zeit & Die Auferstehung
wunderbar.«
Es war die Hawking-Matte... der fliegende Teppich, der Aenea und mich vor fast zehn Jahren aus dem Tal der Zeitgräber getragen hatte. Ich hatte ihn verloren... ich brauchte einen Moment, bis ich mich erinnerte. Ich hatte ihn vor neun Jahren auf Mare Infinitus verloren, als der Pax-Lieutenant, mit dem ich gekämpft hatte, ein Messer zog, mich damit verletzte und von der Matte ins Meer stieß. Was war danach passiert? Die eigenen Leute des Lieutenants von der schwimmenden Meeresplattform hatten ihn versehentlich mit einer Wolke Flechettepfeile erschossen, der tote Mann war in das violette Meer gefallen, und die Hawking-Matte war weitergeflogen... nein, ich erinnerte mich, dass jemand auf der Plattform sie eingefangen hatte.
»Wie ist der Pater Captain in ihren Besitz gekommen?«, fragte ich, wusste aber die Antwort schon, als ich die Frage formuliert hatte. Damals war de Soya unser unerbittlicher Verfolger gewesen.
Gregorius nickte. »Der Pater Captain hat sie benutzt, um Ihre Blut- und DNA-Proben zu bekommen. So kamen wir an Ihre Militärakte auf Hyperion heran. Wenn wir Druckanzüge gehabt hätten, hätte ich das verdammte Ding benutzt, um uns von diesem luftlosen Berg wegzubringen.«
»Sie meinen, sie funktioniert?« Ich berührte die Flugmuster. Die Hawking-Matte – fadenscheiniger, als ich sie in Erinnerung hatte – schwebte zehn Zentimeter über dem Boden. »Hol mich der Teufel«, sagte ich.
»Wir nähern uns den Koordinaten der Schlucht, die Sie mir genannt haben«, sagte die Stimme des Schiffs.
Die Sicht in der Holonische klärte sich und zeigte das Jokung-Massiv, das vorbeirauschte. Wir bremsten und blieben hundert Meter entfernt in der Schwebe. Wir waren in dasselbe bewaldete Tal zurückgekehrt, wo das Schiff mich vor mehr als drei Monaten abgesetzt hatte. Nur war das grüne Tal diesmal voller Menschen. Ich sah Theo, Lhomo und viele andere vom Tempel, der in der Luft hängt. Das Schiff steuerte näher hin, schwebte wieder auf der Stelle und wartete auf Anweisungen.
»Treppe ausfahren«, sagte Aenea. »Lass sie alle an Bord.«
»Darf ich daran erinnern«, sagte das Schiff, »dass ich Fugencouchen und Lebenserhaltungssysteme für maximal sechs Personen bei einem interstellaren Sprung habe? Es sind mindestens fünfzig Personen da unten...«
»Fahr die Treppe aus, und lass sie alle an Bord«, sagte Aenea. »Sofort.«
Das Schiff gehorchte ohne ein weiteres Wort. Theo führte die Flüchtlinge die Rampe und die Wendeltreppe hinauf zu uns Wartenden.
Die meisten, die im in der Luft hängenden Tempel geblieben waren, waren da: viele Mönche des Tempels, der Tromo Trochi von Dhomu, der Ex-Soldat Gyalo Thondup, Lhomo Dondrub – wir waren entzückt zu sehen, dass sein Paragleiter ihn sicher zurückgebracht hatte, und seinem Grinsen und seinen Umarmungen nach zu schließen, erwiderte er dieses Gefühl –, Abt Kempo Ngha Wang Tashi, Chim Din, Jigme Taring, Kuku und Kay, George und Jigme, Labsang, der Bruder des Dalai Lama, die Steinmetze Viki und Kim, Aufseher Tsipon Shakabpa, Rimsi Kyipup – nicht so mürrisch wie sonst –, die Hochgerüstbauer Haruyuki und Kenshiro und die Bambusexperten Voytek und Janusz, sogar der Bürgermeister von Jokung, Charles Chi-kyap Kempo. Aber kein Dalai Lama. Und die Dorje Phamo fehlte ebenfalls.
»Rachel ist gegangen, um sie zu holen«, sagte Theo, die als Letzte an Bord kam. »Der Dalai Lama hat darauf bestanden, dass er als Letzter geht, und die Sau ist bei ihm geblieben, um ihm Gesellschaft zu leisten, bis es Zeit zum Aufbruch ist. Aber sie sollten schon wieder hier sein. Ich wollte gerade den Sims entlang zurückgehen und nachsehen...«
Aenea schüttelte den Kopf. »Wir gehen alle.«
Es war unmöglich, jedem einen Sitzplatz zu beschaffen. Leute drängten sich auf den Treppen, standen auf dem Bibliotheksdeck herum, waren ins Schlafzimmer in der Spitze des Schiffs gegangen, um durch die Panoramafenster nach draußen zu sehen, während andere sich unten auf dem Deck der Fugenkammern und im Maschinenraum drängten.
»Los, Schiff«, sagte Aenea. »Der Tempel, der in der Luft hängt. Direkter Anflug.«
Für das Schiff bestand direkter Anflug aus einem Feuerstoß der Schubdüsen, einem Sprung von fünfzehn Klicks in die Atmosphäre und einem vertikalen Sinkflug, bei dem im letzten Moment die Hauptmaschine ansprang. Der ganze Vorgang dauerte vielleicht dreißig Sekunden; die inneren Sperrfelder verhinderten, dass wir zu Glibber zerquetscht wurden, aber der
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