Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Endymion - Pforten der Zeit & Die Auferstehung

Titel: Endymion - Pforten der Zeit & Die Auferstehung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Simmons
Vom Netzwerk:
vollzählig«, sagte Nemes. »Wo ist dein... ah, da.«
    Das Shrike schwebte aus dem Schatten des Pavillons. Ich sage »schwebte«, denn obwohl es sich bewegte, hatte ich es nicht gehen gesehen.
    Ich ballte und entspannte die Fäuste. Bei diesem Showdown stimmte nichts. Ich hatte die Thermojacke im Schiff ausgezogen, trug aber immer noch den dummen Hautanzug und den Kletterharnisch, auch wenn ich den größten Teil des Zubehörs im Schiff gelassen hatte. Der Harnisch und die mehrfachen Schichten würden mir hinderlich sein.
    Hinderlich wobei?, dachte ich. Ich hatte Nemes kämpfen gesehen. Besser gesagt, ich hatte sie nicht gesehen. Als sie und das Shrike auf God’s Grove miteinander gekämpft hatten, hatte ich einen Schemen gesehen, dann Explosionen, dann nichts mehr. Sie konnte Aenea köpfen und mir ihre Eingeweide als Girlanden geben, bevor ich die Hände zu Fäusten ballen konnte.
    Fäuste. Das Schiff war unbewaffnet, aber ich hatte Sergeant Gregorius’
    Gewehr der Schweizergarde auf dem Bibliotheksdeck zurückgelassen. In der Heimatgarde hatte man uns als Erstes beigebracht, niemals mit den Fäusten zu kämpfen, wenn man eine Waffe auftreiben konnte.
    Ich sah mich um. Die Plattform war sauber und kahl, nicht einmal von dem Geländer konnte ich ein Teil abreißen und als Keule benutzen. Das Bauwerk war zu ordentlich konstruiert, um etwas loszureißen.
    Ich sah zur Felswand links von uns. Keine lockeren Steine. Ein paar Ösen und Steigeisen steckten noch in der Kluft, das wusste ich – wir hatten uns daran gesichert, als wir diesen Pavillon und die Plattform gebaut hatten, und waren nicht dazu gekommen, alle zu entfernen –, aber sie waren zu fest hineingehauen, als dass ich sie herausziehen und als Waffe hätte benutzen können, obwohl Nemes es wahrscheinlich mit einem Finger geschafft hätte.
    Und was würde ein Steigeisen oder eine Klemmöse gegen dieses Monster ausrichten?
    Hier waren keine Waffen zu finden. Ich würde mit bloßen Händen sterben. Ich hoffte, ich würde einen Haken landen können, bevor sie mich erledigte... oder wenigstens einen Schwinger.
    Aenea und Nemes hatten nur Augen füreinander. Nemes würdigte das Shrike zehn Schritte rechts von ihr kaum eines Blickes. Das weibliche Ding sagte: »Du weißt, dass ich dich nicht zum Pax zurückbringen werde, oder, du kleines Biest?«
    »Ja«, sagte Aenea. Sie erwiderte den Blick der Kreatur mit einer greifbaren Intensität.
    Nemes lächelte. »Aber du glaubst, deine gestachelte Kreatur wird dich wieder retten.«
    »Nein«, sagte Aenea.
    »Gut«, sagte Nemes. »Denn das wird sie nicht.« Sie nickte ihren Klongeschwistern zu. Heute kenne ich ihre Namen – Scylla und Briareus. Und ich weiß, was ich als Nächstes sah.
    Ich hätte es eigentlich gar nicht sehen dürfen, denn alle drei Nemes-Kreaturen machten im selben Augenblick ihre Phasenveränderung durch.
    Ich hätte ganz flüchtig chromfarbene Schemen sehen sollen, dann Chaos, dann gar nichts mehr – aber Aenea streckte den Arm aus und berührte mich im Nacken, ich verspürte das altbekannte elektrische Kribbeln wie jedes Mal, wenn ihre Haut meine berührte, und plötzlich war das Licht anders – leuchtender, dunkler –, und die Luft um uns herum war dick wie Wasser.
    Mir fiel auf, dass mein Herz nicht zu schlagen schien und ich nicht blinzelte oder Luft holte. So erschreckend sich das anhört, damals kam es mir völlig nebensächlich vor.
    Aeneas Stimme flüsterte in dem Hörflicken der zurückgeklappten Haube des Hautanzugs... vielleicht sprach sie auch direkt durch den Kontakt in meinem Nacken. Ich konnte es nicht sagen. Wir können nicht mit ihnen phasenverändern oder es uns zunutze machen, um sie zu bekämpfen, sagte sie. Es ist ein Missbrauch der Energie der Bindenden Leere. Aber ich kann uns helfen, das zu beobachten.
    Und was wir beobachteten, war unglaublich.
    Auf Nemes’ Befehl hin warfen sich Scylla und Briareus auf das Shrike, während der Dämon von Hyperion vier Arme hob und sich auf Nemes stürzte, aber von den Geschwistern abgefangen wurde. Selbst mit unserer veränderten Wahrnehmung – das Schiff schwebte erstarrt in der Luft, unsere Freunde auf dem Balkon waren reglose Statuen, ein Vogel über der Felswand schien in der eingedickten Luft eingeschlossen zu sein wie ein Insekt in Bernstein – waren die plötzlichen Bewegungen des Shrike und der beiden geklonten Kreaturen so schnell, dass man ihnen kaum folgen konnte.
    Nur einen Meter von Nemes entfernt, die sich selbst in ein

Weitere Kostenlose Bücher