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Endymion - Pforten der Zeit & Die Auferstehung

Titel: Endymion - Pforten der Zeit & Die Auferstehung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Simmons
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sind wir möglicherweise nur drei Tage und Nächte unterwegs gewesen. Vielleicht dauerte die Reise auch eine Woche oder länger, und wir haben nur dreimal geschlafen. Ich erinnere mich jedenfalls, dass Aenea und ich wenig geschlafen und uns zärtlich geliebt haben, als hätte jede Gelegenheit, die wir einander in den Armen hielten, die letzte sein können.
    Während einer dieser kurzen Episoden allein flüsterte ich ihr zu: »Warum tust du das, Spatz? Nicht nur, damit wir alle wie die Ousters werden und den Sonnenwind mit unseren Flügeln einfangen können. Ich meine... das war wunderschön... aber ich mag Planeten. Ich mag Erde unter meinen Stiefeln. Ich mag es, ein... Mensch zu sein. Ein Mann zu sein.«
    Aenea hatte gekichert und meine Wange berührt. Ich erinnere mich, dass das Licht schwach war, ich aber dennoch die Schweißtropfen zwischen ihren Brüsten sehen konnte. »Ich mag auch, dass du ein Mann bist, Raul, mein Liebster.«
    »Ich meine...«, begann ich verlegen.
    »Ich weiß, was du meinst«, flüsterte Aenea. »Ich mag Planeten auch. Und ich mag es, ein Mensch zu sein... nur eine Frau zu sein. Ich tue... was ich tue... nicht für eine utopische Evolution der Menschheit zu Ouster-Engeln oder Seneschai-Empathen.«
    »Wofür dann?«, flüsterte ich in ihr Haar.
    »Nur für das Recht der freien Wahl«, sagte sie leise. »Nur für die Möglichkeit, auch weiterhin ein Mensch sein zu dürfen, was immer das auch für die Person bedeutet, die es versucht.«
    »Nächster Versuch?«, sagte ich.
    »Ja«, sagte Aenea. »Auch wenn es bedeutet, dass man sich beim nächsten Versuch wieder für das entscheidet, was man hatte. Auch für den Pax, die Kruziform und die Allianz mit dem Core.«
    Das verstand ich nicht, aber in dem Augenblick war ich mehr daran interessiert, sie in den Armen zu halten, als zu verstehen.
    Nach einigen Augenblicken des Schweigens sagte Aenea: »Raul... ich liebe auch Erde unter den Stiefeln und das Rascheln von Wind im Gras.
    Würdest du etwas für mich tun?«
    »Alles«, sagte ich mit Nachdruck.
    »Wenn ich vor dir sterbe«, flüsterte sie, »würdest du meine Asche zur Alten Erde bringen und dort verstreuen, wo wir am glücklichsten zusammen gewesen sind?«
    Hätte sie mir einen Stich ins Herz versetzt, der Schmerz hätte nicht größer sein können. »Du hast gesagt, ich kann bei dir bleiben«, sagte ich schließlich mit belegter und wütender und hilfloser Stimme. »Dass ich dich überallhin begleiten könnte.«
    »Und das war mein Ernst, Liebster«, flüsterte Aenea. »Aber wenn ich vor dir in den Tod gehe, wirst du das für mich tun? Ein paar Jahre warten und meine Asche dort auf der Alten Erde verstreuen, wo wir zusammen am glücklichsten gewesen sind?«
    Ich wollte sie an mich drücken, bis sie schrie. Bis sie ihre Bitte zurücknahm. Stattdessen flüsterte ich: »Wie, zur verdammten Hölle, soll ich zur Alten Erde zurückkehren? Sie befindet sich in der Kleinen Magellanschen Wolke, richtig? Hundertsechzigtausend Lichtjahre von hier entfernt, richtig?«
    »Ja«, sagte Aenea.
    »Also, wirst du die Farcastertüren wieder öffnen, damit ich dorthin gelangen kann?«
    »Nein«, sagte Aenea. »Diese Türen sind für alle Zeiten verschlossen.«
    »Und was meinst du dann, wie soll ich...« Ich machte die Augen zu.
    »Bitte mich nicht, das zu tun, Aenea.«
    »Ich habe dich schon gebeten, Liebster.«
    »Bitte mich stattdessen, mit dir zu sterben.«
    »Nein«, sagte sie. »Ich bitte dich, für mich zu leben. Das für mich zu tun.«
    »Scheiße«, sagte ich.
    »Heißt das ja, Raul?«
    »Es heißt Scheiße«, sagte ich. »Ich hasse Märtyrer. Ich hasse Vorherbestimmung. Ich hasse Liebesgeschichten mit einem traurigen Ende.«
    »Ich auch«, flüsterte Aenea. »Wirst du es für mich tun?«
    Ich gab ein Geräusch von mir. »Wo waren wir auf der Alten Erde am glücklichsten?«, fragte ich schließlich. »Du musst Taliesin West meinen, denn sonst haben wir nicht viel von dem Planeten zusammen gesehen.«
    »Du wirst es wissen«, flüsterte Aenea. »Lass uns schlafen.«
    »Ich will nicht schlafen«, sagte ich grob.
    Sie legte die Arme um mich. Es war herrlich gewesen, in der Schwerelosigkeit des Sternenbaums nebeneinander zu liegen. Es war noch herrlicher, im geringen Schwerefeld der Yggdrasill in unserer kleinen privaten Kabine auf dem schmalen Bett nebeneinander zu liegen. Ich konnte mir nicht vorstellen, jemals wieder ohne sie an meiner Seite zu schlafen.
    »Deine Asche verstreuen, hm?«, flüsterte ich

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